Gabe der Jungfrau
Schweigen.
Kapitel 4
Der Nachthimmel über Burg Nanstein war wolkenverhangen. Die Glocke in der Senke schlug elf, und in den Häusern von Landstuhl herrschte Ruhe.
Auch die meisten Menschen oberhalb des Städtchens, die in der Ruine von Burg Nanstein den Winter verbringen wollten, schliefen. Trotz großer Zerstörungen im Jahr zuvor war es den Männern der Burg gelungen, den großen Saal so herzurichten, dass er den Bewohnern genügend Schutz vor Wind und Wetter bot. Jeden abend legten Mann und Frau, Jung und alt ihr Strohlager dicht vor dem Kamin auf dem kalten Steinboden aus. Oft gesellten sich Katz und Hund dazu und rollten sich, meist dicht an die Kinder gedrängt, zusammen.
Lautes, vielstimmiges Schnarchen hallte an den rötlichen Steinwänden wider. Die, die noch wachlagen, verhielten sich leise, um die Schlafenden nicht zu stören. Die, die zu zweit sein
wollten, fanden sich in den dunklen Ecken der Burgruine ein, wo verhaltenes und doch lustvolles Stöhnen die Nachtruhe unterbrach.
Der Landsknecht Johann saß in seinem Gemach vor dem fast mannshohen Kamin und starrte in das flackernde Feuer. Er hatte die Beine weit von sich gestreckt, und die Hände wie zum Gebet vor seinen Mund gefaltet.
Gerhild lag nebenan in seinem Bett und beobachtete aus den augenwinkeln ihren Bettgefährten.
Etwas schien ihn zu beschäftigen, und sie musste nicht lange überlegen, um zu ahnen, was es war. ›Diese verfluchte Jungfrau! ‹, schimpfte Gerhild in Gedanken. Doch sie wusste, wie sie ihren Liebhaber ablenken konnte.
»Komm zu mir, Johann, und wärme mich!«, schnurrte sie und klopfte mit der Hand auf die freie Bettseite neben sich.
Der Landsknecht war der einzige auf der Burg, der zwei Räume für sich allein bewohnte – sogar mit einem Bett darin.
Gedankenverloren sah Johann Gerhild an. Seit fast drei Jahren teilte er nun mit ihr schon sein Lager, doch noch immer war sie nur seine Bettgefährtin und nicht sein Eheweib – obwohl sie ein verflucht hübsches Frauenzimmer war, wie er immer wieder aufs Neue feststellen musste.
Ihre dunklen Haare lagen wie ein Schleier auf dem Kissen. Ihr nackter Körper war makellos und weiß wie frisch gefallener Schnee. Die wohlgeformten Brüste waren fest und prall, da sich noch nie ein Balg an ihnen gelabt hatte.
›Irgendwann werde ich einen Sohn zeugen müssen!‹, dachte Johann, als er das dunkle Dreieck zwischen Gerhilds Schenkeln anstarrte. ›aber nicht mit ihr‹, war sein zweiter Gedanke, denn er traute dem Weib nicht über den Weg. Bitter erinnerte er sich daran, dass Gerhild ihm bereits bewiesen hatte, wie schnell sie einen Mann durch einen anderen ersetzen konnte.
Auch vermutete er, dass sie nicht bei ihm wäre, würde er wie die anderen im großen Saal auf dem Boden schlafen. Gerhild wäre dann bei dem, der an seiner statt in diesen Räumlichkeiten wohnen würde. Das war für ihn zwar kein schöner Gedanke, doch machte das auch den Reiz an ihr aus. Sie war wie eine Katze – anschmiegsam und trotzdem wild und eigen. Der Landsknecht war sich sicher, Gerhild kannte nur ein einziges Ziel: Sie wollte überleben – gut überleben! Nur weil er der Stärkste unter seinen Männern war, Befehle erteilte und keinen Befehlen gehorchen musste, teilte Gerhild das Bett mit ihm.
›Sie hat sich das stärkste Männchen im Rudel ausgesucht – wie bei den Wölfen!‹, dachte er mürrisch und wusste, dass sie gehen würde, sobald er Schwäche zeigte. ›Und das ist so sicher wie das amen in der Kirche!‹
Wieder gurrte Gerhild und sah ihn unter ihren langen Wimpern verführerisch an. Sie drehte sich auf den Bauch, sodass er ihr wohlgeformtes Hinterteil betrachten konnte. Schon spürte er ein Ziehen in den Lenden. Er machte sich nicht die Mühe, sich der Hose zu entledigen, sondern öffnete nur den Schamlatz.
Als er ihr Hinterteil grob mit beiden Händen packte und zu sich heranzog, sagte er heiser: »Du willst einen starken Wolf, dann besorge ich es dir auch wie einer!«
Anna Maria kauerte an dem kleinen vergitterten Fenster in dem Steingewölbe und starrte in die dunkle Nacht hinaus. Es war so finster, dass sie nichts erkennen konnte. Nicht ein Stern blinkte am Himmel, und selbst den riesigen Mond sah sie wegen der dichten Wolkendecke nicht.
Die junge Frau spürte die kalte Luft auf ihren Wangen, und sie wusste, dass der Winter bald hereinbrechen würde.
Verzweifelt rüttelte anna Maria an dem Gitter, doch es saß fest verankert in der dicken Steinwand.
»Die
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