Gabe des Blutes
schwächeren Mann die Sinne geschwunden wären. Es fehlte nicht viel, und selbst er wäre schwach geworden, dachte Reule, während sein Herz wild gegen sein Brustbein schlug.
»In eurer Gesellschaft waschen Männer und Frauen sich nicht gegenseitig? Niemals?«
Gerade als er es bestätigen wollte, wurde ihm klar, dass das nicht stimmte. »Nun, manchmal, wenn ein Mann und eine Frau ein Liebespaar sind, nehmen sie gemeinsam ein Bad oder eine Dusche.«
»Und das ist nicht ungehörig?«
»Hmm … nein. Was Liebende in ihrer Privatsphäre tun, ist zulässig, sofern beide damit einverstanden sind.«
»Dann schick sie weg«, sie nickte in Richtung Para, »und wir werden ein Liebespaar. Dann musst du nicht weggehen.« Zufrieden mit ihrer Logik bedachte sie ihn mit einem selbstgefälligen Lächeln. Reule hätte sich fast verschluckt. In seinem ganzen Leben hatte er noch nie so eine ungeheuerliche Argumentation gehört.
» Kébé «, presste er hervor, »Leute werden nicht einfach Liebespaare, nur um miteinander baden zu können!«
»Ach, und warum nicht? Sie werden doch auch Liebespaare aus viel weniger praktischen Gründen, und hinterher bereuen sie es dann.« Sie dachte kurz nach und nickte schließlich. »Ich würde es nicht bereuen. Du bist sehr attraktiv, und ich weiß, dass du mich sehr begehrst.« Sie unterstrich die Bemerkung, indem sie mit der Hand flüchtig über die Wölbung in seiner Hose strich und dann kühn seine Hoden und seinen Schwanz umfasste.
»Ich denke, du wärst ein wunderbarer Partner. Du bist stark und kräftig, und als Mann recht gut ausgestattet.«
Es gab einen dumpfen Schlag, als Pariedes hinter ihnen bewusstlos zu Boden sank. Reule hatte nicht die Geistesgegenwart, sich darum zu kümmern. Er fühlte sich in die Enge getrieben, was seine Kleidung und auch seine Reaktion betraf und die ungeheure Hitze, noch viel heißer als die Quelle. Er konnte den Unterschied zwischen der ziemlich kleinen Hand und seinem großen geschwollenen Körperteil spüren, und es war ungeheuer erregend. Er hasste sich dafür, dass er so empfand, dass er es wollte, wo er doch wusste, dass es völlig falsch war. Immerhin sah er, wie ihre Augen sich weiteten, als sie eine wirkliche Vorstellung von seiner Größe bekam. Sie leckte sich langsam über die spröden Lippen, und er konnte ihre Gedanken lesen, ganz ohne Telepathie.
Sie brachte ihn um, dachte er mit einem Stöhnen.
Er war hungrig, müde und er war ein Gentleman, und doch verlangte ihn danach, alles über Bord zu werfen und ihrer verführerischen Einladung nachzugeben.
» Kébé «, keuchte er, während er sie am Handgelenk packte, »du hast zu viel durchgemacht, um im Moment eine solche Entscheidung zu treffen. Vor allem wenn du dich nicht erinnern kannst, ob …« Ob sie bereits einen Liebhaber hatte? Ob sie vergewaltigt worden war? Ob …?
»Abgesehen davon«, rief er ihnen beiden auf grausame Weise in Erinnerung, während er ihre Hand um seinen Nacken legte, »würdest du nicht meine Geliebte sein wollen. Ich bin ein Sánge. Andere Spezies nehmen keine Sánge als Geliebten. Ich weiß zwar nicht, wo du hingehörst, doch du bist auf jeden Fall eine andere Gattung.«
»Warum nicht?«, fragte sie leise und mit tief gerunzelter Stirn. »Was ist falsch daran, einen Sánge als Geliebten zu nehmen?«
Reule verkrampfte sich sofort. Sie weiß es nicht . Deshalb war sie so freundlich und unbefangen gewesen. Natürlich wusste sie es nicht. Wenn sie es gewusst hätte, hätte sie mit Ablehnung reagiert, genau wie die anderen. Er war dumm gewesen, etwas anderes zu denken oder zu erwarten. Doch wie erklärte sich, was sie bei ihrem ersten Zusammentreffen gesagt hatte. Ein Erinnerungsfetzen? Aus einem Albtraum? Ein fiebriger Schnipsel einer Schreckensgeschichte der Sánge?
»Das willst du lieber nicht wissen«, sagte er schneidend, und sein Tonfall war äußerst barsch, während er aufstand und aus dem Wasser stieg.
»Doch, das will ich! Erzähl es mir bitte«, bettelte sie, während sie sich so fest an ihn klammerte, wie sie nur konnte.
Er sollte es ihr erzählen? Konnte er es ihr erzählen? Unmöglich. Im Augenblick war er der einzige Halt, den sie hatte in einer Welt, die durch Angst entzweit war. Wenn er ihr Vertrauen enttäuschte, wen hätte sie dann noch?
Und wie sollte er ihr verständlich machen, dass es kein schrecklicher, gotteslästerlicher Akt war, wie andere Kulturen dachten, das Blut des geliebten Partners zu trinken? Wie sollte er den Moment kurz
Weitere Kostenlose Bücher