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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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aber er ekelte sich vermutlich davor. Das hielt ihn vielleicht davon ab, ihn anzufassen.
    »Ein paar von denen«, flüsterte mir Felicité zu, »kommen wahrscheinlich aus Ruanda. Sie sehen sich englischsprachige Sendungen im Fernsehen an. In Ruanda sprechen viele Leute Englisch. Die aus Tansania ins Land gekommen sind, zum Beispiel.«
    »Das bedeutet?«
    »Das bedeutet, dass Duvalle ruandische Milizionäre bei sich hat. Wenn er selbst auch von dort kommt, sind sie illegal in Katanga.«
    »Was macht er überhaupt hier?«
    »Vielleicht paktiert er mit Separatisten, davon gibt es viele in Katanga. Die Provinz will immer mal wieder weg vom Kongo, möchte selbst ihre Bodenschätze ausbeuten. Und Duvalle ist so gut wie sicher am Rohstoffgeschäft beteiligt. Wahrscheinlich zwingt er Leute, für ihn Coltan auszugraben. Das kann er direkt an Zwischenhändler verkaufen, die reißen es ihm aus der Hand. Ein Kilo davon kostet ein paar tausend Dollar, es ist fast so viel wert wie Gold.«
    Ich schaute die Zeltwand an, die Kisten mit leeren Flaschen. Sie konnten hier heraus, konnten zurückreisen in ein Getränkewerk in der Zivilisation, wo man sie reinigen und neu füllen würde. Niemand würde sie aufhalten. Wenn ich mich in das Flaschenteufelchen meiner Kindheit hätte verwandeln können, wäre es leicht gewesen, von hier zu entkommen.
    »Morgen Abend soll ich wieder würfeln.«
    »Denk einfach nicht dran, Bern’. Wir werden das alles irgendwie überstehen. Ich werde es schon überstehen und du auch. Schlaf jetzt.«
    Merkwürdigerweise schlief ich tatsächlich ein. Vielleicht war ich zu erschöpft, um mich aufzuregen. Oder es war die Wut auf Duvalle, die etwas in mir anders sortiert hatte. Jedenfalls konnte ich bis zum Morgen schlafen.
    Ich träumte vom Versteckspiel. Im Wedding, wo wir eine Zeit lang gewohnt hatten, gab es noch Trümmergrundstücke, dort hatten wir am liebsten gespielt. Einmal hatte ich die grandiose Idee gehabt, in einen alten Schornstein aus Backsteinen zu klettern, der vielleicht noch drei Meter hoch war. Ich ließ mich mit hochgereckten Armen hinunterrutschen, zufrieden, dass keiner mich hier finden würde. Das stimmte, es fand mich keiner. Aber ich konnte auch nicht wieder heraus. Ich stand in der engen Röhre, die Arme nach oben gestreckt und kam nicht mehr hoch. Erst nach der Abendbrotzeit, nach sehr langen zwei Stunden, kam jemand, einer der Väter, und holte mich heraus. Davon träumte ich, und seltsam, ich träumte nicht von der Angst, die ich gehabt hatte, dass ich für immer dort drinbleiben musste, ich träumte von der Erlösung, die ich empfunden hatte, als ich die Stimmen hörte, die sich dem Schornstein näherten, und ich rief und fand Gehör.
    Am Morgen wachte ich auf und war nicht erlöst. Ich befand mich immer noch in Duvalles Camp. Der Stromgenerator brummte, das Sonnenlicht stand auf dem Zelt, gab den Lücken zwischen den Planen helle Ränder. Felicité putzte sich neben mir die Zähne. Jemand hatte unser Gepäck ins Zelt gebracht. Ich stand auf und sah meine Sachen durch. Mein Buch fehlte, aber meine Kleider waren da und meine Zahnbürste. Wir hatten einen Kanister mit Wasser hingestellt bekommen und konnten uns notdürftig waschen. Wenig später holte die stumme Ordonnanz uns ab und führte uns zu Duvalles Zelt.
    »Guten Morgen«, sagte Duvalle. »Haben Sie gut geschlafen?«
    Wieder war er tadellos gekleidet. Der Duft eines herben Rasierwassers hing noch in seinem Zelt.
    »Trinken Sie einen Kaffee mit mir, ich habe etwas mit Ihnen zu besprechen.« Er warf Felicité einen Blick zu. »Verstehen Sie Deutsch, Mademoiselle?«
    Felicité antwortete ihm nicht, sie schaute ihn nicht einmal an. Er teilte ihr auf Französisch mit, dass er die Unterhaltung dennoch auf Deutsch führen werde.
    »Verzeihen Sie mir das, Mademoiselle, ich spreche so gerne Deutsch, ich habe so wenig Gelegenheit dazu. Und Herr Jesper wird Ihnen alles übersetzen, nicht wahr?«
    Es machte ihm Spaß. Er hatte sein Vergnügen daran, mich zu vereinnahmen. Wahrscheinlich gefiel er sich in der Rolle des polyglotten Kommandeurs, der von einer Sprache in die andere flanierte. Wir bekamen unseren Kaffee. Duvalle meinte, er werde uns im Anschluss Frühstück in unser Zelt bringen lassen.
    »Nichts Besonderes, wir haben einfache Küche hier. Soldatenleben.« Er hob die Hände und lachte. »Sie sagten, dass Sie über Herrn De Vries’ Geschäfte nicht Bescheid wüssten«, fing er an. »Das finde ich erstaunlich. Man braucht nur ins

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