Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
Vom Netzwerk:
Klingeln von Flaschen, die gegeneinanderstießen, ich stützte mit der einen Hand einen Stapel Kartons, mit der anderen hielt ich mich fest. Dann drehten wir nach Osten ab. Die glühende Sonne wanderte hinter die Kabine, die Schatten der dürren Bäume am Boden, über die wir hinwegschwebten, zeigten nach vorn.
    In viel zu geringer Höhe, so kam es mir vor, flogen wir über unbewohntes Buschland von mal grüner, mal brauner Farbe, durchschnitten von ein paar staubigen Straßen, hier und da ein Haus mit Wellblechdach. Tümpel und Wasseradern glänzten auf und verschwanden wieder zwischen den Baumkronen. Die warme Luft blies durch die geöffneten Fenster herein, riss würzigen Rauch von Olsons Zigarillo nach hinten zu mir, ließ meine Haare flattern. Der Schatten des Flugzeugs wanderte über den Boden, verschwand und tauchte wieder auf. Setzte Punkt hinter Punkt auf einer Landkarte für Opas Zigarettenalbum. Punkte, die dorthin führen würden, wo die Bilder fehlten. Bernd fliegt nach Afrika.
    Die beiden Männer vor mir rauchten schweigend. Sie machten den Eindruck, als hätten sie schon Tage miteinander zugebracht. Ich schaute auf Olsons weiße Stoppelhaare. Nicht dass ich mir jemanden wie ihn ausgesucht hätte, aber besser, auf seiner Seite zu stehen als andersherum, dachte ich. Ein Buschpilot muss nicht aussehen wie ein Chauffeur. Es wird, dachte ich, schon alles seine Ordnung haben, und es ist ein Job wie andere auch. Man hat Aufgaben, muss Gäste bedienen, im Grunde dasselbe wie in einem Hotel. Das Surren des Motors nähte einen Streifen Zuversicht über meine offenen Fragen. Es gelang mir, ein bisschen zu dösen.
    Einige Zeit später, wir waren schon eine Weile in der Luft, durchbrach Wessings Stimme das Motorengeräusch und weckte mich auf. Er sagte etwas zu Olson, das mir holländisch vorkam, daraufhin brachen die beiden in lautes Lachen aus, das noch einmal aufkeimte, als Olson Wessing in die Seite stieß; das Flugzeug reagierte sofort mit einem Schlenker, den Olson im Weiterlachen auffing. Ich beugte mich in dem torkelnden Flugzeug nach vorn, hatte das Gefühl, es habe sich vielleicht um einen Witz gehandelt, der auch für mich bestimmt sein könnte, Wessing merkte es, er drehte sich um und schrie in den Lärm des Motors hinein: »Afrikaans.« Das wäre Afrikaans gewesen. Ich fragte nicht weiter nach, lehnte mich wieder zurück, aber Wessing wandte sich noch einmal an mich: »Ein altes Sprichwort der Buren.« Und sprach die merkwürdig klingenden Worte langsam noch einmal für mich, die Hand als Sprechmuschel an den Mund gelegt:
    »Wenn du einen Büffel sattelst, musst du ihn auch reiten können.«
    Was die beiden daran so heiter gestimmt hatte, konnte ich allerdings nicht verstehen. Später hätte ich es gut erklären können, aber in diesem Augenblick wurde meine Aufmerksamkeit davon in Anspruch genommen, dass wir unser Ziel erreicht hatten.
    »Die Lodge«, rief Wessing nach hinten.
    Ich sah nach unten und erblickte unter uns das gewundene grüne Band eines Flusses, daneben lag ein gerodetes Feld von der Größe eines Fußballplatzes, darauf verstreut ein paar neu aussehende Pavillons mit spitzen Grasdächern, zwei Geländewagen daneben. Vor uns die Landebahn, ein schmaler Streifen, hineingemäht in das hohe Gras.
    Der Fluss war bedeckt von Seerosenblättern, kreisrund, mit erhabenem Rand, so groß wie Serviertabletts. Hier und dort zwischen den Blättern ein Stück offenes Wasser. Durch eine dieser Lücken schwamm eine große Schlange, für kurze Zeit war sie in ihrer ganzen Länge zu sehen. Wenn das Licht sie traf, leuchteten die schwarz-gelben Muster auf ihrer Haut. Als sie wieder zwischen den Blättern verschwunden war, erhoben sich dort, wo sie an die Blätter rührte, Scharen tintenfarbener Libellen. Sie zuckten ein paarmal auf und ab, ehe sie sich wieder niederließen; es sah aus, als hinterlasse die sich entfernende Schlange eine Spur von Rauchschwaden.
    Als ich den Weg der Schlange von meinem Platz am Ufer aus nicht mehr verfolgen konnte, flogen zwei große Vögel flussaufwärts. Sie wirkten wie prähistorische Flugechsen mit ihren zurückgelegten Hälsen und den langen Schnäbeln. Einer von ihnen gab einen Trompetenstoß von sich, es klang wie eine altmodische Autohupe. Ihre Flügel verursachten ein klappendes Geräusch, als bemühten sich zwei einsame Konzertbesucher, Beifall zu klatschen.
    »Nashornvögel«, sagte jemand hinter mir.
    Ich drehte mich um. Fox. Er hatte sich lautlos angeschlichen.

Weitere Kostenlose Bücher