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Fyrgar - Volk Des Feuers

Fyrgar - Volk Des Feuers

Titel: Fyrgar - Volk Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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wurden, schrien erbärmlich, wenn ihnen ein Glied abgenommen oder der Bauch geöffnet werden musste. Sie hatten nicht mehr genug starke Betäubungsmittel, konnten nur eine leichte Linderung spenden. Immerhin schwelten Rauschkräuter in großen Schalen, deren starker, süßlicher Duft in dicken Schwaden durch das Zelt waberte und einen ganz benommen machte. Aber das war nur ein sanftes Beruhigungsmittel.
    Der Heiler merkte, dass er zu weit gegangen war, solch einen Ausbruch durfte er sich nicht erlauben. Er musste Zuversicht verbreiten und Ruhe. Er schluckte die restlichen Worte hinunter und fuhr mit gedämpfter Stimme fort: »Er hat einfach keine Kraft mehr. Zu wenig zu essen, seht ihn Euch doch an, die Rippen stehen hervor. Der Schmerz macht ihn halb wahnsinnig. Gewiss könnte ich ihn mit den entsprechenden Mitteln und mit guter Nahrung rascher heilen und er könnte dem Netz Widerstand leisten. Aber das ist nicht möglich, uns fehlen die Mittel, und er ist zu schwach. Es gibt andere, denen ich noch helfen kann. Ich muss ihn aufgeben.«
    »Aber ich nicht!«, rief Magred. »Ich werde alles tun, ich ...«
    »Bruder ...«, hauchte Radfin. »Küss mich zum Abschied ...«
    Aldavinur sah die graue Haut, über die sich ein feines schwarzes Netzmuster zog, sah, wie die Augen sich verschleierten, sah, wie jeglicher Ausdruck aus dem Gesicht des Verwundeten schwand. Er packte Magred, der sich schon über seinen Bruder beugen wollte, und riss ihn zurück; musste den sich sträubenden Mann mit aller Gewalt festhalten.
    Zuran zog das Schwert, als Radfin sich halb aufrichtete und mit grauem Blick um sich sah.
    »Ihr alle werdet in die Glückseligkeit eintauchen«, sagte er. »Folgt mir, und ihr werdet gesund. Stärker denn je, und geborgen in der Liebe des Netzes.«
    »Nein ... nein ...«, keuchte Magred verzweifelt und wand sich in Aldavinurs Griff. »Lasst mich zu ihm, ich muss ihn retten, ich ...«
    Zuran hob das Schwert, um den Verletzten zu erschlagen, doch der Heiler fiel ihm in den Arm. »Nicht hier!«, keuchte er. »Dies ist ein Ort der Heilung!«
    »Aber was sollen wir dann tun?«, fragte Zuran, wütend und entsetzt zugleich.
    »Komm zu mir«, flüsterte Radfin. Er lächelte, obwohl seine Wunde aufgebrochen war. Aber er schien sie nicht mehr zu spüren.
    »Ich rufe zwei Flammenritter, die werden ihn zur Mauer bringen«, entschied Aldavinur traurig. »Da er nun einer von denen ist, werden sie ihn im Lauf der Nacht holen und gesund pflegen. Magred, verabschiede dich von deinem Bruder.«
    »Tot ist er besser dran!«, stöhnte der Soldat.
    »Das werde ich nicht zulassen. Für diesen Zustand kann er nichts.«
    »Du findest es stattdessen besser, dass er auf der Seite des Feindes gegen uns kämpft, gegen seinen eigenen Bruder?«, warf Zuran fassungslos ein.
    »Besser, als dass er hier und jetzt in wehrlosem Zustand erschlagen wird. Bleiben kann er wegen der Ansteckungsgefahr nicht. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.« Aldavinur zerrte Magred mit sich und stieß ihn aus dem Zelt. »Dieser Mann darf das Lazarett nicht mehr betreten«, ordnete er an und ließ Wachen aufstellen. Zwei Flammenritter bezogen Posten im Zelt, um zu handeln, sobald der Nächste der Versuchung erlag.
    Zuran rannte ihm ins Zelt nach. »Wie kannst du das tun?«, rief
    er.
    »Dieses Blut wird nicht auch noch an meinen Händen kleben!«, gab Aldavinur zurück. »Ich erschlage keinen wehrlosen Mann. Es gibt schon viel zu viele Opfer, und die meisten sind unschuldig, weil sie nicht wissen, was sie tun.«
    »Und morgen kämpfen sie gegen uns, und wir verlieren!«
    »Nein.«
    »Ich verstehe dich nicht. Einerseits gehst du gnadenlos vor, du kämpfst wie ein Rithari, andererseits lässt du Fahnenflüchtige ziehen, die das Heer des Feindes verstärken! Welche Taktik verfolgst du damit?«
    »Ich muss einen Mittelweg finden. Ich will nicht mehr so gleichgültig sein wie die Fyrgar, aber ich will auch nicht gnadenlos jedes Leben auslöschen, nur weil es mir im Weg ist. Diese Männer können vielleicht noch gerettet werden, wenn alles vorbei ist und sie nicht in der Schlacht gefallen sind!«
    Zuran machte ein ungläubiges Gesicht. »Darüber haben wir nie gesprochen: Was geschieht, wenn die Schattenweber ausgeschaltet sind? Besteht Hoffnung auf Heilung oder nicht?«
    Aldavinur hob die Schultern. »Diese Seuche ist keine gewöhnliche Krankheit des Körpers, sondern eine Krankheit des Geistes. Wir gehen der Reihe nach vor: Erst schalten wir die Schattenweber aus, und dann

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