Gabun - Roman
nicht aus, aber wenn man sie schon brauchte, sollte ihre Wirkung auch überzeugend sein.
Als wir die Insel hinter uns gelassen hatten, paddelten wir auf einen See hinaus. Jedenfalls sah es so aus, weil die schilfbestandenen Ufer weit auseinandertraten. Die Kanadier trieben hintereinander auf der freien Wasserfläche, die großen Seerosenblätter gab es hier nicht mehr, vielleicht war das Wasser tiefer. Ein paar Reiher waren von dem schlammigen Uferstreifen aufgeflogen, sie zogen Kreise über dem Dickicht, das am Ufer wuchs. Das Wasser unter uns schien dunkel, fast schwarz. Im vorderen Kanu schaute Fox durch sein Fernglas. De Vries stieß mich an, deutete nach links vorn.
»Schauen Sie, dort drüben. Zweihundert Meter. Ein Stück vom Ufer entfernt.«
Ich folgte De Vries’ ausgestrecktem Finger und erkannte ein paar graubraune Flecken, ein ganzes Stück weg. Sie sahen aus wie schlecht aufgepumpte Schlauchboote, ich sah aber, dass Ohren daran waren. Die Köpfe von Flusspferden. Fox hatte sie inzwischen auch gesehen, er winkte uns heran, wir schlossen auf. Unsere Boote legten sich nebeneinander. Giuliani grinste mich an, streckte den Erfolgsdaumen in die Höhe. Sein Gesicht zeigte diesmal kein gefährliches Rosa, das Krisenmaßnahmen erfordert hätte. Ebenso wie Oda trug er einen großen Panamahut mit vorhangartig herunterhängendem Mückenschleier.
»Da drüben ist eine kleine Herde«, sagte Fox. »Ein großer Bulle ist dabei. Wir können noch ein Stück näher heran, ich denke, hundert Meter Abstand reichen uns. Und wir sollten uns nahe am Ufer halten. Zur Not können wir dann immer noch aussteigen, wenn der Bulle ungemütlich wird.«
Wir schlugen nach den Mücken, die sofort gemerkt hatten, dass unsere Boote stillstanden und den taktischen Vorteil nutzten. Auf meinen bloßen Armen brannte sich die Sonne durch den Schutzfaktor vierzig. Ich krempelte die Ärmel herunter. Es war unerträglich heiß hier draußen, wo der Schatten der Uferbäume nicht mehr hinreichte.
»Gustav, du bleibst zwei Bootslängen hinter uns«, sagte Fox. »Wir fahren erst mal vor, damit Oda und Vern ihre Fotos kriegen. Wollen Sie auch Fotos machen, Herr De Vries?«
De Vries schüttelte den Kopf. »Danke, nein.«
Fox streifte De Vries mit einem Blick, dann nickte er Giuliani zu. »Also los. Wir bleiben dicht am Ufer.«
Als wir näher heranpaddelten, hörten wir die Flusspferde schmatzen und grunzen. Akustisch erinnerten sie mich an Schweine, aber ich habe mit Schweinen persönlich wenig Umgang gehabt. Nur das pfeifende Atmen, mit dem sie Luft im Wasser ausstießen, passte nicht zu meiner Vorstellung von Schweinen, es klang auf seine Art aber erfrischend. Ein Leben als Flusspferd, dachte ich, wäre nicht unangenehm. Dicke Haut, keine ernsthaften Feinde, selbst Krokodile verzichteten auf Händel mit einem, da konnte es bei einer solchen Hitze im Wasser ganz gemütlich sein.
Fox gab ein Handzeichen. Wessing tauchte sein Paddel in Bremsstellung ins Wasser, ich machte es ihm nach. Wir trieben nun dicht am Ufer entlang, einige Bäume gaben schon wieder Schatten. Die Giulianis filmten, knieten nebeneinander wie Pat und Patachon, jeder mit seiner eigenen Kamera. Fox, den zünftigen Buschhut ins Genick geschoben, steuerte mit der Grandezza eines Indianers das Kanu dicht an der Uferlinie entlang. Ich verstand schon, die Flusspferde sollten uns nicht sehen, das hielt ich für sehr vernünftig.
Ein Stück weiter vorn lag ein umgestürzter Baum im Wasser. Seine Äste bildeten ein perfektes Bootsversteck. Etwas näher zwar, schätzte ich, als die geplanten hundert Meter, aber Fox wusste sicher, was er tat, als er darauf zupaddelte. Zweitausend Dollar am Tag mal zwei, dachte ich. Er steuerte das Boot vor die Krone des gestürzten Baumes. Wandte sich um und winkte uns. Wir sollten folgen.
Von dem Moment an, als der vordere Kanadier sich zwischen die dicht belaubten Äste schob, folgten die Ereignisse sehr schnell aufeinander. Als Erstes hörte ich Oda Giuliani aufschreien. Sie schrie sehr laut, mit schriller Stimme, ein einziges Wort.
»Hornissen!«
Dann wieder, als zähle sie sie einzeln ab: »Hor-nis-sen! Hor-nis-sen!«
Das vordere Boot drehte sich um seine Achse. Ich hörte, wie Fox Giuliani etwas zurief.
»Raus! Schnell raus hier!«, verstand ich und hörte Giuliani fluchen, eine unflätige Mischung aus Sakralem und Sexuellem.
Wessing tippte mir von hinten mit dem Paddelschaft auf die Schulter, stach dann tief ein und zog durch.
»Los,
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