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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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einmal schneite, war der Schnee nie wirklich weiß, sondern grau. Das Einzige, das in dieser verpesteten Stadt strahlend weiß leuchtete, waren die Uniformen der Soldaten des Königs.
    Arc trottete hinter mir her. Er trug lediglich einfache weiße Leinenhosen, sein Oberkörper war nackt. Mich fröstelte es bereits bei seinem Anblick, doch der Technoid zeigte keinerlei Anzeichen von Unbehagen.
    Das Automobil von Mr. Tesmer wirkte wie ein Fremdkörper zwischen den archaischen Kutschen auf dem Hof. Mein Herzschlag beschleunigte sich, als ich einmal um das Gefährt herumging und die filigrane Arbeit bestaunte. Das messingfarbene Gehäuse glänzte und funkelte in der Sonne. Mit geübtem Blick erkannte ich sofort, auf welche Weise man versucht hatte, den heißen Dampf, der in den gigantischen Kesseln entstand, umzulenken und für den Antrieb nach oben zu nutzen. Ich kannte zwar die Details der Arbeiten aus den Technikschmieden von Caverny nicht, aber ich konnte dennoch mit Gewissheit sagen, dass dieser Mechanismus zum Scheitern verurteilt war. Ihre Ingenieure hatten schon im Ansatz Fehler gemacht. Selbst wenn es ihnen gelungen wäre, einen Motor zu konstruieren, der stark genug war, ein Automobil in die Luft zu heben, so hätte die Form des Gefährts niemals einen kontrollierbaren Flug zugelassen. Es war zu lang, zu schmal und der Luftwiderstand wäre deutlich zu groß gewesen. Eine Woge der Genugtuung überrollte mich. Vielleicht würde ich ja eines Tages eine bahnbrechende Erfindung machen, die all das, woran Hunderte Wissenschaftler über Jahrzehnte gearbeitet hatten, in den Schatten stellte.
    Während ich noch meinen Tagträumen nachhing, bemerkte ich nicht, wie sich jemand von hinten näherte. Erst als Arc mich am Ärmel zupfte, kehrte meine Aufmerksamkeit in die Realität zurück. Ich drehte mich um. Eine Person kam über den Kiesweg herab direkt auf uns zu. Ich konnte ihr Gesicht durch den weißen Nebel ihres Atems nicht erkennen, doch das war für eine eindeutige Identifikation auch nicht nötig. Das wallende blaue Kleid und die kleinen Schritte verrieten sie. Ylenia blieb neben mir stehen, stemmte die Hände in die Hüften und ließ den Blick über Tesmers Automobil schweifen. Ihr Gesicht lugte unter einer blauen Wollmütze hervor, die Wangen vor Kälte gerötet.
    »Ich habe mir gedacht, dass du hier bist.« Sie lächelte mich an.
    Ich verzog indes keine Miene. Ich war vollends damit beschäftigt, meine Wut im Zaum zu halten und mir meinen Unmut nicht anmerken zu lassen. Das Getuschel mit Yeshard hatte ich ihr noch nicht verziehen.
    »Weshalb verfolgst du mich?«, presste ich hervor, ohne ihr in die Augen zu sehen.
    »Ich verfolge dich doch nicht!« Ylenia schlug ihre behandschuhten Hände auf die Brust, wohl zum Zeichen der Entrüstung. »Ich hatte lediglich das Gefühl, dass Gesprächsbedarf bestünde.«
    »Wie kommst du darauf?« Ich versuchte, überrascht zu klingen, doch ich vermute, sie hörte den Ärger aus meiner Stimme heraus. Ich wandte mich um und suchte den Blick von Arc, der die ganze Zeit still im Hintergrund gestanden hatte. »Würdest du uns bitte allein lassen?« Arc wandte sich wortlos ab und schritt den Kiesweg entlang zurück zum Turm. Wir blickten ihm nach, bis er hinter einer Biegung verschwand.
    »Gehorcht er immer so anstandslos?« Ylenia zog die Augenbrauen hoch. »Du kannst dich glücklich schätzen, einen Kameraden wie ihn zu haben.«
    »Ich weiß.«
    Einen Moment schwiegen wir, dann stieß Ylenia ein tiefes Seufzen aus. »Hast du deine Studien wieder aufgenommen?«
    »Nicht wirklich.« Ich war der Unterhaltung überdrüssig, aber ich spürte instinktiv, dass Ylenia noch auf ein unangenehmes Thema zu sprechen kommen würde.
    »Was hat dich ins Techniklager getrieben?«, fragte sie nach einer Weile.
    »Ich habe lediglich eine Uhr reparieren wollen.« Mein Tonfall ließ keinen Zweifel darüber offen, dass mir das Thema unserer Unterhaltung auf die Nerven ging.
    »Weshalb bist du bloß so schrecklich unentspannt?« Sie schnalzte verächtlich mit der Zunge. »Was ist los mit dir?«
    Ich holte tief Luft und stieß sie als Seufzer wieder aus. »Ich komme mir unnütz vor.« Ich bereute meine Offenheit bereits in dem Moment, als ich die Worte aussprach.
    »Weshalb?«
    Konnte Ylenia mich mit ihren bohrenden Fragen nicht einfach in Ruhe lassen? »Du bekommst in der Küche nichts von dem mit, was sich im Turm abspielt. Ich habe das Gefühl, man gibt mir nur lächerliche Aufgaben, weil man mir keine

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