Gabun - Roman
wir sie verstecken. Und an wen wir sie verkaufen.«
»Es genügt ja schon einer. Wenn wir einen loswerden können, haben wir genug Geld, um weiterzukommen.«
»Einer ist auch schon zu gefährlich. Wo willst du damit hingehen? In die nächste Tankstelle? Wo einer ist, sind noch mehr. Das wird sich auch der Dümmste denken können.«
Sie hatte recht. In meiner Hosentasche befand sich noch immer der Diamant, den De Vries mir geschenkt hatte. Der allein wäre Grund genug gewesen, mich umzubringen. Für einen von den Typen, von denen M’bale gesprochen hatte, den Leuten aus dem Norden oder Osten.
Abgesehen von einem kleinen Vermögen in Diamanten besaßen wir nur vier Euro in Münzen. Nichts sonst, was man unauffällig zu Geld machen konnte. Auch nicht De Vries’ Gewehr. Das konnte man niemandem verkaufen, man würde es uns genauso wegnehmen wie die Diamanten.
»Wir schlucken sie runter«, sagte ich plötzlich.
Vielleicht hatten mich die seltsamen Mahlzeiten, die ich an unserem vor sich hin rauchenden Feuer schon genossen hatte, auf diesen Gedanken gebracht, das Überwinden von Würgereflexen.
»Im Ernst«, bekräftigte ich. »Das ist der einzige Weg, sie unauffällig zu transportieren.«
Felicité antwortete nicht. Sie bohrte ihren Stock ins Feuer. Ich sah zu ihr hinüber. Sie erwiderte meinen Blick und wiegte den Kopf hin und her.
»Nicht übel.« Sie nickte ein paarmal prüfend, als sortierte sie die Möglichkeiten, die sich aus der Idee ergaben. »Es darf nur keiner auf die Idee kommen, dass wir sie im Bauch haben«, sagte sie dann und hob die Brauen einen halben Zentimeter an. Mir fiel der Bauchschnitt ein, den M’bale gestern dem Affen verpasst hatte, ehe er ihn ausgeweidet hatte.
»Denkst du, M’bale weiß von den Diamanten?«
Felicité schüttelte den Kopf. »Wenn ja, wird er nicht darüber reden. Sie sind genauso gefährlich für ihn wie für uns. Man würde jede Hütte bei ihm umdrehen, wenn man glaubte, dass dort Diamanten wären. Nein«, schloss sie, »ich glaube, wenn er den Beutel aufgemacht und hineingesehen hätte, hätte er uns zu seiner eigenen Sicherheit lieber im Wald zugrunde gehen lassen.«
»Wieso hat er uns überhaupt geholfen?«
Felicité zuckte die Achseln. »Vielleicht war er neugierig auf uns. Oder es war dein Fetisch, den er gefunden hat. Möglich, dass er sich dadurch gezwungen sah, uns zu helfen.« Sie hatte die Glut zu einem Häufchen zusammengeschoben und warf den Stock ins Feuer. »Ich weiß nicht viel über die Kulte der Pygmäen. Vielleicht ist er auch einfach nur ein netter Kerl?«
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass M’bale mit ein paar Bösewichten zurückkäme, um uns und die Diamanten für ein Kopfgeld auszuliefern.
»Ich glaube schon, dass er das ist«, sagte ich.
Unsere Einschätzung bewahrheitete sich am nächsten Morgen. Nachdem wir sehr hungrig aufgewacht waren und feststellen mussten, dass unser Feuer ausgegangen war, und nachdem Felicités Feuerzeug noch immer nicht funktionierte – warum sollte es auch? –, erschien M’bale. Das heißt, der Hund tauchte aus dem Gebüsch auf, geführt von seiner vorgestreckten Nase. Hinter ihm M’bale in seinem flinken Urwaldtrott, er lachte zur Begrüßung. Und brachte Frühstück in einem Tragebeutel mit. Frühstück in Form von Dörrfleischstreifen und einem kleinen Stapel lappigem Fladenbrot. Wir waren begeistert und verschlangen sofort, was er vor uns hinlegte. Die Fladen schmeckten wie eingeweichtes Knäckebrot mit einem kräftigen Schimmelstich. Ich wollte nicht wissen, was es war, sondern aß es einfach auf, dankbar, dass es keine neue Herausforderung für meine Essgewohnheiten darstellte.
M’bale hockte am ausgegangenen Feuer, er ließ uns höflich in Ruhe essen, stocherte dazu in der Asche. Der Hund bewachte uns freundlich mit gespitzten Ohren; mit seinen schräg stehenden Augen und dem schmalen Kopf hatte er etwas Ägyptisches, fand ich. Er glich ein wenig einem Schakal.
Seine Leute, meinte M’bale, befänden sich ganz in der Nähe. Er wies mit dem Stock irgendwohin in dem uns umgebenden Wald. In seinem Gesicht meinte ich eine gewisse Besorgnis zu erkennen, während wir ihm erfreut kauend versicherten, wie angenehm uns das wäre. Mögliche Gründe für Sorgen, die er mit uns haben könnte, versuchte ich zu verdrängen. Er sagte auch nichts dergleichen.
Nach dem Frühstück brachen wir auf. Wir folgten M’bale, passten uns seinem Trott an, der mir noch immer höllisch schnell vorkam, obwohl er aus
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