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Gabriel

Gabriel

Titel: Gabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Killough-Walden
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Kindern zu helfen. Unter den Kanten und Ecken des schwarzgekleideten Mannes schien sich ein weiches Herz zu verbergen. Und sie hatte ihn völlig falsch beurteilt. Sie – einen Erzengel.
    »Was noch?«, fragte sie abrupt.
    Dougal hob die Brauen. Anscheinend verstand er nicht, was sie meinte, und sie räusperte sich. »Welche Projekte finanziert er sonst noch?«
    Seine Lider verengten sich. Stocksteif saß er da. »Er hat ein paar alte Katen auf Harris und Lewis renovieren lassen.«
    Auf der Fahrt von Stornoway nach Luskentyre hatte sie einige Torfmoore gesehen. Über die wusste sie Bescheid, denn sie hatte ihre Hausaufgaben gemacht. Die kurvenreichen Ränder der Moore prägten die Landschaft auf den Äußeren Hebriden. Für Teile Schottlands waren sie typisch. Seit Jahrhunderten verdankte ihnen die Bevölkerung der Äußeren Hebriden ihren Lebensunterhalt. Aber Torfgewinnung und Schafzucht bedeuteten für die Einheimischen kein leichtes Leben. Die jüngeren Generationen bevorzugten Jobs in Glasgow. Und so verfielen die kleinen Häuser, die Grundstücke wurden verkauft oder nicht mehr genutzt – heruntergekommene Überbleibsel einer alten Tradition.
    Das versuchte Gabriel Black zu ändern, einen Teil der Geschichte zu bewahren, ein Stück schottische Lebensart zu retten. In diesem Moment schmolz Juliettes Herz ein bisschen. Sie liebte Schottland, fühlte sich seinen Bewohnern eng verbunden. Und Gabriel nutzte seine Fähigkeiten, um den Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen und etwas zu erhalten, was vom schottischen Erbe noch übrig war. Was die Seele dieses Mannes erfüllte, erkannte sie erst jetzt.
    Angus Dougal stand auf, trug seine Teetasse in die Küche und spülte sie. Dann stellte er sie neben das Becken. An dessen Rand gelehnt, drehte er sich zu Juliette um. Zweifellos war er attraktiv, und sie entsann sich, was Lilith über ihn gesagt hatte. Nicht nur, um das Thema Gabriel Black fallen zu lassen, auch aus echter Neugier bemerkte sie: »Man hat mir erzählt, Sie seien im Moment ungebunden, Sir. Stimmt das?«
    Da zog er die Brauen hoch und erstarrte. Offenbar war er nicht sicher, ob er antworten sollte, aber schließlich wich er ihrem Blick aus und nickte. »Ja.«
    »Haben Sie mit ihr Schluss gemacht? Oder war’s ihre Idee?«
    Diesmal dauerte es länger, bis er antwortete. Wahrscheinlich überlegte er, wie viel Juliette über ihn gehört hatte. Und von wem. »Sie hat mich verlassen.« Obwohl er sehr leise sprach, entging ihr der schmerzliche Unterton in seiner Stimme nicht. Und sie spürte auch, dass er seinen Kummer zu verhehlen suchte.
    Nach einer respektvollen Pause fragte sie: »Was ist passiert?« Damit überschritt sie eine Grenze. Das wusste sie. Doch es störte sie nicht und ihn erstaunlicherweise ebenso wenig. Jetzt schaute er sie sogar wieder an.
    »Sie hätte gern Kinder gehabt. Aber sie kann keine bekommen.«
    Verständnislos runzelte Juliette die Stirn. Das ergab keinen Sinn. Warum verließ eine Frau einen Mann, wenn sie unfruchtbar war?
    »Mir war’s egal.« Anscheinend sah er ihr die Verwirrung an und wollte die Situation erklären. »Aber sie glaubte, es würde mir was ausmachen und ich könnte mit ihr nicht glücklich werden.«
    Nun zählte Juliette zwei und zwei zusammen. »Also lief sie davon.«
    Angus nickte. Nach einem langen Schweigen richtete er sich auf. »Sie sind eine nette junge Frau, Juliette. Und so vertrauensselig. Deshalb sorge ich mich.« Er ging zur Garderobe und schlüpfte in seine Jacke.
    Gewiss konnte er sich auf den Äußeren Hebriden eine Frau unter seinen Bewunderinnen aussuchen. Da er immer noch ungebunden war, musste ihm seine einstige Freundin sehr viel bedeutet haben.
    Er wandte sich wieder zu Juliette. »Lassen Sie sich warnen. Auf unseren Inseln hat Black zahllose Frauen verführt, ohne an irgendwelche Konsequenzen zu denken.« Langsam schüttelte er den Kopf. »Diesem Mann traue ich nicht über den Weg. Und Sie sollten’s auch nicht tun.« Als er an ihr vorbeiging, wehte ihr ein Hauch seines Aftershaves in die Nase. »Guten Tag, Miss Anderson.« Bevor er die Terrassentür öffnete, wurde er wieder förmlich. Dann warf er einen letzten Blick über seine Schulter. »Bitte, seien Sie vorsichtig.« Leise schloss er die Tür hinter sich.
    Durch die gläserne Schiebetür beobachtete Juliette, wie er um die Ecke des Cottages bog und aus ihrem Blickfeld verschwand.
    Dann lehnte sie sich an die Wand und schloss die Augen. »Was soll ich tun?«, flüsterte sie.

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