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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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halbe Burg hat man zusammengeschossen, nur diesem Gitter konnte man nichts anhaben«, schimpfte sie leise. Tränen brannten in ihren augen.
    Müde und traurig lehnte sie sich zurück und dachte nach, wie sie es anstellen konnte, diesem Verließ zu entfliehen.
    ›Welche Lüge muss ich sehen, die mir hier heraushilft?‹, fragte sich anna Maria verzweifelt, doch weil sie nun mal keine Seherin war, fiel ihr beim besten Willen nichts ein.
    Wind frischte auf und ließ sie erschauern. Die junge Frau ging zurück in den Raum, der zwar eisig kalt, aber ohne Luftzug war.
    Fest in ihren Pilgerumhang gehüllt legte sie sich auf den Strohsack und versuchte zu schlafen.

    Nachdem Gerhild zufrieden eingeschlafen war, legte Johann einige Holzscheite nach und setzte sich erneut auf den Stuhl vor dem Kamin. Er sah dem Spiel der Flammen zu, das die Wände hellrot leuchten ließ.
    ›Vor nicht allzu langer Zeit war hier alles mit Holz vertäfelt‹, dachte er wehmütig. ›Damals, als Franz von Sickingen noch lebte.‹
    Der Landsknecht hatte den Ritter viele Jahre seines Lebens gekannt, und obwohl er mehr als ein Jahrzehnt jünger als von Sickingen und niederen Standes war, waren sie mit der Zeit Freunde geworden.
     
    Franz von Sickingen hatte ein beträchtliches Vermögen geerbt. Er mehrte seinen Besitz, indem er Fehden und unzählige kriegerische auseinandersetzungen mit Kirche und adel führte, was ihn als Raubritter brandmarkte. Ritterschaft und Bauern
aber verehrten ihn, weil er das geltende Recht im Reich bekämpfte, das Bauern und niederen adel benachteiligte. Dank reicher Beute nach siegreichen Feldzügen konnte von Sickingen sich eines der größten Heere im deutschen Reich leisten.
     
    Wie viele andere Landsknechte ließ auch Johann sich für das Heer anheuern. Die Gründe, warum Franz von Sickingen in den Kampf zog, waren ihm dabei einerlei – Hauptsache der Sold stimmte.
    Der Landsknecht erinnerte sich nicht mehr daran, wann zwischen ihm und dem Ritter eine Freundschaft entstanden war. Vielleicht in der Zeit, als von Sickingen um sein Eheweib Hedwig trauerte, das bei der Geburt des siebten Kindes im Wochenbett starb. Vielleicht war es auch am Lagerfeuer gewesen, als der Ritter mit dem Landsknecht über seine Pläne sprach.
    An was sich Johann jedoch genau erinnern konnte, waren die Feldzüge, die sie zusammen unternommen hatten. Gerne erinnerte er sich an das Jahr 1517, als der Ritter in den kaiserlichen Dienst eingetreten war. Stolz hatte damals Johanns Herz erfüllt, für diesen Ritter kämpfen zu dürfen.
    Seite an Seite führten sie erfolgreiche Fehden gegen Worms, Lothringen, Metz, die Landgrafschaft Hessen und die Reichsstadt Frankfurt am Main. Die Erfolge bescherten von Sickingen bedeutendes politisches Gewicht im Reich und ein beträchtliches Vermögen.
    Zwei Jahre später kämpfte Johann mit von Sickingen gegen den tyrannischen Ulrich von Württemberg, den sie wegen Landfriedensbruchs aus seinen Ländereien vertrieben. auch war der Landsknecht an von Sickingens Seite, als dieser gemeinsam mit seinem Freund, dem Ritter Georg von Frundsberg aus Schwaben, die Wahl von Karl V. zum deutschen Kaiser schützte. Dank seines Heeresaufgebots setzten von Sickingen und seine Mannen die Kurfürsten unter Druck, ihre Stimme
dem Habsburger Karl V. und nicht dem französischen König Franz I. zu geben.
    Mit Wehmut dachte Johann an die vielen Gespräche zurück, die sie beide geführt hatten – meist nachts, wenn die anderen schliefen. Sorgenvoll hatte von Sickingen ihm den Machtverlust des Ritterstandes geschildert, da neue Methoden der Kriegsführung ihre Stellung auf dem Schlachtfeld schwächten. Ohne Ruhm und Beute aus siegreichen Feldzügen drohte der Ritterstand zu verarmen und in die abhängigkeit der Landesfürsten getrieben zu werden.
    Die Machtfülle der Landesfürsten wollte von Sickingen ebenso einschränken, wie er es sich zum Ziel gesetzt hatte, die Überlegenheit der Kirche zu brechen und das deutsche Reich zu reformieren.
    Getreu der Lehre des von ihm verehrten Humanisten Ulrich von Hutten war von Sickingen der ansicht, dass kirchliche Besitztümer in weltliche Hände übergehen sollten, um die Bauern von der ausbeutung durch die Kirche zu befreien.
     
    Der Ritter schätzte Johanns Meinung – auch wenn die beiden Freunde nicht immer der gleichen ansicht waren. Johann erinnerte sich besonders an ihren Streit, als von Sickingen dem Reformator Martin Luther nach dem Reichstag zu Worms Zuflucht auf der Ebernburg

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