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Gabe des Blutes

Gabe des Blutes

Titel: Gabe des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
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hinein, um sie schützend an seinen warmen Körper zu ziehen. Er nahm ihr die goldene Kette um die Stirn ab und warf sie achtlos beiseite. Rasch löste er Paras kunstvolle Frisur. Mystique roch sauber und warm, ganz nach ihrem eigenen unverwechselbaren Duft, nur dass sich etwas von seinem Geruch daruntergemischt hatte. Sie badete in seinem Bad, schlief in seinem Bett, ergötzte sich an seinem Körper. Natürlich spiegelte sie ihn wider. Und er war wahnsinnig froh darüber. Sie war sein, und niemand konnte das ändern.
    Nachdem er ihr Haar gelöst hatte, strich er ihr sanft mit den Fingerknöcheln über die Schläfe und über die Wange und hielt inne, um mit dem Daumen über ihre blütenweichen Lippen zu fahren. Sie blickte zu ihm auf, als er sich, auf einen Ellbogen gestützt, über sie beugte.
    »Sylva«, sagte sie. »Ein einfacher Name für ein kompliziertes Leben.«
    »Was das betrifft, ziehe ich Mystique vor. Du bist noch immer ein Mysterium. Und du erinnerst dich überhaupt nicht an diese Leute? Nur Knar scheint dich zu erkennen.«
    »Knar war der Einzige, der die Frau kennt, nach der sie suchen. Er ist ein Mittelkönig. Die Yesu haben einen Hohen König und viele unbedeutende Mittelkönige, die alle dem Hof des Hohen Königs unterstehen. Jeder Mittelkönig steht einem eigenen Stamm in den Bergen vor. Und König Derrik ernennt diese Mittelkönige reihum.«
    »Ich frage mich, wie sie leben«, murmelte er, ohne irgendeine Regung zu zeigen wegen der Informationen, die sie sich ins Gedächtnis rief. Sie hatte auch über die Sánge eine Menge gewusst. Anscheinend hatten die Yesu schon seit einer ganzen Weile genaue Informationen über Jeth. Wahrscheinlich hatte sie daher ihr Wissen.
    »Es gibt Dörfer und Gemeinschaften, verborgen im Schnee, und wundervolle übereinanderliegende Höhlen in den Berghängen, wie natürliche Wohnungen. Orte wie Crystal City, die Residenz des Hohen Königs, sind riesig und wunderschön. Eine schmale, senkrecht angelegte Metropole aus steinernen Waben. Eisrutschen und Holzleitern bieten Zugang zu den verschiedenen Ebenen, und je höher man kommt, desto mehr sieht man von der Bergkette. Ich war nur einmal dort. Wir standen auf der obersten Ebene, und es war, als würde man ans Ende der Welt blicken. So weit oben sieht man nur noch Gipfel und Wolken.«
    »Das klingt, als wärst du damals noch ziemlich jung gewesen«, sagte er in leisem, unbewegtem Ton, ohne durchblicken zu lassen, dass sie ganz zweifellos eine Yesu sein musste. Er glaubte nicht, dass ihr bewusst war, was sie da preisgab, und er wollte den Erinnerungsfluss nicht unterbrechen. Doch er wollte zumindest versuchen, das Gespräch in eine bestimmte Richtung zu lenken.
    »Ich war zwölf. Weil ich in Sapra geboren bin, einem winzigen Dorf, hatte ich das Gefühl, ich wäre am Ende der Welt. Danach haben wir uns dem Atham-Stamm angeschlossen. Das ist der Stamm, von dem Knar jetzt Mittelkönig ist. Nicht so groß wie Crystal City, aber auch nicht sehr viel kleiner.«
    Reule beobachtete ihre Gefühle, während sie sprach. Immer wenn sie »wir« sagte, lag darin Zuneigung und Liebe, doch es löste auch Schmerz in ihr aus. Wenn er sie bitten würde, ausführlicher zu schildern, würde das vielleicht Gefühle auslösen, die den steten Strom ihrer Erinnerungen störten. Knar gehörte in die gleiche Kategorie. Wenn sie seinen Namen nannte, hatten die Verachtung und die Furcht, die sie empfand, wenig mit dem zu tun, was im Salon geschehen war.
    »Du hast also dort gelebt?«
    »Ja. Die Yesu wechseln nicht so oft zu einem anderen Stamm, doch meine Mutter heiratete einen Mann von den Athams. Nachdem sie gestorben waren, gab es zu viele Leute, die von mir abhängig waren, also ging ich nicht weg, als …«
    Sie hielt inne, und es war, als würde sich eine Stahlür in ihr schließen. So leicht würde er sie allerdings nicht davonkommen lassen. Er legte die Hand auf ihre Wange und blickte sie durchdringend an. »Als die Probleme anfingen?«
    »Ich … ich kann nicht …«
    »Du kannst, du willst nur nicht«, berichtigte er sie. » Kébé , es ist wichtig, dass du dich daran erinnerst. Diese Einzelheiten entscheiden über das, was heute Abend passiert.«
    »Warum? Willst du mich besser beschützen, wenn ich keine Mörderin bin, und weniger, wenn ich eine bin?«
    Sie war absichtlich gemein, stieß ihn weg, während sie ihre offene, warme und freundliche Art ablegte und hart, unnachgiebig und ängstlich wurde.
    »Eher das Gegenteil, denke ich«, sagte

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