Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)
in Habachtstellung.
Was für eine Nacht! Wieder geriet ich in Panik und wieder fühlte ich mein Herz gegen meine Rippen hämmern, als wolle es alle Schläge seines Lebens in den nächsten drei Minuten aufbrauchen.
"Nein! Nein! So nahe… Nein!" hörte ich es immer wieder wie aus weiter Ferne. Die Gedanken des Schafs schienen ziellos im Raum umherzuwandern und dass ich sie aufschnappte war eher Zufall als Absicht.
Ich gab mein Bestes, es doch noch zum Sendemast zu schleppen. Vor uns hatte sich der Himmel dunkelblau, fast schwarz verfärbt. In der Ferne konnte ich den Regens wittern. Bald würden uns die Tropfen erreicht haben. Ein Donner grollte über uns.
"Verschwinde du Mistvieh!" Die Frau hatte uns erreicht und schlug mit der Schaufel nach uns. Ich musste ausweichen und verlor dabei das Schaf. Angriffslustig knurrte ich und fletschte die Zähne. Wieder so ein Instinkt. Die Frau hielt kurz inne. Ich sollte lernen mich besser zu kontrollieren…
"Mitch, hier ist ein Wolf! Komm schnell und hilf mir!", schrie sie laut und hielt weiter die Schaufel zwischen uns. In dem Moment kam auch schon Allans Vater, Mitch, angelaufen. Doch in seiner Hand hielt er etwas viel gefährlicheres als eine Schaufel. Mein armes Herz…
"Keine sorge Penny, ich bin ja da."
Der große Mann stellte sich schützend vor seine Frau und zielte mit einem Gewehr auf mich. Die Panik erfasste mich noch heftiger, ich konnte meine eigene Angst riechen, sie schien die anderen Gerüche überdecken zu wollen.
Schnell spurtete ich Richtung Haus. Das Schaf ließ ich liegen, immerhin hatten die Goodies gerade Probleme mit einem Wolf, da würden sie den Pflanzenfresser wohl in Ruhe lassen.
Dass dies ein Fehler war, merkte ich erst, als ich das Haus erreichte, an der Wand entlanglief und mir der Weg von einem der Gartenhäuser abgeschnitten wurde. Mitch war mir hinterhergerannt, die Schusswaffe immer im Anschlag und bereit zu schießen. Penny näherte sich mir von der anderen Seite, sodass ich, in der Häuserecke eingeklemmt von zwei Seiten bedroht wurde.
Ich wagte es nicht zwischen ihnen hindurch zu laufen. Ich hatte Angst, dass ich zu nahe an Mitch herankommen würde und er die Gelegenheit ergriff und nach mir schoss. Ich dachte keinen einzigen Augenblick daran, dass ich in ihren Augen ein wildes Tier war, das vielleicht sogar Tollwut haben könnte und das man besser nicht berührte.
Mit eingekniffenem Schwanz erwartete ich den finalen Schuss, als Mitch langsam aber mit sicheren Schritten in Reichweite kam.
Das Dröhnen aus dem Lauf der langen Schusswaffe - blieb jedoch aus. Stattdessen hörte ich einen überraschten, halb abgebrochenen dumpfen Schrei und einen Körper, der zu Boden fiel. Das Scheppern des Metalls, welches über die gepflasterte Einfahrt schlitterte schien mein Trommelfell zu zerkratzen.
Noch bevor ich meinen Blick hob, roch ich das alte Schaf. Es hatte alle Kraft zusammengenommen und war auf Mitch zugelaufen, es hatte den Mann von hinten gerammt. Verblüfft stellte sich bei mir Bewunderung für das kleine Wesen ein.
"Beweg dich, Mensch!", blökte es mir mit erstaunlich fester Stimme entgegen. Das Wort ‚Mensch’ betonte es besonders und ich hatte für einen Moment das Gefühl, es würde in mir eine mindere Spezies oder ein Kind sehen. Die Gedanken des Schafs kamen wie auf einer Welle aus Adrenalin zu mir herüber geschwappt. Das Adrenalin schien in mich zu fließen und mit dem Gedanken der ruckartigen Flucht zu infizieren. Wie von selbst setzten sich meine vier Pfoten in Bewegung.
Mitch hatte sich inzwischen von seinem Schrecken erholt, sich aufgerappelt und nach dem Gewehr gefischt. Er zielte nun auf das Schaf. Schnell machte ich kehrt.
Ich überlegte nicht lange, sondern nahm alle meine Kräfte zusammen, spannte jeden Muskel in meinem Wolfskörper an und stieß mich vom Boden ab. Zielgenau landete ich auf Mitchs Brust.
Überwältigt vom Schwung meiner Landung und meinem Gewicht fiel er erneut hinten über. Die Waffe ließ er einfach fallen. Penny stand nur vom Schreck erstarrt etwas weiter entfernt, die Schaufel noch immer in der einen Hand und schlug die andere entsetzt vor den Mund.
"Lauf!" knurrte nun ich dem Schaf zu. Ich konnte nicht verhindern, dass meine Gedanken wölfisch rau in ihr aufbrandeten. Ich selber stand noch immer auf Mitchs Brust und taxierte Penny mit meinem anscheinend sehr unheimlichen Blick.
Als ich hörte, dass das Schaf die Hofeinfahrt erreicht hatte (der Klang seiner Schritte
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