Fyrgar - Volk Des Feuers
holen, die meinen in Kürze zerschmetterten Körper von den Felsen dort unten aufsammeln und wieder zusammensetzen muss. Er öffnete den Rachen, um laut zu gähnen, dabei unmerklich ein wenig zu hecheln und die Anspannung zu lösen.
»Du bist immer so freundlich zu mir, o Lehrmeister, und ich schätze deine Aufmerksamkeit sehr«, sagte Beserdem. »Deshalb wollte ich dich übrigens besuchen. Ich habe das Gefühl, wir ... kommen uns näher.«
»Ja«, stimmte Aldavinur zu. Aber möglicherweise trennen wir uns gleich für immer. Als Beserdem erneut mit den Flügeln schlug, veränderte auch er seine verkrampfte Haltung, schüttelte nacheinander die Pfoten, bevor er sich wieder festkrallte.
»Auf dem Weg zu dir habe ich Efrynn gesehen. Was tut er dort unten?«
»Er baut eine Skulptur.«
»Sieht mir nach einem erstaunlichen Kunstwerk aus.«
»Oh ja. Ich glaube nicht, dass ich so etwas schon einmal gesehen habe, und das war erst der Anfang.« Aldavinur sah zum Himmel, der einen bläulichen Glanz annahm. Frostschlieren zogen über die Berge hinweg. Beserdem konnte nicht mehr lange bleiben, ihre Federn würden sonst vereisen. Erlösung nahte. »Ich kann ihm nichts mehr beibringen, Beserdem. Ich werde dem Rat und seinen Eltern zur Sonnenwende empfehlen, dass er durch das Feuer geht.«
Sie blinzelte erstaunt. »Aber er ist noch so jung ...«
»Ich weiß. Doch er muss zur Reife gelangen, zur Erkenntnis finden. Nur so kann er seine Kräfte beherrschen; mir kann das nicht mehr gelingen. Er wird jeden Tag größer und stärker, und immer mehr erwacht in ihm. Ich glaube fast, er ist ein Mächtiger.«
»Beim Lichte Lúvenors!«, flüsterte Beserdem.
»Den Beweis aber kann erst das Feuer erbringen.«
»Und was werden wir dann tun, Aldavinur?«
Sie sagte wir. Er erwiderte ihren Blick. Deshalb also war sie gekommen. »Zur zweiten Sonnenwende, Beserdem, vor dem Herbst«, antwortete er. »Lass uns dann über eine gemeinsame Entscheidung reden.«
Sie stellte die Kopffedern auf, ihr Löwenschwanz peitschte. »Ist das ein Versprechen?«
»Ja.«
»Also gut. Gut!«
Sie stieß einen hohen Adlerschrei aus, breitete die Schwingen aus und glitt über die Wiege der Luft davon.
Aldavinur stieß sich ab und ließ sich in eine Schneewehe hinunterfallen, in der Hoffnung, dass sie tief genug war.
Mit einem dumpfen Geräusch plumpste er in den an der Oberfläche hart verkrusteten Schnee hinein, wie eine Fontäne schlugen weiße Flockengischt und Eisbrocken über ihm zusammen. Ächzend und stöhnend kämpfte er sich aus dem tiefen Loch empor, das er geschlagen hatte, und sah sich nach einem geeigneten Ruheplatz um. Die Nacht war hereingebrochen, es war zu spät, zu einer seiner Höhlen zurückzukehren.
Kurz darauf fand er eine geschützte Stelle zwischen zwei Felsen, die mit weichem Schnee gefüllt war. Ein angenehmes Bett für diese Nacht und ein passender Ort für seine Gedanken.
Beserdem, dachte er. Ja, wir sollten es tun.
Mit einem Hirsch im Maul kehrte Aldavinur zwei Tage später zur Höhle zurück, weidete ihn aus und trennte mit der Kralle die Fleischstücke heraus, die Gondwin bevorzugte, und trug sie hinein.
»Ich dachte schon, du hättest mich vergessen!«, empfing der Mann ihn vorwurfsvoll. Er stand aufrecht und humpelte, sich an der Wand abstützend, in der Höhle umher.
»Haben die Vorräte etwa nicht gereicht?«, fragte Aldavinur, während er das Fleisch neben die nie erlöschende Feuerstelle legte.
»Das ist es nicht. Ich ... bin diese Einsamkeit nicht gewohnt.«
»Manchmal suchen Menschen die Einsamkeit, wenn sie hier heraufkommen.«
»Aber ich bin zur Hälfte Krahim, und die leben nie allein. Und ich bin nicht freiwillig hier.«
»Nun«, sagte Aldavinur ruhig, »du bist am Leben und wirst gesund. Bald kannst du in dein gewohntes Leben zurückkehren.«
»Entschuldige«, sagte Gondwin verlegen. »Ich wollte nicht zu viel fordern. Aber ohne dich wäre ich hier zum Tode verurteilt. Vor allem nachts ist es entsetzlich kalt. In unseren Bergen wird es nie so eisig, dass einem der Atem im Mund gefriert und Eissterne auf der Zunge entstehen lässt.« Er humpelte zu seinem Lager zurück, setzte einen Kessel für sein Fleisch auf und gab ein paar Kräuter dazu.
Aldavinur ließ sich nieder, seine Schwanzspitze bewegte sich träge.
»Wo ist denn Efrynn?«, erkundigte sich Gondwin.
»Beschäftigt. Er hat keine Zeit für dich.«
»So meinte ich das nicht. Aber ich mag den Jungen, er ist sehr aufgeweckt. Er ist etwas
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