Gabun - Roman
Bohrinseln. Sie lagen wie abgegessene Teller auf einem zerknitterten blauen Meer, spielzeuggroße Schiffe daneben, von winzigen Booten umgeben, bunt wie ausgestreutes Konfetti.
Wir sanken der Erde entgegen, die Maschine ruckelte, musste Höhe und Geschwindigkeit wieder loswerden. In meinem Magen stellte sich eine gewisse Spannung ein. Beim Landeanflug auf Libreville abgestürzt, dachte ich, keine Überlebenden, Pilot unter Drogeneinfluss, wie die Autopsie ergab, unter den Opfern zwei Deutsche. Es ruckelte noch stärker. Der leere Kaffeebecher fiel zusammen mit dem »Herz der Finsternis« von meinem ausgeklappten Tablett herunter. Unter uns rutschten Felsen und ein gelber Strand vorbei, dann flogen wir mit dem ausgeklappten Fahrwerk eine Kurve über einem Flickenteppich aus grauen Vierecken, durchschossen von buschig grüner Natur. Bevor ich damit gerechnet hatte, setzten die Räder auf. Quietschen von Gummireifen, ein heftiges Rumpeln. Wir waren in Afrika gelandet. Rollten langsam über das Flugfeld zum Terminal. Als das Flugzeug still stand und die Handys zu piepsen begannen, erhob ich mich.
»Na denn«, sagte Wessing, noch ehe er die Augen geöffnet hatte. Er streckte sich, griff unter den Sitz nach seinem breitkrempigen Hut und angelte sein Handgepäck aus dem Fach, eine speckige Jutetasche. Sonst hatte er nichts mit.
Als wir das Flugzeug verließen, stieß ich hinter der geöffneten Tür auf eine feuchtwarme Wand, die mich am Weitergehen hinderte. Sofort schoss mir der Schweiß aus den Poren. Die Frage: Was willst du eigentlich hier? fand keine Antwort, weil mir mein Hintermann die Tasche in den Rücken drückte.
»Excuse me«, sagte er. Ich antwortete brav: »Sorry, Sir.«
Wir gingen beide entschuldigt hinaus, stakten eine altmodische Gangway hinunter und betraten das glühend heiße Flugfeld, das von einer langen Reihe halb tot aussehender Palmen mit staubverkrusteten Wedeln begrenzt wurde. Ich trottete hinter Wessing her, der kräftig ausschritt, um die klimatisierte Halle zu erreichen. Wir gingen etwas schwammig auf dem weich gewordenen Teer. Neben uns startete eine Maschine kreischend auf dem Rollfeld, es stank nach Kerosin, und ich fand, dass es entsetzlich heiß war. Viel heißer, als ich erwartet hatte.
Wessing trug ausnahmsweise keine Jeans, sondern eine Tuchhose mit imitiertem Krokogürtel und polierter Messingschnalle, außerdem teuer aussehende Schuhe und ein leichtes Hemd mit kurzen Ärmeln. Das gab ihm einen gewissen Schick; er wirkte, als gehe er zur Einladung auf eine Grillparty, bei der auch Damen anwesend sein würden. Ich hatte meine neuen Sachen an. Man konnte uns ansehen, dass wir den bereits abgesprochenen Eindruck machen wollten. Wessings Hut allerdings passte überhaupt nicht zu seinem übrigen Aufzug, das Ding sah eher aus wie ein Requisit für einen Abenteuerfilm. Ich nahm an, dass er ihn im Ministerium wieder abnehmen würde. Wir betraten zusammen das Flughafengebäude, in dem die Außentemperatur von einer Klimaanlage halbiert wurde, was mich sofort frösteln ließ. Während ich unter flappenden Deckenventilatoren mit verschränkten Armen – sonst hätten mir vielleicht die Zähne geklappert – darauf wartete, dass meine Sporttasche auf dem Gepäckband erschien, hatte Wessing sein Handy aus der Tasche geklaubt und telefonierte.
Ich hörte ihn gaumig lachen und französische Brocken reden. Sah mir so lange die einschüchternde Phalanx muskulöser Kalaschnikowträger an, die die Ausgänge bewachten, betrachtete die verglasten Kabinen mit gelassen wirkenden Uniformierten – über jedem ein Extra-Ventilator – und die langen Schlangen ergeben wartender Reisender. Es würde dauern, bis wir hier rauskamen, bis dahin hatte ich eine Lungenentzündung. Immerhin sichtete ich meine Tasche auf dem Band, zwischen verschnürten, aufgeplatzten und wieder mit Packband gesicherten Gepäckstücken, und angelte sie herunter. Als ich mich zu Wessing begab, bemerkte ich einen gut gekleideten Herrn, der gerade aus den Kulissen hinter der Zollabfertigung herausgetreten war, sich umsah und schnurstracks auf uns zuging. Er begrüßte Wessing freundschaftlich mit zusicherndem Druck beider Hände, streifte mich mit einem wohlwollenden Blick, nickte mir zu und schritt, mit dem ausgestreckten Zeigefinger winkend, einfach zwischen den Bewaffneten hindurch. Sie rührten sich nicht, starrten geradeaus ohne einen Lidschlag, als wir an ihnen vorbeigingen, der magische Finger des soignierten Herrn hatte sie
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