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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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›alles nur Zufall! Wer weiß, woher dieser Hofmeister die Fahne hat. Vielleicht hat er sie sogar gestohlen!‹ Doch während die anderen bereits schliefen, lag er selbst die halbe Nacht wach und grübelte vor sich hin.

    Am nächsten Tag änderte sich das Wetter, sodass die Männer ihren Weg fortsetzen konnten. Die Straße war vom Regen aufgeweicht,
und sie mussten umsichtig marschieren. Trotzdem rutschten sie auf dem matschigen Boden des Öfteren aus.
    Peter spürte, dass Hauser ihn und Matthias immer wieder von der Seite betrachtete.
    »Sagt, Herr Hauser, welche Gedanken beschäftigen Euch?«, fragte er schließlich.
    Erstaunt blickte der alte Peter an, der daraufhin lächelte.
    »Ich sehe, dass Ihr Matthias und mich mustert, als ob Ihr etwas in unseren Gesichtszügen suchen würdet.«
    »Du hast mich erwischt!«, antwortete Hauser lächelnd. »Eure Fahne lässt mir keine Ruhe. Es ist sonderbar, wenn man plötzlich etwas wiedersieht, das einst ein großes Geheimnis war und für das man keine Erklärung findet. Viele Fragen schwirren durch meinen Kopf. Einige lassen mir keine Ruhe: Woher kommt die Fahne? Warum hatte sie euer Vater? Kenne ich euren Vater vielleicht? Doch in euren Gesichtern finde ich nichts, was ihn verraten könnte.«
    »Wenn unsere Schwester anna Maria hier wäre, dann bekämt ihr sicherlich die antwort auf Eure Frage. Sie ist das Ebenbild unseres Vaters – auch dem Wesen nach. Wenn man sie sieht, dann weiß man sofort, zu wem sie gehört. Ich hingegen komme eher nach meinem Onkel von der Rauscher Mühle. Na ja, das ist immer noch besser als bei meinem ältesten Bruder. Der gleicht nämlich meiner Tante aus Katzweiler, und so will niemand aussehen«, sagte Peter verschmitzt, was Hauser zum Lachen brachte.
    Johannes trat nun zu den beiden. »Da vorne scheint ein Gasthaus zu sein. Können wir dort einkehren und uns einen Teller heiße Suppe gönnen?«
    Kalter Wind blies durch ihre Kleidung. Michael, dem Schmächtigsten unter den Burschen, zitterten die dünnen Beine, und er nickte heftig.
    Die jungen Männer kramten ihr verstecktes Geld hervor.
»Für einen letzten Teller Suppe wird es wohl reichen«, sagte Friedrich.
    »Wir sind bald in Mühlhausen«, erklärte Hauser. »Dort kenne ich jemanden, bei dem wir schlafen können und der uns auch zu essen geben wird. Ihr müsst heute nicht sparen!«
    Ungläubig blickten die Burschen ihn an.
    »Sagte ich nicht, dass Bundschuhleute überall zu finden sind und sie einander helfen?« Die fünf schüttelten die Köpfe. Matthias aber antwortete argwöhnisch: »Erst gestern habt Ihr gesagt, dass es zu viele gewesen seien, um sie alle zu kennen. Nun wollt Ihr uns weismachen, dass man sich gegenseitig helfen würde – einerlei wo und einerlei wer. Das verstehe ich beim besten Willen nicht, und ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob ich Euch trauen kann!«
    Hauser sah die fünf nachdenklich an. Nach einem augenblick, der wie eine Ewigkeit schien, erklärte er feierlich: »Kommt, meine jungen Freunde, ich werde euch in die Geheimnisse des Bundschuh einweihen.«
     
    Die armselige Taverne stand unter einer Gruppe von Bäumen direkt an der Straße. Es gab keine weiteren Häuser, nur einen zerfallenen Stall, versetzt hinter dem Gasthaus. Darin wieherte laut ein Pferd, und eine Ziege antwortete meckernd.
    Die Männer gingen hinein.
    Innen war das Gasthaus genauso schäbig wie außen. Nur wenige Talglichter spendeten schummriges Licht. Es gab vier runde Tische, an denen niemand saß. Hinter der Theke stand ein dicker Mann, der kleiner war als Michael. Sein Doppelkinn hing in Falten und verdeckte seinen Hals. Das Haupthaar war auf Stoppellänge abrasiert.
    ›Läuse‹, vermutete Peter und musste sich im selben Moment kratzen. an der Ecke des Tresens saß ein altes Weib. Tiefe Falten zerfurchten ihr Gesicht, und ihr Schädel war wie der des Wirts kahl rasiert. Sie rauchte eine langstielige Pfeife. Der süßliche
Tabakgeruch breitete sich bei jedem Zug mehr und mehr aus und überdeckte den Kohlgeruch, der aus dem Raum hinter der Theke drang. Die alte musterte die Männer eingehend, sagte jedoch kein Wort.
    Die sechs setzten sich an einen der Tische. Sogleich kam der dickliche Wirt und wischte mit einem verschmutzten Lappen über die Tischplatte.
    »Wir hätten gerne Suppe«, bestellte Hauser freundlich.
    Der Dicke schüttelte den Kopf und sagte in unhöflichem Ton: »Es gibt nur Kohl!«
    Fragend blickte Hauser in die Runde.
    »Besser als nichts!«, sagte Matthias, und

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