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Gabriel

Gabriel

Titel: Gabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Killough-Walden
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Steinkorridor betrat, der nach oben führte, drehte er sich zu Azrael um. Ausdruckslos erwiderte der Vampir seinen Blick.
    »Danke, Az.«
    »War mir ein Vergnügen. Vielleicht sollte ich dich aber noch auf etwas hinweisen.« Angespannt erwartete Gabe das Schlimmste. »Sam lässt alle seine Verführungskünste spielen.«
    »Was heißt das?«, stieß Gabriel hervor.
    »Sie hasst ihn ja nicht. Übrigens, im Moment ist sie nicht allein. Lilith leistet ihr Gesellschaft.«
    Lilith? Bei Juliette? Gabe runzelte die Stirn. Warum?
    Anscheinend las Azrael diese Gedanken. Geschmeidig, wie es nur ein Vampir vermochte, sprang er auf das steinerne Podest, das ihm als Lager diente. »Obwohl Lilith für Samael arbeitet, ist ihre Loyalität sonderbar geartet.« Er legte sich hin und schloss die Augen. »Wer weiß schon, was sie tut und warum sie es tut? Meiner Ansicht nach möchte sie Juliette nicht allein lassen, solange sich die Adarianer in der Nähe deines Sternenengels herumtreiben.«
    Gabriel fühlte sich hin- und hergerissen. Wie alle Erzengel mochte er Lilith, und jeder wusste, dass Max sie seit mindestens tausend verdammten Jahren liebte. Gabe war dankbar, dass sie Juliette schützte. Aber was bedeutete das für ihn? Was sollte er nun tun?
    »Da gibt’s immer noch die altmodische Tour.« Ohne die Lider zu heben, verzog Az seine Mundwinkel zu einem Lächeln. »Du könntest einiges wiedergutmachen und Juliette umwerben«, fügte er hinzu, bevor das Lächeln zu einem Grinsen wurde und seine Reißzähne im Flammenschein funkelten.
    »Wenn das etwas nützt, nach allem, was ich ihr zugemutet habe …«
    »Frauen sind erstaunliche Geschöpfe.« Nun erlosch das Lächeln, und Azraels Züge entspannten sich. Bald würde er einschlafen. »Glaub mir, Juliette wird dich verblüffen.«
     
    Noch nie hatte Juliette Dienstage gemocht. Nach ihrer Meinung waren sie sogar schlimmer als Montage. Die waren widerlich, weil man mit all dem Unsinn bombardiert wurde, den sich die Leute am Wochenende ausgedacht hatten. Und der Dienstag war brutal, weil man vom Montag müde war und noch vier lange Tage vor sich hatte und erledigen musste, was man montags versäumt hatte.
    Aber dieser Dienstag war anders. Weder hektisch noch grausam, sondern surreal. Und falls, wie der Montag andeutete, die restliche Woche ebenso verlaufen würde, würde sie sich betrinken müssen. Oder Klebstoff schnüffeln.
    »Okay«, begann sie und faltete ihre Hände im Schoß. »Mal sehen, ob ich das kapiert habe.«
    Lily – oder ›Lilith‹, wie sie sich nannte – saß ihr im Wohnzimmer des Cottages gegenüber. Vier Stunden lang hatte sie ihr die Wahrheit über Samuel Lambent, auch als Samael bekannt, und seine tückischen Verträge erzählt. Außerdem hatte sie Juliettes Kenntnisse über die anderen Erzengel und die Adarianer vertieft. Bisher war fast alles, von den Neuigkeiten über Samael abgesehen, eine Wiederholung der Fakten gewesen, die Gabriel und seine Brüder erläutert hatten.
    »Also, der Alte Mann erschuf mich für Gabriel und schickte mich auf die Erde, um mich zu schützen. Und das ist vor zweitausend Jahren passiert?«
    Lilith nickte, hob ihre Teetasse an die Lippen und nahm einen Schluck.
    Verwirrt runzelte Juliette die Stirn. »Wo war ich in diesen zwei Jahrtausenden?«
    Den Kopf leicht schräg gelegt, stellte Lilith die Tasse auf die Untertasse. Aufmerksam musterte sie Juliette, die nicht zum ersten Mal über die uralten Augen in dem jungen Gesicht staunte. »Eine sehr gute Frage.«
    »Was meinen Sie?«
    »Nun …« Achselzuckend schaute Lilith durch die Glastür auf das türkisblaue Meer. »Was glauben Sie, wo Sie waren?«
    »Nirgendwo«, erwiderte Juliette, ohne nachzudenken. Auf diese seltsame Frage gab es keine Antwort.
    Lilith zog sie wieder in den Bann ihrer dunklen Augen. »Sind Sie sicher?«
    Ein paar Mal blinzelte Juliette. Dann wich sie dem durchdringenden Blick aus. Hastig führte sie ihre Teetasse an die Lippen. Wenn sie ehrlich war, glaubte sie nicht, sie wäre nirgendwo gewesen. Seit Jahren wurde sie von Träumen verfolgt, die ihr verfallene Schlösser zeigten hinter transparenten Bildern ihres einstigen Glanzes. Auch von uralten und zugleich noch jungen Friedhöfen hatte sie geträumt. Von asphaltierten Straßen, deren Kopfsteinpflaster sie noch sah.
    Immer wieder hatte sie überlegt, was diese Träume bedeuteten, warum ihr alte Fotos oder Gemälde, die sie in Büchern entdeckte, so vertraut erschienen. Deshalb hatte sie sich in der Schule auf

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