Fyrgar - Volk Des Feuers
Aldavinur leise. »Dieses Lied erreicht die Sphären und erfreut die Götter.«
»Meister, du machst mir Angst«, wisperte Efrynn und duckte sich in den Schnee. »So hast du noch nie gesprochen.«
Aldavinur sah seinen Schützling ernst an. »Du weißt, dass dieses Kunstwerk nur für die Erinnerung gemacht ist? Es ist vergänglich und wird nicht lange halten.«
»Gewiss, Meister. Doch kein anderer Stoff hätte derart ... wirken oder bearbeitet werden können.«
»Das ist wohl wahr.«
»Ich glaube, gerade die Vergänglichkeit ist es doch, oder die stetige Veränderung der Sphäre, die ich hier nachgebildet habe«, fuhr Efrynn fort. »Die Sphäre ist nie gleich, und auch die Weltenmelodie singt niemals dieselbe Tonfolge.«
»Du hast den Klang sichtbar gemacht«, schloss Aldavinur. »Ja, das ist es.«
»Danke, Meister«, sagte Efrynn erfreut und verunsichert zugleich. »Und was machen wir jetzt damit?«
»Alle sollen es sehen«, antwortete Aldavinur. »Und dann wird es dem Wetter und Lúvenors Auge überlassen. Einverstanden?«
»Natürlich!«, schrie der Junge glücklich. »Oh, Meister, ich danke dir!«
»Nein«, unterbrach Aldavinur. »Nein, Efrynn, ich danke dir. Ich ... bin sehr stolz auf dich.« Eindringlich schloss er: »Dies bringt Verantwortung mit sich. In den nächsten Mondabschnitten wirst du dich auf den Gang durch das Feuer vorbereiten. Im Frühjahr zur Sonnenwende ist es so weit.« Er wandte sich zum Gehen.
Efrynn stand da, fassungslos. Der Glanz seiner Schuppen war vollständig erloschen, kein Hauch eines Regenbogens mehr. »Das bedeutet ... ich ... ich darf nicht mehr bei dir in die Lehre gehen?«
»Ich kann dir nichts mehr beibringen, Efrynn. Deine Ausbildung ist abgeschlossen. Was könnte noch besser werden als das, was du gerade geschaffen hast? Dies ist dein Gesellenstück, und wenn du durch das Feuer gegangen bist, wirst du der Meister sein.«
Aldavinur legte seine schwarzfellige Stirn an die dornige Schuppenstirn seines Schützlings. »Wir beide wussten, dass dieser Tag kommen wird«
»Es ... es kommt auf einmal so schnell ...«, stammelte der Junge.
»Efrynn, normalerweise wird einem Fyrgar erst mit der Zweiten Stufe das Wissen des Volkes zuteil. Du aber bist schon mit Wissen geboren worden. Ich habe dich auf das Leben vorbereitet und dir geholfen, dieses Wissen zu nutzen. Ich weiß nicht, was dir zuteil wird, wenn du durch das Feuer gehst, aber es gibt keinen Grund, Angst zu haben.«
»Ja, Meister«, sagte Efrynn kläglich.
Eine Weile standen sie still Stirn an Stirn, bis Aldavinur sich behutsam löste und den Weg zu den Lieblichen Höhen fortsetzte.
Die Fyrgar hatten sich um die Skulptur versammelt, und die sang ihnen glitzernd ihre Farben und ihre Formen vor, ein ganz neuer Klang des Schnees. Efrynns Eltern verneigten sich vor ihrem Sohn, und auch der Rat war ergriffen.
Ein Misston trat ein, als plötzlich Gondwin heranhinkte und mit vor der Brust verschränkten Armen am Rand der Versammlung stehen blieb. Er hatte sich in ein Fell aus der Höhle gehüllt und seine dünnen Stiefel mit weiteren Fellresten umwickelt. Dennoch schien er zu frieren, er hatte die Schultern hochgezogen und zitterte.
Die Fyrgar bemerkten ihn sofort, doch sie taten so, als wäre er gar nicht da.
Aldavinur sagte nichts, um die feierliche Stimmung nicht zu zerstören.
»He!«, rief Gondwin und stieß einen schrillen Pfiff aus.
Viele Augenpaare richteten sich auf den Mann.
»Das ist ja alles sehr schön«, fuhr der Halbkrahim fort und holte mit den Armen weit aus, wie um das Kunstwerk zu umfassen. »Ich beglückwünsche den jungen Künstler, er ist begnadet, und euch alle, dass ihr ein so großes, allwissendes Volk seid und euch in Gefilden ergeht, die niemand sonst erreichen kann.«
Efrynn musterte Gondwin verdutzt. Die übrigen Fyrgar blickten missbilligend drein, einige wandten sich brüsk ab, andere schienen über eine Antwort nachzudenken.
Aldavinurs Nackenhaare sträubten sich. Seine Pupillen zogen sich zu nadeldünnen Schlitzen zusammen.
»Ihr könnt stolz sein auf euch!« Gondwin klatschte leise in die Hände. »Und während ihr euch hier oben feiert, geht dort unten die Welt unter.«
»Aber Gondwin, was redest du da?«, brach es aus Efrynn hervor.
»Ich rede davon, dass ihr keine Ahnung habt, was in der wirklichen Welt vor sich geht!«, schallte Gondwins Stimme durch das Tal. »Ich rede davon, dass ihr so versponnen seid in eure Weisheiten und Philosophien und in das Erreichen
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