Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)
Alten. Neue Geschäfte gingen für gewöhnlich nach wenigen Monaten ein, außer ein Ortsansässiger hatte es eröffnet oder aus Tradition übernommen.
Die einen bezeichneten diesen Zustand dieser naja… nicht Veränderung… als Idylle. Ich fand es langweilig. Natürlich, hier konnte man sich gut niederlassen und Kinder bekommen. Es gab eine Grundschule mit gar nicht so schlechtem Ruf, ein reges Gemeindeleben und eine Pension mit einem Teich.
Was es nicht gab, war auch von Vorteil: Es gab so gut wie keine Kriminalität, keinen Großstadtlärm und wenig Umweltverschmutzung. Wie ich sagte: eine langweilige Idylle. Mich wunderte es eigentlich, dass nicht irgendwelche Christensekten diesen Ort als ihr persönliches Paradies auserkoren hatten. Pflanze noch einen Obstbaum und verbiete den Leuten davon zu essen und alles wäre perfekt.
Koppeln mit Pferden, freilaufende Hunde, 30er Zonen wohin das Auge blickte… Dementsprechend war das Buch der Stadt mit vielleicht drei bedeutenden Kapiteln gefüllt, wovon eines unter Garantie die Gründung der Stadt und ein anderes die Zuwanderung unseres Stammes beinhaltete.
Aus unserem Ort kamen keine Schriftsteller und keine Uniprofessoren und schon gar keine berühmten Schauspieler. Entsprechend leer war es hier, obwohl das Rathausgebäude an sich hübsch war.
Wie ich es mir schon gedacht hatte, fand ich nur wenige Anhaltspunkte. Entweder sind alle Aufzeichnungen verloren gegangen, oder meine Vorfahren teilten ihre Geheimnisse nicht so gerne. Naja ich glaubte eher an Letzteres, immerhin verheimlichen wir noch immer wichtige Aspekte unseres Wesens.
Ich fand die Einbürgerungsurkunde von einigen Vorfahren meiner Familie. Emilie Gallagahn war die erste aus meiner Familie, laut dem alten Stammbaum, die hier im Twellbachtal wohnte. Über die Linie meines Vaters war nicht so viel zu finden. Schließlich verliefen sich die Linien der Männer in denen der Frauen, was mich ein wenig stolz machte.
Aber ich fand einige Jahreszahlen, mit denen sich sicher etwas Internetrecherche betreiben ließe. Außerdem konnte es ja nicht schaden, wenn ich der Universitätsbibliothek in Drachmen einen Besuch abstatten würde. Immerhin musste ich noch eine Hausarbeit schreiben, zwei Fliegen mit einer Klappe also.
Doch als ich schon fast aufgeben wollte, stieß ich auf einen alten Einband. Zerfleddert wäre eine Untertreibung. Ich konnte nicht mal die eingedruckten und wohl ehemals goldenen Lettern erkennen. Was mein Auge jedoch gefangen hielt, war das Relief auf dem Cover: Ein breiter Ring, etwas schräg stehend, als hätte man den Moment eingefangen, da man ihn auf einen Tisch drehte, umrahmte ein Kreuz und einen Mond. Im Hintergrund, kaum Höher als das Cover selbst war eine zarte Feder zu erkennen. Das war unser Clansymbol.
Ich muss gestehen, ich habe im Unterricht früher nicht viel aufgepasst, deswegen wusste ich nicht sehr viel über unsere Geschichte.
Ehrfürchtig öffnete ich das Buch. Es war über und über von Staub bedeckt, was mich kräftig husten ließ. Die Seiten klebten aneinander, als wären sie seit Jahrzehnten nicht mehr geöffnet worden.
Vorsichtig schälte ich die ersten Seiten auseinander. Es handelte sich um eine alte Handschrift, die sicher gut in einer Universität als historisches Zeugnis der ersten gebundenen Bücher gepasst hätte.
Codex Yilupingan stand auf der ersten Seite geschrieben. Ich konnte die Worte nur mit großer Mühe entziffern. Dies war unser heiliges Buch. Jedoch war dieses hier sehr viel dicker, als die Versionen, die wir im Unterricht benutzten. Ich blätterte weiter und fand eine große Chronologie.
Plötzlich hörte ich hinter mir ein Geräusch. Der Bibliothekar war durch die Reihen der Bücher gegangen und beäugte mich skeptisch. Ich lächelte ihn unsicher an, was ihn dazu veranlasste zu mir zu kommen.
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte er und betrachtete das Buch in meinen Händen.
„Ich… Eigentlich nicht…“, stotterte ich.
„Ah, Sie sind aus dem Clan?“ er tarnte diese Feststellung als Frage und ich nickte gewissenhaft.
„Der Codex Yilupingan, unser ältestes Stück Geschichte und auch leider das einzige, was die Kurenai angeht. Yilupingan bedeutet ‚gute Reise’, als Wunsch so zu sagen, oder ‚eine Reise ohne Zwischenfälle’.“, belehrte er mich. Ich starrte ihn verwirrt an. Wieso wusste er so viel von diesem Buch? Ich musterte ihn genau. Er war ein älterer Mann, irgendwo Anfang bis Mitte Fünfzig und wirkte
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