Gabriel - Duell der Engel
Sonja weiter. Wenn sie einmal etwas wissen wollte, lieà sie einfach nicht locker.
»Ãh, ja. So viel wie heute hab ich seit bestimmt fünf Jahren nicht mehr in Mathe verstanden. Er hat mir wirklich geholfen.« Und das war tatsächlich die ganze, volle, unzensierte Wahrheit. Leider. Denn irgendwie hatte ich jetzt das Gefühl, ihm etwas schuldig zu sein.
»Wow, das war aber echt nett von ihm. Vor allem, weil der Udoriwitsch am Ende aussah, als wolle er ihn fressen. Mein Gott, hoffentlich lebt Seraphin überhaupt noch!« Ihr gespieltes Entsetzen brachte mich zum Lachen.
»Na ja. Aber versteht ihr euch denn jetzt ein bisschen besser?« Sonjas Tonfall war ernst geworden. Und ein bisschen vorsichtig.
»Ãh, ich weià nicht.« Schon wieder die Wahrheit. Klappte gut heute. »Ich glaube, ich muss ihn noch ein bisschen besser kennenlernen. Aber er scheint gar nicht so übel zu sein. Irgendwie.«
Sonjas Lächeln war erfüllt von purer Erleichterung. Sie beugte sich zu mir rüber und küsste mich.
Sie hatte recht gehabt: Ihr Zitroneneis schmeckte heute besser denn je.
Notizen
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Sonnet
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I see the moon that shines still pale on me
The night is cold and why, I think of thee
Rough winds blow sadly thoughts into my mind
I search my hope, that I could hope to find.
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It was one year ago, when though asked me
If I did know how cruel was life for thee.
I answered "Noâ and I thought in my dream
"Though show me death, but I canât hear thy scream.â
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The sky is bright, and though the stars are dark
I miss their glow, I miss to see them spark
I lift my arms and I begin to fly
Iâm searching thee, not really knowing, why.
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Thou died one year ago, the second of May
My time was later; I died yesterday.
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⦠Oh Shakespeare, bitte verzeih mir mein Englisch!
22. Mai 2012, 04:11 Uhr
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Der Wind pfiff leise vor sich hin. Klang fast wie Requiem for a Dream . Irgendwie unheilvoll. AuÃerdem zerrte er dabei ziemlich nervtötend an meinem Hemd.
Seufzend lieà ich mich auf der Seebrücke unter mir nieder. Ich war irgendwo am Meer. Wahrscheinlich die Nordsee. Vielleicht auch nicht. Egal, ich würde schon zurückfinden. Bei solch starkem Wind zu fliegen, war verdammt anstrengend.
Müde lieà ich die Beine baumeln. Starrte hinab auf die schwarzen Wellen. Spürte ihre Kälte zu mir aufsteigen. Und stürzte mich hinein.
Die Kälte war schneller als ich gedacht hatte. Sie fuhr mir sofort in alle Glieder, lähmte meine Gedanken. Ich suchte nach meinem Herzen, doch fand ich nur einen Eisklumpen. ScheiÃe.
Keine Ahnung, wieso ich das getan hatte. Glaube, ich wollte einfach nur wissen, ob ich noch fühlen konnte. Hin und wieder muss man das testen, denke ich. Nun gut, Fazit für heute: Ich konnte die Kälte spüren, mein Gott, wie ich sie spüren konnte. Jetzt war es aber genug.
Schnell legte ich meine Flügel an und schoss senkrecht aus dem eisigen Wasser. Für einen Moment überfiel mich die Angst, eine Lungenentzündung zu bekommen, bevor mir wieder einfiel, dass dies ziemlich sicher nicht geschehen würde. Seit zwei Jahren war ich nicht mehr richtig krank gewesen. Keine Erkältung, keine Grippe, nichts. Eigentlich merkwürdig, wenn man bedenkt, dass ich ganze Nächte lang sinnlos durch hohe, kalte Lüfte flog. Wahrscheinlich regenerierte sich mein Körper zu schnell. Egal, mir sollte es recht sein!
Mein Hemd war trocken gewesen, sobald ich aus dem Wasser geschossen war. Irgendwie konnte es wohl kein Wasser aufnehmen. Ich trug es immer, wenn ich flog, es kam automatisch mit den Flügeln. Im einen Moment stand ich noch mit T-Shirt und Hose auf dem Dach, im nächsten schwebte ich mit Hemd und Flügeln durch die Lüfte. Keine Ãbergangsphase. Ich hoffe, du bist jetzt nicht allzu enttäuscht.
Trotz der vielen Strapazen, die das Hemd schon hatte aushalten müssen, war es noch immer sauber wie am ersten Tag. Wahrscheinlich konnte es auch keinen Schmutz aufnehmen. Wow, mit dem Kleidungsstück könnte ich die beste Waschmittelwerbung der Welt drehen. Wenn meine normalen T-Shirts doch auch so wären!
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Frankfurt war wirklich verdammt hässlich. Von oben fiel das besonders auf. Im Vergleich zum Meer erst recht.
Ich hatte irgendwie zurückgefunden, halb automatisch, halb durch meine kümmerlichen geographischen Kenntnisse. Na ja, wohl eher
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