Fyrgar - Volk Des Feuers
Außerdem kannst du es noch nicht hergeben, denn seine Aufgabe ist keineswegs erfüllt.«
Aldavinur blinzelte. »Woher willst du das wissen?«
»Sieh es dir an«, sagte der Zauberer und deutete auf die Schneide. »Es ist noch nicht geheilt.«
Aldavinur betrachtete zutiefst erschrocken die verletzte Klinge. Er hatte sie seit Nefretas Tod nicht ein einziges Mal gezogen, sondern in der Scheide stecken lassen, ungereinigt und blutbefleckt. Er war davon ausgegangen, dass Luvian geheilt sei und nun an den nächsten übergehen würde, der es brauchte. Und er wollte das Schwert nicht mehr ziehen, weil es zu viele schmerzliche Erinnerungen barg, weil er Angst davor gehabt hatte, das Blut daran zu berühren.
Doch die Klinge war blank und sauber, als hätte sie nie Fleisch in blutige Stücke geschnitten. Nur die Scharte war noch immer da. »Dann ...«, setzte Aldavinur schwer atmend an, »... dann ist es also nicht zu Ende?«
Das war es doch, was er die ganze Zeit gefühlt und befürchtet hatte. Gondwins Intrigen waren noch lange nicht vorbei, sie wirkten auch über seinen Tod hinaus und waren weitreichender, als Aldavinur es je erfassen könnte. Noch waren einige Geheimnisse nicht gelöst.
»Nein, mein Freund. Es tut mir leid. Nach wie vor verdunkelt eine Bedrohung den Himmel. Du hast das wahre Geheimnis des Schattenwebers nicht gelöst.«
»Aber wie ist das möglich?«, fragte Aldavinur verzweifelt. »Efrynn behauptete, er sei der Schattenweber, und ich habe die Wahrheit gesehen!«
»Efrynn war der Schattenweber. Doch ich glaube nicht, dass das, was in Efrynn war und ihn zum Schattenweber machte, so einfach zu vernichten ist.«
»Gondwin sagte ...« Aldavinurs Bronzehaut verlor ihren Glanz und nahm einen fahlen Ton an. »Großer Schöpfer, er hat es mir doch geschrieben. Du folgst dem falschen Gott ... « Hilflos starrte er Halrid an. »Ist es das? Der Schattenweber ist nicht einfach eine Dunkle Macht, die aus einem Artefakt erstand, sondern ... ein ... ein ... Gott?« Er hatte das Gefühl, als würde er in einen bodenlosen Abgrund stürzen.
»Zumindest das, was von ihm übrig ist«, antwortete Halrid Falkon. »Ich hege da eine Vermutung, und sie hängt mit der Schlacht auf dem Titanenfeld zusammen. Möchtest du sie hören? Ich glaube, so viel Zeit haben wir noch.«
»Nein.«
»Ich dachte, es würde dich interessieren ...«
»Nein!«
Er hatte genug. Das ging ihn nichts mehr an. Halrid Falkon war jetzt hier und konnte alles in die Hand nehmen. Aldavinur brauchte kein Wissen und keine Lektionen mehr, gar nichts.
»Verstehst du denn immer noch nicht?«, zischte er den Zauberer mit schillernden Augen an. »Die Seuche ist vorbei! Götter sind nicht meine Angelegenheit.«
»Abgesehen von Lúvenor, meinst du.«
Aldavinur fuhr zusammen. Wie konnte er das wissen? »Wir reden schon lange nicht mehr miteinander. Also lass mich in Ruhe!« Er fing an, zusammenzupacken. Dann eben kein Drachenritt, er kam auch so zurecht. Über die Grenzberge nach Valia, dort fand sich schon ein ruhiger Platz, wo niemand Eírtiti finden würde.
»Und wenn doch?«, fragte Halrid Falkon ruhig.
»Du liest meine ...«
»Dazu brauche ich keine Gedanken zu lesen. Deine Mimik brüllt es lauter hinaus, als jede Stimme es könnte.«
Resigniert hob Aldavinur die Hände und sank in sich zusammen. »Also schön. Erzähl mir von deiner Vermutung.«
Halrid Falkon schob den Bierkrug beiseite. »Zwei Personen erzählten mir von der Schlacht. Eine davon war selbst dabei - Nachtfeuer. Die andere erfuhr davon von ihrem Vater Lichtsänger: die Velerii Schneemond. Und all das hängt mit Luvian zusammen.«
»In was bin ich da nur hineingeraten«, murmelte Aldavinur.
Die Titanenschlacht. Noch heute ist sie Sinnbild für grenzenlosen Wahnsinn. Worum es ging? Um Waldsee und um die Herrschaft darüber. Es ging nicht nur um Regenbogen und Finsternis, sondern auch um Macht. Erenatar, der ERSTE GEDANKE, hatte die Welt einst Lúvenor geschenkt, dem Schöpfer von Himmel und Erde und Wasser und von vielen Völkern. Doch die Welt war so groß, dass bald weitere Götter mit ihren Völkern kamen, und auch die Erste Menschheit fand hier ein Zuhause, allerdings noch weit entfernt von den uns bekannten Landen, jenseits der Wüste. Die Vier Königreiche blühten und wurden von weisen Herrschern regiert, bis Neid und Zwietracht entstanden und Krieg unter den Göttern entbrannte, an dem Halrids eigener Vater, der Widdergott Shyll, nicht ganz unschuldig war. Die beiden
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