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Gabriel - Duell der Engel

Gabriel - Duell der Engel

Titel: Gabriel - Duell der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaja Bergmann
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automatisch, denn genau genommen hatte ich gar keine geographischen Kenntnisse. Nicht mal kümmerliche.
    Egal, jetzt war ich ja wieder da, saß gelangweilt auf meinem hässlichen Lieblingswolkenkratzer und fragte mich, ob ich vielleicht noch ein bisschen schlafen sollte. Ich sehnte mich nach Träumen, doch ich hatte schon lange keine mehr gehabt, zumindest nicht bewusst. Sie ließen sich ja leider – oder zum Glück? – nicht kontrollieren.
    Gerade als ich mich entschieden hatte, den kläglichen Rest der Nacht mal wieder meinen Traumversuchen zu widmen, sah ich ihn. Den Schatten. Er war weit entfernt, und doch schien er recht groß zu sein. Und schnell. So schnell, dass ich ihn nicht richtig erkennen konnte. Schnell und schwarz. Wie die Nacht selbst. Ziemlich gut getarnt. Mist.
    Ich sprang vom Dach direkt in die Luft und jagte auf ihn zu. Kam an die Stelle, an der ich ihn vorher gesehen hatte. Er war fort. Ich fuhr herum, kniff die Augen zusammen, ließ konzentriert meinen Blick schweifen. Weiter hinten verdunkelten sich kurz die Sterne. Nur für den Bruchteil einer Sekunde. Irgendwie geschah in letzter Zeit viel, das nur den Bruchteil einer Sekunde lang dauerte. Ich sah eine Bewegung, aber keinen klar definierten Körper mehr. Scheiße, wie war er so schnell dahin gekommen? Was war das überhaupt? Irgendwie fühlte ich mich unwohl, ein flaues Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit und mein Herz drückte sich mit hochgezogenen Schultern gegen meine Rippen.
    Ich sah mich noch mal um, doch alles war ruhig. Alles leer. Alles dunkel. Bis auf die Sterne.
    Trotzdem fühlte ich mich beobachtet, allein im weiten Himmel, mitten auf dem Präsentierteller. Scheiße.
    Ich legte die Flügel an und jagte in mein Zimmer zurück, stürzte durchs Fenster, verschloss es schnell und fest, ließ den Rollladen runtersausen, stieß unsanft meinen CD-Ständer um, fühlte den darauffolgenden Schmerz in meinem Schienbein, warf mich aufs Bett, zog die Decke bis zur Nase und starrte mit pochendem Herzen auf das Chaos auf meinem Teppich.
    Während ich mich fragte, wie sich Reflexion wohl neben Mozart fühlte, meinte ich ein leises, verächtliches Lachen zu hören. Von draußen. Oder von innen? Die Grenzen waren in den letzten Tagen zu stark verschwommen. Mein Blut gefror, meine Adern waren nichts als kalte, glatte Eisbahnen. Adrenalin wollte Bob fahren ausprobieren. Ich stellte ein Schild mit der Aufschrift »Wegen Renovierungsarbeiten geschlossen« vor meine Venen, zog die Decke ganz über den Kopf und konzentrierte mich darauf, ruhig zu atmen.
    Konzentrierte mich auf den kindlichen Irrglauben, dass mein Bett eine sichere Feste war. Uneinnehmbar. Unzerstörbar. Hier war ich geborgen. Niemand konnte meine Bettdecke durchdringen. Ignorierte die Tatsache, dass sie weich und dünn war. Verdrängte das Bild aus dem Herrn der Ringe , das sich hartnäckig versuchte in meinen Kopf zu schleichen und die Gedanken zu beherrschen: Die Nazgûl, wie sie im Tänzelnden Pony nachts schlafende Gäste in ihren Betten erstachen. Scheiße, da war es schon! Ich presste die Hände auf die Ohren, krümmte mich noch mehr in meine Embryonalhaltung und summte psychopatisch vor mich hin. Baby, did you forget to take your meds?
    So lag ich da, zusammengekrümmt und kurz vorm Ersticken, als mein Wecker endlich klingelte. Halb sieben. Ein neuer Tag. Er konnte mir gestohlen bleiben!

22. Mai 2012, 07:20 Uhr
    Â 
    Â»Mann, siehst irgendwie müde aus.«
    Was hatte ich nur für ein Glück! Zwei Tage Mathe hintereinander, und dann auch noch im selben Raum, soll heißen: neben Seraphin. Zwei Mal die Woche. Und dienstags in den ersten beiden Stunden. Mein Leben ist perfekt!
    Â»Ja, Seraphin, hab wohl etwas wenig geschlafen.«
    Â»Oh. Wenigstens gut geträumt?«
    Ich sah ihn misstrauisch an. »Nein, keine Träume.«
    Â»Schade!« Er grinste. »Ich träume immer gerne!«
    Ich wünschte ihm den grässlichsten Albtraum auf den Hals, den ich mir vorstellen konnte. Irgendwas mit Clowns, Spritzen und Zahnärzten. Und Bildern. Ekelerregenden Bildern.
    Â»Bist aber nich grad gesprächig, was?«, fing er nach einer kurzen Weile wieder an.
    Â»Nein.«
    Â»Schade. Eher der ruhige Typ, was?«
    Â»Kann schon sein.«
    Â»So ’n realitätsferner Träumer. Wahrscheinlich schreibste in deiner Freizeit Gedichte drüber, wie

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