Fyn - Erben des Lichts
Stundenlanges Herumstehen und sich langweilen brachten mich beinahe um den Verstand. Ich hatte immer gehofft, mein Leben als Soldat würde aufregend und abwechslungsreich sein. Die Unruhen in Elvar während der letzten Monate hatten auch zunächst darauf hingewiesen, doch es war wie verflucht. Ausgerechnet jetzt, da ich mich einen Soldaten nannte, wurde es wieder ruhiger in der Stadt. Ich war noch nicht lange genug Mitglied der Liga, als dass man mich zum Leibwächter abkommandierte, und auch in Sachen Rechtsprechung war ich noch nicht versiert genug. So begnügte ich mich zunächst mit langweiligen Diensten.
Als ich den Palast betrat, konnte ich mir einen Laut des Erstaunens nicht verkneifen. Ich war allerhand geschmacklose Extravaganzen gewohnt, aber an seinem Geburtstag übertraf der König sich noch einmal um das Dreifache. Die gesamte Vorhalle zierten rosafarbene Blüten, auf dem Boden hatte man dazu farblich völlig unpassende rot gemusterte Teppiche ausgerollt. Hausdiener und Mägde wuselten umher und wischten über das goldene Treppengeländer und den Boden, um die dreckigen Schuhabdrücke der hereinkommenden Gäste zu entfernen. Eine Reihe hüfthoher, mit einem grausigen Blütenmuster versehene Vasen, dominierten den Flur. Yeshard, der Bastard, trug sie aus einem Nebenraum herein und platzierte sie überall auf der Treppe und auf den Wegen. Als er mit einem dieser grässlichen Exemplare an mir vorüberging, bemerkte er meinen abfälligen Blick und schüttelte tadelnd den Kopf.
»Das sind Geschenke für den König. Er hat angeordnet, dass ich sie alle aufstelle, damit die Gäste sehen, wie sehr er von seinem Volk geliebt wird. Seit Tagen kommen Pakete mit diesem Zeug hier an, ich weiß bald nicht mehr, wo ich das alles hinräumen soll.«
»Wer verschenkt denn so hässliche Vasen? Und dann gleich so viele? Dafür muss man sich doch schämen.«
Der Bastard stellte seine Last ab und brachte mich mit einer harschen Handbewegung zum Schweigen. »Sag das nicht so laut. Dreiunddreißig Vasen sind es, und ich stelle sie alle an der Wand entlang und auf den Wegen zum Festsaal auf. Es sind Geschenke eines Lords aus dem Norden.«
Yeshard wandte sich ab und ging zurück in den Raum, aus dem er die Vasen holte, vermutlich, um sich eine neue auf die Schulter zu laden. Mich verwunderte, dass ein Lord aus dem Norden Geschenke an den König sandte. Der Norden wurde von menschlichen Herzögen regiert, und die begehrten bekanntermaßen seit einigen Monaten gegen ihren König auf. Obwohl … Vielleicht hatte der Lord die scheußlichen Dinger als Zeichen seines Spotts geschickt, nur der König merkte es nicht. Ich kicherte in mich hinein.
Ein Hausdiener kam auf mich zu und bat mich, mir aus dem Mantel helfen zu dürfen. Konnte man denn hier nirgends eine Minute verbringen, ohne von aufdringlichen Leuten belagert zu werden? Ich gab seinem Drängen nach und legte meine nasse Kleidung ab, sogar die Schuhe ließ ich mir abwischen.
»Yeshard, weißt du, wo ich meinen Vater finde?«, fragte ich, als der Bastard eine weitere Vase in die Halle trug.
Noch ehe er mir antworten konnte, erschien Breanor auf der Treppe. »Ich bin hier«, rief er mir entgegen. Er kam die Stufen herunter auf mich zu. Er trug seine strahlend weiße Uniform, sein Haar war sauber und glatt zurückgekämmt, der Bart wie immer tadellos gestutzt. Unter seinem Arm klemmte eine Armbrust.
»Wo bist du so lange gewesen? Es ist nicht mehr viel Zeit bis zum Beginn der Feierlichkeiten.« Ein Vorwurf schwang in seiner Stimme mit.
Ärger stieg in mir auf, wie er es immer tat, wenn ich mich ungerecht getadelt fühlte. »Ich muss die Rechenmaschine noch fertigstellen, dazu habe ich mir in der Stadt etwas Draht und eine Schraube besorgt, die es im Techniklager nicht gab.«
»Du bist noch nicht fertig?« Breanor zog verwundert die Augenbrauen hoch. »Du musst diese Armbrust auch noch reparieren, deshalb ließ ich nach dir rufen. Der König möchte sie heute Abend den Lords und Ladys vorführen.« Er drückte mir die Waffe in die Hand. »Ich habe keine Zeit mehr, mich selbst darum zu kümmern, weil ich zu einer Besprechung muss.«
»Besprechung?«
»Die Sicherheitsvorkehrungen.«
»Oh.«
Ich spürte einen Stich der Enttäuschung in der Brust, weil ich weder eingeladen noch darüber in Kenntnis gesetzt worden war. Dann ermahnte ich mich zur Vernunft. Ich war erst seit wenigen Wochen Soldat. Man konnte dem König kaum übel nehmen, dass er nur die erfahrensten Männer
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