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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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einen braunen Klumpen. Sie versicherte M’bale in einem Ton, der mir recht gekünstelt vorkam, dass sie diese Leckerei mit mir teilen und damit das Mahl beschließen würde. Ich schloss mich dem an – nach einem Blick auf das graue Paket Gedärme in der gepanzerten Schüssel. M’bale ließ sich als guter Gastgeber nur schwer von unserer höflichen Zurückhaltung überzeugen, akzeptierte aber schließlich mit einem seufzenden Kopfschütteln.
    Ich aß meine halbe Leber so schnell wie möglich. Zwanzig Sekunden später hätte ich keinen Bissen mehr herunterbekommen, als M’bale nämlich nach dem Verzehr der anderen Innereien die langen Därme zwischen zwei Fingern ausstrich und sie sich schlürfend einverleibte. Ich konzentrierte mich auf tief liegende innere Räume in meinem Gehirn, wo ich vielleicht auf Ablenkung stoßen könnte. Dazu dachte ich einfach konzentriert an Sex. An Sex mit einer von mir total begeisterten Frau. Es war nicht Felicité. Auch nicht Lea. Jedenfalls erfüllte es seinen Zweck. Über uns meldeten sich die Vögel, und der Hintergrundchor der Frösche, die zur Abendeinstimmung wieder zugelegt hatten, klang vom Sumpf herüber. So stand ich es durch. Zum Abschluss durfte der Hund den leeren Panzer auslecken. Ich gönnte es ihm von Herzen.
    Nach dem Essen bauten wir mit M’bales Hilfe eine neue Hütte. Er hatte uns vorgeschlagen, am nächsten Morgen aufzubrechen und mit ihm zu seinen Leuten zu marschieren. Mit seiner Hilfe ging der Hausbau wesentlich rascher vonstatten. Seine kaputte Machete war ihr Gewicht in Gold wert. Unser Messer nahm er für einen Moment in die Hand, sah es sich an und lachte. Schüttelte den Kopf und gab es mir zurück.
    Während M’bale ein Stück entfernt Stangen fällte, überprüften wir den Inhalt unserer Tasche, die er neben das Gewehr gelegt hatte. Nichts fehlte. Der Beutel mit den Diamanten schien unangetastet, sie waren jedenfalls noch darin. Der Affenschädel auf dem kleinen Altar sah uns beim Sortieren zu, starrte grinsend herüber, als wüsste er über alles Bescheid, was uns noch bevorstand. Nachdem er ein paar Stunden in der prallen Sonne gelegen hatte, stank er weniger, die Hitze hatte das modernde Gewebe in feste braune Placken verwandelt, trotzdem kletterte eine Menge Ameisen darauf herum, hauptsächlich die roten interessierten sich dafür. Im Moment sah er deshalb so aus, als habe er bewegliche rote Haare bekommen. Ich ging hinüber, klopfte die Ameisen mit einem Stock herunter und wickelte den Schädel wieder in die zerfetzte Plastiktüte ein.
    Felicité sah mir dabei zu, die Fäuste in die Hüften gestemmt.
    »Das ist er, oder?«, sagte sie überflüssigerweise.
    Ich kommentierte ihre Frage nicht.
    »Du hast ihn mitgenommen«, sagte sie.
    Auch diese Feststellung bedurfte eigentlich keiner Bemerkung von mir, aber schließlich war es Felicité gewesen, die mir den Rat gegeben hatte, das Ding bei mir zu behalten.
    »Ich habe gemacht, was du gesagt hast«, sagte ich also zu ihr. »Es war ja wohl ernst gemeint, oder?«
    Sie nickte, sah mich an. »Ja«, sagte sie. »Ja, es war ernst gemeint.«
    Dann kam M’bale und brachte die geschlagenen Stangen. Er steckte sie in einen Kreis und band ihre Spitzen oben mit Ranken zusammen. Die Bedeckung für unsere Hütte fertigte er aus speziellen Blättern an, die er von irgendwoher holte. Er kannte einen Trick, die Blätter mit Ranken und schmalen Streifen einer anderen Blattsorte ineinanderzuflechten, um ihnen mehr Stabilität zu verleihen. Während wir ihm zusahen, wie er eilfertig hin- und herlief, war er immer mal wieder weg, als habe ihn der Erdboden verschluckt. Er schien die Fähigkeit zu besitzen, ohne Verzögerung durch das Unterholz schlüpfen zu können, und er kam immer mit etwas Brauchbarem wieder. Er wusste, was man wo zu suchen hatte. Außerdem war er eben ziemlich klein. Günstig für einen Urwaldbewohner, wie ich bereits wusste.
    Als die Nacht kam, legten wir das restliche Holz aufs Feuer. Saßen davor und hörten M’bale zu. Er erzählte gern und am liebsten vom Essen, schwärmte für Schweinefleisch: Porc. Sein Gesicht, die kupferfarbene Haut mit den kräftigen Knochen darunter und die genüsslich vorgestülpten Lippen, dazu die beschwörend aufeinandergelegten drei Finger, das internationale Zeichen für Hochgenuss: Porc. Besser als Elefant oder Büffel. Aber leider gefährlich. Wieso gefährlich? M’bale sagte ein unverständliches Wort, wir fragten nach. Er gestikulierte, schlug die Faust in die

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