Fyrgar - Volk Des Feuers
Aldavinur ertappte sich dabei, dass er tatsächlich nicht nur mehrmals schmunzeln musste, sondern einmal sogar lachte. Irgendwie fühlte er sich plötzlich befreit, denn jetzt gab es nur noch Eírtiti für ihn, und das war eine wundervolle Aufgabe. Die schönste der Welt.
Sein Trost war es vor allem, dass seine überaus lebhafte Tochter, die von Anfang an einen sehr starken Willen besaß und ihn auch durchzusetzen wusste, so gut wie nie weinte oder gar missmutig war. Manchmal hatte er das Gefühl, dass sie absichtlich Faxen machte, um ihn aufzuheitern. Aldavinur hatte bis jetzt nicht die geringste Ahnung von Kindern gehabt, die keine Fyrgar waren, aber in den vergangenen Monden hatte er eine Menge gelernt. Und er war völlig fasziniert; diese Lektion war sicherlich die beste seines gesamten langen Lebens, und er stellte sich vor, wie es wohl gewesen wäre, wenn Nefreta und er noch viel mehr Kinder gehabt hätten. Es hätte ihm gefallen, und ihr bestimmt auch.
Nach dem Essen war Eírtiti ziemlich müde, und er tunkte ein wenig Brotrinde in sein Bier und gab es ihr zum Nuckeln, damit sie leichter einschlafen konnte. Dazu wiegte er sie zärtlich und küsste sie ab und zu auf die Stirn. Er wollte ihr all seine Zuneigung geben, die Nefreta nicht mehr von ihm bekommen konnte. Seine übermächtige Liebe musste hinaus aus ihm, sonst würde sie ihn verbrennen.
Lange saß er dann versunken vor seinem Bier. Eírtiti lag in seinen Umhang gebettet auf der Bank und schlummerte, den Daumen im Mund. Aldavinur breitete die kleine Decke aus ihrem Beutel über sie und wollte sich gerade wieder seinem Bier zuwenden, da stand wie aus dem Boden gewachsen der Mann an seinem Tisch.
Der Fyrgar musterte einen Hünen, noch größer und breiter als er selbst, mit pechschwarzen Haaren und Augen wie schwarze Sonnen. Eine Narbe, einer Falkenklaue ähnlich, saß auf seiner rechten Wange wie ein Mal. Seine Aura umgab ihn mit schimmerndem Glanz. Seine Ausstrahlung überrollte Aldavinur wie eine Flutwelle.
Nun, nach allem, begegnete er ihm also.
»Ihr seid der Annatai«, sagte Aldavinur.
»Und Ihr der Fyrgar«, antwortete der Zauberer. Er hob leicht die Hand, in der er einen Bierkrug hielt, als wolle er anstoßen. »Darf ich mich setzen?«
»Selbstverständlich.« Wer würde schon dem mächtigsten Wesen dieser Welt, das zu den größten Legenden zählte, etwas abschlagen.
Den Kopf, vielleicht, dachte Aldavinur in einem aufsässigen und sehr wütenden Moment.
Halrid Falkon beugte sich leicht über den Tisch, bevor er sich niederließ, und betrachtete das schlummernde Kind mit einem seltsamen und nahezu zärtlichen Ausdruck. »Ich habe auch Kinder«, sagte er. »Zwillinge. Sicher haben sie selbst schon Kindeskindeskinder.«
»Kennt Ihr sie denn nicht?«, fragte Aldavinur erstaunt.
Der Zauberer schüttelte den Kopf. »Ich bin nie nach Erytrien zurückgekehrt. Ich kann die Insel auch aus der Ferne schützen.«
Er richtete den dunkel brennenden Blick auf Aldavinur. »Es ist besser so, nach allem, was dort geschehen ist.«
»Dann seid Ihr also seit Jahrtausenden im Exil?«, sagte Aldavinur.
»Aber nein.« Halrid Falkon lächelte, während er den Krug zu seinem Mund führte und bedächtig trank. »Diese ganze wunderbare Welt ist mein Zuhause, ich möchte überall sein und nirgendwo anders.« Er beugte sich leicht zu Aldavinur hinüber. »Wisst Ihr übrigens, dass Euer Volk ursprünglich von Erytrien stammt?«
»Nein«, antwortete Aldavinur überrascht. »Und allmählich fange ich an zu glauben, dass wir so gut wie gar nichts wissen, und ich, den man - ha! - ›Lehrmeister‹ nennt, weiß noch weniger.«
»Ihr seid ein Volk großer Weisheit, gesegnet mit dem größten Wissensschatz der Welt«, erwiderte der Zauberer schmunzelnd. »Doch Ihr könnt nicht alles bewahren. Im Lauf der Zeit geht doch das eine oder andere verloren, oder es wird ... verdrängt. Und nach ihrer Herkunft haben die Fyrgar schon lange nicht mehr gefragt.«
»Erytrien, sagt Ihr?«
»Ja. Die Insel liegt zwischen Valia und Ishgalad ... Verzeihung, das wisst Ihr natürlich. Dort gab es vor sehr langer Zeit ein unsterbliches Volk, das sich spaltete: die einen wurden mit einem Bann belegt und ruhen seither unter den Hügeln, die anderen verließen die Insel und siedelten sich in den Bergen Luvgars an, und nannten sich fortan Fyrgar, nach ihrer neuen Heimat. Sie waren damals schon Meister des Feuers, doch ihre wahren Fähigkeiten erwarben sie erst hier.«
»Warum wurden die
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