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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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hat sie genug Sperma für den Rest ihrer Regierungszeit. Aber die Termitenkönigin wird immer wieder vom König befruchtet.«
    »Besser«, sagte Sumire. »Eindeutig besser für sie.«
    »Und die Arbeiter bei den Termiten sind nicht nur weiblich, wie bei den Ameisen, sondern sie sind männlich und weiblich, allerdings dürfen Arbeiter und Arbeiterinnen keinen Sex haben, das ist dasselbe wie bei den Ameisen auch.«
    »Sklaven«, sagte Sumire. »Selber schuld.«
    Ich wollte noch mehr erzählen. Über dreißig Meter tiefe Wasserleitungen, die Termiten konstruieren, dass sie kilometerlange überdachte Straßen bauen können, über ihre Fähigkeit, alles auszuhöhlen, was nicht aus Metall oder Stein ist, über ihre Soldaten und ihre ständigen Kriege mit Ameisen. All das wollte ich Sumire erzählen, aber mir wurde plötzlich schwindlig. Sehr schwindlig. Das gleißende Sonnenlicht verschwand vor meinen Augen, stattdessen erschien ein riesiger Termitenschwarm vor mir, der den Himmel verdunkelte.
    »Bernd, he, Bernd!«
    Ich erkannte Sumires Gesicht, es war dicht über mir. Ihre heile Hand klopfte auf meine Schulter. Ich lag ausgestreckt auf den Sitzen des Lastwagens, beide Türen standen offen. Ich drehte den Kopf in den Nacken. Wir standen mitten in der Savanne, ich sah flache gelbbraune Hügel mit den malerischen dunkelgrünen Tupfen der Büsche darauf und einen vom Wind abgeschrägten Baum. Es sah hübsch aus, wie auf dem Titelbild eines Bildbands, allerdings stand das Bild auf dem Kopf, weil ich auf dem Rücken lag.
    »Alles okay?«, fragte Sumire.
    Ich richtete mich auf. Das fiel mir nicht leicht. Ich hatte das Gefühl, schwerer als fünfundsiebzig Kilo zu sein. Viel schwerer. In meinem Hinterkopf bereitete sich eine kalte Welle darauf vor, mich aufs Neue zu überrollen.
    »Ich glaube, ich bin krank«, hörte ich mich sagen.

SECHZEHN
    Die nächsten zwei Tage verbrachte ich in Sumires Oberstübchen auf ihrem Trucker-Bett. In meinen Ohren brauste es. Mir war sogar im Liegen schwindelig. Ich träumte unentwegt. Ich träumte von Duvalle, er klopfte mit seinem Stöckchen grinsend auf Felicités nackte Hinterbacken. Ich träumte von dem Rastamann, der mit seiner Machete auf mich zukam, und ich lag am Boden, zusammen mit Wessing, De Vries und Felicité, und der verrückte Rastamann hackte sich zu mir durch, während Sumire in der Kleidung einer Krankenschwester danebenstand und die abgehackten Glieder mit ihrem Haken einsammelte, um sie schon einmal in die Ambulanz zu bringen. Aber in der Ambulanz waren Treiberameisen, und Sumire kam zurück und schrie, es wäre alles voller Termiten. Sie warf die abgehackten Glieder auf den Boden, wo sie sich in Diamanten verwandelten und über den Boden davonrollten. »Mojo«, flüsterte jemand, es war der Affenschädel, der mich von einer Schulbank her angrinste und die Zähne bleckte.
    Ich träumte, dass ich den Schädel ins biologische Institut gebracht hätte, dort gab ich ihn einem Mann, der aussah wie der Antiquar, der mir das »Herz der Finsternis« verkauft hatte, und mich belehrte, dass es zwischen dem Affenschädel und dem meinen überhaupt keinen Unterschied gäbe, abgesehen davon, dass er noch bessere Zähne besitze als ich. Ansonsten wären wir einander so ähnlich wie eine Ameise der anderen, das gälte auch für die Neuroanatomie unserer Gehirne. Mein erlebendes Ich, sagte der Antiquar und bleckte grinsend seine Biberzähne, stelle das am wenigsten Bedeutsame dar. Lediglich ein menschlicher Trick, um die Angst vor dem Dasein zu verdrängen. Die Affen hätten sich in Wirklichkeit viel weiter entwickelt als die Menschen, sie hätten solche Tricks nicht nötig. Während ich dem Antiquar zuhörte, der einen weißen Kittel trug, sah ich durch eine offene Tür des biologischen Instituts Maka, er trottete vor den Glasvitrinen mit den ausgestellten Monstren in Spiritus vorbei und starrte drohend mit seinen leuchtenden Löchern im Kopf zu mir herüber.
    Nicht nötig, hinzuzufügen, dass mir der Schweiß in Strömen herunterlief. In den Phasen, in denen ich wach war, trank ich mindestens ein Paket Evianflaschen, mein Verbrauch an Mineralwasser stellte inzwischen sogar den von Vern Giuliani in den Schatten. Essen konnte ich kaum etwas, mein Stoffwechsel war ausschließlich auf Verbrennung eingestellt, und ich wurde zusehends dünner. Ich brannte ab wie eine Kerze, meine Hose schlackerte an mir. Wenn ich einmal die Vorhänge auseinanderschob und nach unten schaute, sah ich Sumires runden

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