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Gabe des Blutes

Gabe des Blutes

Titel: Gabe des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
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flüchtigen Eindruck von dem Mann auf der Mauer bekommen. Seine würdevolle Kleidung und die unübersehbar selbstsichere Haltung zeigten, dass er sich seiner Machtstellung wohl bewusst war. Ein eindrucksvoller, Respekt einflößender Mann, dachte Lothas anerkennend.
    Dann streckte der Sánge-Primus die Hand nach links aus, genau dorthin, wo Lothas’ Blickfeld endete, und die goldbehandschuhte Hand einer Frau legte sich sanft hinein. Die Frau, die er an seine Seite zog, löste ein gemeinschaftliches Stöhnen unter den fünf Yesu aus. Dass sie keine Sánge war, war an ihrer makellosen Porzellanhaut gleich zu erkennen. Lothas war von seinem Volk am weitesten herumgekommen im Auftrag von König Derrik, und auch wenn er manche Frauen einzigartig und sogar exotisch fand, gab es doch selten eine Frau außerhalb seiner eigenen Spezies, die er schön gefunden hätte. Er nahm an, dass diese Frau eine Ausnahme war, denn mit ihrer verwandten Hautfarbe hätte sie leicht eine Yesu sein können.
    Sie war klein und zart, vielleicht ein bisschen zu dünn für seinen Geschmack. Doch in ihrem hochtaillierten Kleid, das aus purem Gold zu sein schien, sah sie einfach atemberaubend aus. Es schimmerte und funkelte, als die Röcke um ihre Hüften und Fußknöchel schwangen, wobei sie eine elegante kurze Schleppe hinter sich herzog. Er bewunderte ihr raffiniert zurechtgemachtes Haar und dessen einzigartige dunkelrote Farbe. Im Haar trug sie ein schlichtes Diadem, das nur aus einer Goldkette bestand, wahrscheinlich ein Zeichen für ihre Stellung. Die Prima von Jeth. Sie sah von Kopf bis Fuß aus wie eine Königin. Die Blicke des Primus und der Prima trafen sich einen Augenblick lang und verrieten die starke Bindung und Zuneigung zwischen den beiden, dann betraten sie den Salon.
    »Du falsche, mörderische Hure!«
    Der Ausruf ließ den Augenblick in tausend schreckliche Stücke zerspringen, und als Lothas sich wutentbrannt zu Knar umwandte, sah er noch aus den Augenwinkeln, wie Primus Reule seine Frau schützend an sich zog, als hätte er diesen ungeheuerlichen Ausbruch erwartet. Lothas konnte den vorwärtsstürmenden Mittelkönig gerade noch mit dem ausgestreckten Arm gegen die Brust schlagen, als der sich auf die Prima stürzen wollte. Selbst wenn Lothas ihn nicht aufgehalten hätte, hätte Knar es nie geschafft. Wie aus dem Nichts standen auf einmal zwei kräftige Sánge zwischen ihren Anführern und den Gästen.
    »Lothas, du Idiot! Siehst du das denn nicht? Das ist sie! Und posiert auch noch als Königin! Du niederträchtige Mörderin! Du wirst büßen für das, was du getan hast!«
    »Knar! Halt den Mund!«
    Auf Lothas’ Gebrüll hin wich Knar schließlich hastig zurück. »Wie kannst du es wagen, so mit mir zu sprechen! Du bist hier auf Derriks Befehl und zu meiner Unterstützung! Das ist deine Pflicht! Du bist ausgeschickt worden, um die Mörderin meines Sohnes zur Rechenschaft zu ziehen, und da steht sie nun!«
    Knar wies mit dem Finger auf die Prima.
    Damit lenkte er Lothas’ Aufmerksamkeit auf das königliche Paar, und er sah die Entrüstung in den zu Schlitzen verengten Augen des Primus. Lothas spürte, dass die Situation außer Kontrolle zu geraten drohte, und wandte sich wütend zu Knar um.
    »Ich glaube, du solltest dir ins Gedächtnis rufen, dass wir Gäste in dieser Burg sind. Dass unsere Männer sich getrennt von uns in der Stadt aufhalten. Dass wir nur hier sind durch die Gunst dieses Mannes, der die Frau im Arm hält, die du beleidigst! Schau ihnen in die Augen, Knar«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, »und sag mir, wie lange wir wohl noch leben, wenn du so weitermachst.«
    Knar tat, wie ihm geheißen, und er schluckte, als er die geschlossene Reihe von Sánge-Kriegern vor sich sah, die noch um zwei weitere Krieger angewachsen war. Einer war der Torwächter, ein knallharter, muskulöser Kerl mit Augen so dunkel wie Ebenholz; der andere war ein schlanker, sehniger Typ, der ein tödliches Funkeln in den Augen hatte und hinter dessen schlaksiger Gestalt eine unerwartete Kraft lauerte. Lothas stieß Knar heftig zurück, und die anderen Männer fingen ihn auf, damit er nicht stürzte.
    Lothas wandte sich rasch zu seinen Gastgebern und deren Beschützern um, wobei er die Handflächen ein gutes Stück über der Taille hochhielt, an der sein Dolch steckte. »Es sieht so aus, Primus Reule, als würde hier ein Missverständnis vorliegen, oder es handelt sich um einen schrecklichen Zufall. Ich bin nicht

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