Fyrgar - Volk Des Feuers
normalerweise sehr abgeschieden voneinander, aber das Baiku meiner Tochter ist der Mensch, sie braucht Gesellschaft. Und ... und eine ... Mutter, wenn Ihr gestattet.«
Er sah, wie ihre feinen Gesichtszüge sich anspannten. Natürlich wusste er um ihre Geschichte. Sie hatte einen Prinzen der Nauraka geliebt und verloren, und ebenso auch ihre Zwillinge ziehen lassen müssen, die ins Meer zurückkehrten. Ihr selbst blieb dieser Weg verwehrt, deshalb hatte Alrydis ihre Kinder stets nur zu bestimmten Zeiten gesehen, und manchmal auch deren gewandelten Vater, der das Erbe des Seedrachen angenommen hatte. Eine der tragischsten Geschichten von Waldsee, die Aldavinur früher seinen Schülern zwar erzählt hatte, aber ohne dass sie ihn besonders berührt hätte. Nun jedoch wusste er, was Verlust bedeutete und wie sich ein gebrochenes Herz anfühlte, das niemals wieder heilen konnte.
»Verzeiht meine Dreistigkeit«, entschuldigte er sich. »Aber ... ich allein kann Eírtiti nicht genügen, ich bin nur ein Fyrgar, der keine besondere Erfahrung mit den Menschen oder gar mit Kindern hat. Ich brauche Euren Rat, Eure Hilfe ...«
»Ich werde gern für sie da sein«, unterbrach sie ihn. Dann lächelte sie zärtlich und streichelte die Wange des kleinen Mädchens. »Halrid hat nie aufgehört, Pläne zu ersinnen. Mir ist seine Absicht klar.«
»Weil wir beide verwundete Seelen haben, soll das Kind uns heilen, und wir sollen uns gegenseitig stützen.« Aldavinur nickte. »Ich hatte mir deswegen unterwegs schon überlegt, einfach irgendwo zu bleiben. Doch ich wüsste keinen besseren Ort für meine Tochter als diesen. Ich muss gestehen, dass ich sehr froh bin, hier sein zu dürfen, und sehr dankbar.« Dann musste er lachen. »Feuer und Wasser! Was denkt dieser Zauberer sich nur dabei!«
Er kroch hervor aus der namenlosen Tiefe, robbte sich unermüdlich nach oben. Immer wieder schlief er vor Erschöpfung ein. Wie ein Wurm wand er sich hinauf, und viel mehr als ein Wurm war er auch noch nicht. Er konnte nur tasten und fühlen, das war alles. Der Weg war hart und mühselig, oftmals gab es nur sehr schmale Ritzen zwischen hartem Gestein, durch die er sich zwängen konnte. Danach verlor er jedes Mal das Bewusstsein. Doch er erwachte wieder und kroch weiter.
Dann fühlte er Veränderung. Er konnte es nicht sehen, aber er wusste, dass er sich auf das Licht zubewegte, denn die Finsternis fühlte sich anders an. Dies hier war milder, weicher, und die Luft war dünner, verlor an Geschmack. Dafür kamen neue Eindrücke hinzu. Von frischem Leben, das vorüberzog, Leben, das Fleisch war, und Sehnen und Muskeln. Und da waren Wurzeln und Gräser.
Er verließ die Welt dort unten und kam nach oben, schlängelte sich durch weiches Gras und über lehmigen Boden. Kein rauer Fels mehr. Und keine Enge. Das Oben war unendlich weit, er konnte es nicht erfassen.
Etwas glitt in Wellen über seinen Körper hinweg. Er besaß noch kein Gehör, doch aus seiner Erinnerung wusste er, was es war: Stimmen. Ganz in der Nähe.
Nahrung, dachte er.
Er tastete sich weiter, dem Fluss der Wellen nach, dann stieß er auf Widerstand. Er tastete und fühlte und wusste sofort, dass er am Ziel war, warmes, atmendes Leben. Eilig kroch er empor, dorthin, wo er schon salziges Blut wittern konnte. Er brauchte einen verborgenen Platz, damit er nicht gleich wieder abgeschüttelt werden konnte. Schließlich fand er eine geeignete Stelle, drückte sein vorderes Ende darauf, und aus seinem Inneren schoss ein kreisrunder, mit vielen winzigen Zähnen besetzter Mund hervor. Er biss sich fest, und die Zunge schnellte vor, hart und spitz wie ein Stachel, bohrte sich tief hinein, bis sie warmes, pochendes Blut fühlte.
Gierig begann er zu saugen. Er saugte und saugte, bis er so dick und schwer war, dass er sich nicht mehr halten konnte. Er ließ los und fiel nach unten, landete weich und rollte weiter, in eine kühle, feuchte Dunkelheit. Dort ringelte er sich zusammen und schlief ein.
Als er wieder erwachte, fühlte er sich eingesperrt und beengt, er konnte kaum mehr atmen. Er hatte wohl so viel gefressen, dass ihm seine Haut nicht mehr passte. Als er sich entringeln wollte, platzte die Haut auf, an vielen Stellen, er konnte nichts dagegen tun. Er fing an, sich herauszuschälen und das nutzlose alte Ding abzustreifen, drehte und wand sich mühsam, bis er zu schwach war, um sich noch rühren zu können. Er schlief ein.
Als er erwachte, fühlte er sich bestens. Die neue Haut passte
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