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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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klingende Worte ein, auf die die beiden anderen nicht reagierten. Azik jedenfalls stimmte M’bales Vorschlägen unumwunden zu, das konnte man leicht verstehen. Ich vermutete, dass ’Ta hier bloß Rederecht genoss, an den Beschlüssen aber nicht beteiligt war. Die Besprechung war anscheinend Formsache, und sie war bald zu Ende.
    M’bale wandte sich im Anschluss an uns und teilte uns mit, dass seine Leute seinem Plan zugestimmt hätten, uns zur Straße zu bringen. Bei der Gruppe könnten wir nicht bleiben, denn bald werde man weiterziehen. Dorthin, wo wir hergekommen seien: »Vers l’ouest.« Und die Straße liege ostwärts: »Vers l’est.«
    Wir dankten förmlich und erhoben uns. Der alte Jäger stand ebenfalls auf und zupfte mich am Ärmel, lachte zahnlos zu mir herauf.
    »Fusil«, sagte er, dazu stupste er mich mit seinem knorrigen Zeigefinger ein paarmal in die Seite.
    M’bale grinste, erklärte mir, ’Ta wolle gern unser Gewehr sehen.
    Ich ging mit ihm zu unserer Hütte, holte es heraus und zog es aus dem Futteral. Es war das erste Mal, dass ich es wieder zu Gesicht bekam.
    ’Ta stand neben mir, grinste und nickte anerkennend, die Unterlippe vorgestülpt. Ich gab es ihm in die Hand. Er wog es prüfend mit ausgestreckten Armen, drehte es hin und her. Es wirkte viel zu groß an ihm, aber nicht unbedingt fehl am Platz. Flink spannte er die Hähne, entspannte sie langsam wieder mit seinem rissigen Daumen.
    »Bon fusil«, sagte er. »Rhino.« Dann: »Élépha’« – ohne Zähne, mit doppellippigem »F«, und: »’Ippo!«
    Plötzlich bellte er: »Wamm!«
    Mit einer flüssigen Bewegung ging er in Anschlag und zielte auf die Kindergruppe, die sich zehn Meter hinter uns neugierig versammelt hatte. Sie spritzte mit lauten Schreien auseinander, als habe eine Granate in ihrer Mitte eingeschlagen. Mir stand beinahe das Herz still. ’Ta lachte in Form eines längeren Hustenanfalls und setzte das Gewehr wieder ab.
    »Wamm!«, sagte er zufrieden.
    »Wamm!«, echote M’bale von hinten. Er war eben herbeigeschlendert, zeigte mit dem Finger auf ’Ta, der mir das Gewehr zurückreichte.
    »Bon fusil. Grand chasseur.«
    Ich kniete in unserer Hütte, verstaute das Gewehr wieder im Futteral. Als ich es zwischen unsere Sachen schob, stieß ich gegen den eingepackten Kopf, den ich nachher in den Wald bringen sollte. Hoffentlich bleibt er vollends dort, dachte ich. Rang um Vernunft.
    »Du warst vorhin ziemlich nervös«, sagte ich danach zu Felicité, die in ihren sehr benutzt aussehenden Kleidern malerisch vor unserer Hütte saß, als wohnten wir schon länger hier.
    »Die hat einfach in mich hineingesehen, die alte Frau«, sagte sie mit belegter Stimme.
    »Bei mir hat sie offenbar nichts Interessantes zu sehen gekriegt«, erwiderte ich schnippisch. »Sie war ziemlich schnell fertig mit mir.«
    Felicité war nicht empfänglich für Selbstmitleid. »Ich konnte meine Gedanken hören«, fuhr sie fort, als hätte ich nichts gesagt, »und ich wusste, dass sie mir dabei zuhört. Sie war in mir. In mir drin.«
    Sie legte ihre Hand auf die Brust. Ich fand, dass Felicité eine gewisse Neigung dazu besaß, solche Dinge auszugestalten, aber das sagte ich natürlich nicht. Stattdessen zuckte ich die Achseln.
    »Na ja. Ich denke, wir müssen hier mit so was rechnen.«
    Felicité fixierte mich, ihre makellos runden Brauen hoben sich. »Dich bringt so was ja zum Glück nicht aus der Fassung.«
    Nein, dachte ich. Zum Glück nicht.
    »Mich schon«, beendete Felicité ihre Betrachtungen.
    Ich brachte den Affenschädel in den Wald. Unter der Anleitung M’bales legte ich ihn am Fuß eines bestimmten Baumes ab. Anschließend schütteten wir etwas Laub darüber, bis er nicht mehr zu sehen war. M’bale versicherte mir, dass er dort sicher sei, niemand werde ihn wegnehmen. Dass das nicht mein Problem war, wollte ich M’bale nicht mitteilen. Als wir zurück ins Dorf gingen, sagte er, es gebe bald Abendbrot, dazu eine kleine Feier: »La fête.« Abendbrot fand ich sehr vernünftig. Ich wusste es inzwischen zu schätzen, wenn es überhaupt etwas gab.
    Bei Einbruch der Dunkelheit wurden wir an ein großes Feuer geladen. Es gab wieder Suppe. Ich wollte nicht wissen, was es war, jedenfalls schwammen ordentliche Fleischstücke in der Schale, die man mir in die Hand drückte. M’bale, der neben uns saß, teilte kauend mit, es handle sich um ein Tier namens »Umbe«. Zu den Fleischstücken gehörten zierliche Knochen, die ich einem Hasen zugeordnet

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