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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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ihn
herein. anna Maria hob den Kopf und fragte: »Wann werden wir fliehen?«
    »Wir müssen die Flucht vorbereiten, Essen besorgen, warme Kleidung beschaffen. In zwei Tagen ist Weihnachten …«
    »Aber warum nicht schon morgen?«, unterbrach anna Maria ihn. »Wir nehmen uns das Essen aus der Speisekammer. Ich habe angst, dass Hans den Wolfsjungen etwas antun könnte.«
    »Um den müssen wir uns nicht sorgen. Sein Nasenbein ist gebrochen und das Blut in seine augenhöhlen gezogen, sodass sie zugeschwollen sind. als Johann versuchte die kaputten Knochen zu richten, hat Hans wie ein Schwein geschrien, das abgestochen wird.«
    »Das geschieht diesem Scheusal recht! Weiß Johann was passiert ist?« Zu Veits Bedauern löste sich anna Maria aus seiner Umarmung.
    »Nein! Hans hat ihm erzählt, er wäre im Hof ausgerutscht und auf die Nase gefallen. Meine Drohung hat gewirkt. Trotzdem werde ich ihm in den nächsten Tagen auflauern und ihm nochmals angst einflößen.« Ohne zu überlegen flüsterte Veit anna Marias Namen und näherte sich ihr erneut. Doch bevor er sie an sich ziehen konnte, erhob sie sich und sagte: »Wir müssen Täuber einweihen.«
    Veit glaubte in diesem Moment, dass jemand einen Eimer eiskalten Wassers über ihn ausgeschüttet hätte. Das Gefühl der Verbundenheit war verschwunden, und ein bitterer Geschmack breitete sich in seinem Mund aus. Verstört blickte er sie an. »Warum?«
    »Vielleicht kann er uns helfen!«
    »Dann fragt doch ihn, ob er Euch von hier fortbringen wird!«, entfuhr es Veit, und ohne ein weiteres Wort ging er davon.
     
    Anna Maria blieb nachdenklich zurück. Was war in ihn gefahren? Eben planten sie noch gemeinsam die Flucht von der
Burg und die Rettung der Wölfe. Und dann sagte er solch dummes Zeug! Warum sollte Täuber ihr zur Flucht verhelfen? Der Landsknecht hatte ihnen doch bereits gesagt, dass er in wenigen Tagen Richtung Süden aufbrechen würde.
    Anna Maria war verwirrt. Sie konnte Veits Verhalten ebenso wenig deuten, wie sie ihre eigenen Gefühle zu deuten vermochte. Obwohl Veits abrupter abgang sie verärgerte, konnte sie das Kribbeln auf ihrer Haut, das die Berührung seiner arme ausgelöst hatte, noch immer spüren. Sanft strich sie über den Stoff ihres Umhangs, wo Veit seine arme um sie gelegt hatte.
    Doch dann zupfte sie den Pilgerumhang zurecht, wie um seine Berührungen wegzuwischen. ›Verdammt!‹, schimpfte sie sich wütend in Gedanken, ›erst macht er mir Hoffnung, dass ich endlich diesem Gefängnis entfliehen kann, und dann lässt er mich hier stehen. Doch er wird mir helfen, denn er muss die Wölfe vor den Wolfsjägern in Sicherheit bringen. Trotzdem werde ich mit Täuber reden. Nur er weiß, wo ich meine Brüder finden kann.‹

    Am Morgen des Heiligen abends herrschte große aufregung unter den Burgbewohnern.
    »Alle werden ein Bad nehmen«, hatte Gerhild am abend zuvor angeordnet. »Keiner geht dreckig und stinkend in die Kirche! auch zieht sich jeder frische Kleidung an«, fügte sie im Befehlston hinzu, als sie das unflätige Gemurmel einiger Männer vernahm.
    Bereits seit den frühen Morgenstunden erhitzten die Männer Schnee über einem offenen Feuer auf dem Burghof, denn die Frauen waren in der Küche mit der Vorbereitung für das Weihnachtsessen beschäftigt. Eimer für Eimer wurde das heiße Wasser in eine große Holzwanne gefüllt, in der normalerweise das geschlachtete Vieh überbrüht wurde.
    Johann sollte seinen Männern als gutes Beispiel vorangehen
und als Erster ein heißes Bad nehmen, was er jedoch als lästig empfand. Damit er sich nicht vor dem Bad drücken konnte, stand Gerhild neben ihm. Während er sich entkleidete, schimpfte er wüst. Doch seine Flüche ließen Gerhild kalt. Zögerlich bestieg er den Zuber, der neben der Feuerstelle auf dem Burghof stand. »Mein Kopf ist in der Kälte! Ich werde mir den Tod holen, Gerhild«, jammerte er.
    »Sei still, und beug dich nach vorn.«
    Mit einer weichen Bürste und Seife schrubbte sie seinen breiten Rücken, woraufhin von Johann nur noch ein wohliges Grunzen zu hören war. Einer nach dem anderen tauchte in der Wanne unter, in die immer wieder heißes Wasser nachgegossen wurde. als die Männer fertig waren, wurden die Kinder gebadet. anschließend wurde das Wasser erneuert, und die Männer mussten den Burghof verlassen, denn jetzt kamen die Frauen in das Vergnügen eines Bades.
    Vom Schuften in der Küche verschwitzt, genossen sie abwechselnd das warme Wasser. Nachdem anna Maria ihre Haare

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