Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)
ersten Klänge an mein Ohr. Ich war sofort wie gefangen von der Musik.
„Hört sich gut an.“, kommentierte Alex und rutschte mit seinem Stuhl zu mir herum.
„Es ist, als würde er den Soundtrack zu meinem Leben schreiben.“, flüsterte ich und starrte unverwandt auf Max. Ihn jetzt live zu sehen versetzte mir einen ungewohnten Kick.
Unwillkürlich wurde ich an meine Gedanken erinnert, als ich ihn das erste mal gegoogelt hatte. Ich wünschte mir, dass ich ihn besser kennenlernen durfte und er mir zuhören würde.
Er kam mir so vertraut vor. Als würden wir uns schon ewig kennen, beziehungsweise ich ihn, denn er kannte nicht mal meinen Namen.
Jedes seiner Worte schien direkt aus meiner Seele zu kommen und dabei machte er keinen Unterschied zwischen hellen, frohen und lichten Seiten oder dunklen, deprimierenden und beängstigenden dunklen Ecken.
Ich musste mich zusammenreißen und mich daran erinnern, dass ich nicht ihn so vergötterte, dass ich nicht ihn kannte und liebte, sondern seine Musik und meine Interpretation derselben.
Mein Herz tat mir bei dieser Erkenntnis etwas weh und ich musste eine Träne zurückhalten. Es überraschte mich selbst, dass ich so emotional auf diesen Mann, diese Band und ihre Musik reagierte.
„Alles in Ordnung?“, fragte Alex zögernd. Er hatte wirklich ein gutes Gespür für mich.
„Ja, alles klar.“ Ich griff wie selbstverständlich nach seiner Hand und er drückte sie.
Das Lied handelte von Menschen, die von uns gegangen waren. Er drückte nicht einmal konkret aus, dass es sich um Verstorbene handelte, also konnte ich seine Worte ganz wundervoll auf meinen Schmerz beziehen. Aber das Lied berichtete nicht nur von Trauer und Schmerz, sondern gab auch Hoffnung, denn es endete mit genau so leichten und fast schon engelsgleichen Tönen, mit denen es begonnen hatte.
Tränen standen mir in den Augen.
„Du bist so wundervoll Fynia. Ich mag es gar nicht sehen, wenn du weinst.“, flüsterte Alex zu mir gebeugt und küsste mir sanft eine Träne von der Wange.
„Ist es wegen Jasper?“, fragte er dann vorsichtig.
Ich nickte.
„Was muss er für ein Arsch gewesen sein, um dich so zu verletzen. Und wie dumm, dich gehen zu lassen.“
Ich liebte Alex für seine Worte und schmiegte mich so gut es ging an ihn.
Das nächste Lied hieß Träumer . Es setzte mit raschen Rhythmen und viel Bass ein. Aber auch hellere Elemente vom E-Piano waren zu hören.
Max hatte eine ganz eigene Art der Bühnenpräsenz. Er spielte mit dem Publikum, ging durch die Reihen und sang tatsächlich zu den Menschen vor sich.
Das Lied handelte von einem lyrischen Ich, das ich eindeutig mit Max verband, welches schon immer große Träume hatte. Er sang von den Anstrengungen die man aufbringen musste um vorwärts zu kommen und von den Niederlagen. Doch er stand immer wieder auf und am Ende des Liedes wusste man auch wieso. In seinem Rücken, ja in seinem Schatten fast schon stand jemand, der ihn immer liebte und stützte.
Erneut rannen mir Tränen über die Wange, dieses Mal aber vor Rührung. Wenn es stimmte und Max in seiner Musik nicht irgendwas, sondern sein Leben präsentierte, dann musste er der glücklichste Mensch auf Erden sein. Nein, seine Freunde mussten die glücklichsten Menschen sein, denn er war definitiv der dankbarste von allen, die ich kannte.
Möglichst unauffällig versuchte ich ein Taschentuch aus meiner Hosentasche zu zupfen und mir, möglichst ohne die Schminke zu verwischen die Augen zu trocknen. Genau in diesem Moment kam Max in unsere Richtung. Er blieb, wie übrigens schon viele Gäste an diesem Abend, an meiner auffallenden Kleidung hängen. Er sah mich an, während er die letzten, von Dankbarkeit und Zuversicht erfüllten Zeilen sang. Seine rote Augen schienen sich in meine Seele zu bohren, währen mich seine tiefe aber sanfte Stimme streichelte.
Er fesselte mich und noch einmal floss eine einzelne Träne über mein Gesicht.
Max hatte die letzte Strophe zu Ende gesungen und streckte seine Hand nach mir aus. Ganz vorsichtig berührte er meine Wange und fing meine Träne auf. Er wischte sie nicht fort, denn er hatte wohl verstanden, dass es eine gute Träne war. Er betrachtete mich für einige Augenblicke, dann lächelte er.
Mein Herz schlug so heftig gegen meine Brust, dass ich fürchtete gleich zusammen zu klappen. Und beinahe wäre es auch passiert, denn als die letzten Töne verklangen hauchte mir der Sänger abseits des Mikrofons ein stimmloses „Ich danke dir“
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