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Gabe des Blutes

Gabe des Blutes

Titel: Gabe des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
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ihrer Augen los und betrachtete ihr Gesicht. Es hatte eine Form wie ein Herz. Sanft geschwungene Lippen, rissig von Durst und sonstigem Mangel, die einen verführerischen Schmollmund bildeten, und sie hatte eine schmale Nase, die an der Spitze ganz leicht nach oben gebogen war. Sie hatte Prellungen an beiden Wangen, ein paar davon älter und gelblich, und ein paar frischer, doch sie konnten die hübsche Form ihrer Wangenknochen nicht verbergen, und ihre Haut schien makellos zu sein, wenn sie nicht verletzt war. Sie war noch jugendlich, doch eindeutig eine Frau; unglaublich hübsch, doch übel zugerichtet. Sie blickte ihn aus ihren diamantenen Augen ein paar Herzschläge lang völlig verwirrt an.
    Auf einmal, als ginge in einem dunklen Raum ein Licht an, hellte irgendeine Art von Wiedererkennen ihre Züge auf, und sie lächelte so breit, dass ihre zarten Lippen aufsprangen und wieder zu bluten begannen. Sie hob die Hände aus dem Wasser und legte sie um sein Gesicht, und er zuckte überrascht zusammen, als ihre Handflächen über seinen Dreitagebart strichen und ihre Finger sich auf seine Ohren legten.
    »Sánge« flüsterte sie, und es klang so begeistert, wie er es noch nie jemanden hatte sagen hören. Es nahm ihm den Atem, auch wenn er sich sagte, dass es sich um einen Irrtum handelte, dass sie irgendwie unter Schock stand.
    »Ja, Sánge«, bestätigte er und räusperte sich. »Was, und wichtiger noch, wer bist du, kleine Kébé ?«, fragte er so sanft wie möglich, aus Angst, dass ein rauer Kerl von seiner Größe sie trotz ihrer seltsamen Begeisterung erschrecken könnte. Schließlich war nicht klar, was man ihr angetan hatte. Und dann auf einmal nackt in den Armen eines Fremden zu erwachen …
    Sie beantwortete seine Frage nicht. Sie betrachtete nur fasziniert sein Gesicht. Mit den Fingern strich sie ganz sanft über seine Züge, was elektrische Impulse direkt zu seinem Rückgrat schickte. Reule würde sich ihr gegenüber keine Respektlosigkeit erlauben, weshalb er eine Hand auf die ihre legte und sie leicht drückte. Da er sie mit dem anderen Arm stützen musste, hatte sie eine Hand frei und vergrub sie sofort in seinem vollen Haar. Er hätte sie mit einer Hand an beiden Handgelenken packen können, doch er fürchtete, sie mit einem solchen Verhalten zu beunruhigen.
    Sie bewegte sich in seinem Schoß, streckte sich, bis sie spürte, wie die Spitzen ihrer Brustwarzen sich an seinem Brusthaar rieben. Die sexuelle Erregung, die mit dieser Empfindung einherging, war so groß, als würde er mit Benzin übergossen und in Flammen gesetzt. Er sog scharf die Luft ein, während seine Hand unabsichtlich an ihrem Rückgrat hinabglitt. Sie war so nah, dass ihre Nasen sich berührten. Ihre Finger streichelten flüchtig sein Gesicht, sein Haar, seinen Hals; sie benahm sich wie ein Kind, das ein großartiges Geschenk ausgepackt hatte. Ihre Augen verschlangen ihn, als wäre er ein besonderes Zuckerwerk, das sie begierig in den Mund nehmen wollte.
    Er stöhnte auf bei der Vorstellung, während ihm der Schweiß über den Nacken lief und seine enge Hose schrecklich unbequem wurde. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sie direkt auf ihm saß und ihr der Zustand seines Körpers wahrscheinlich nicht verborgen blieb.
    »Schhh …« Diesmal war sie es, die ihn beruhigte, indem sie ihn ganz sanft mit den Fingerspitzen streichelte, während sie leise sagte: »Dein Verstand kämpft so heftig, Sánge. Wo ist dein Frieden?«
    Reule zuckte erschrocken zurück. Er schaute sie mit versteinertem, misstrauischem Blick an und musste sogar den Impuls unterdrücken, sie von seinem Schoß zu stoßen. Womöglich war er verwirrt und ein wenig unachtsam, doch sie hatte gesprochen, als wüsste sie, was in seinem Verstand vor sich ging. Niemand überschritt seine mentalen Grenzen ohne seine Erlaubnis.
    Doch genauso unvermittelt versuchte Reule seinen Zorn zu zügeln. Sie konnte unmöglich dazu in der Lage sein. Vielleicht … ja, vielleicht hatte er sich unabsichtlich seinen emotionalen Aufruhr anmerken lassen. Es wäre nicht das erste und unglücklicherweise wohl auch nicht das letzte Mal. Doch die Art und Weise, wie sie den Satz formuliert hatte … es war so, wie ein Telepath oder Empath es formulieren würde. Reule packte sie bei den Schultern und schüttelte sie ein wenig, während er streng in diese seltsamen Augen blickte.
    »Wer bist du?«, fragte er eindringlich.
    »Niemand, der dir etwas tun will«, antwortete sie und wand sich.
    Reue und

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