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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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gerade erzählt.«
    »Es klingt komisch, Bern’, aber ich glaube, du musst ihn wieder an dich nehmen. Tut mir leid.«
    Felicité sah an mir vorbei, ihre obere Zahnreihe lag auf der Unterlippe. Schlimm, hieß das. Etwas Schlimmes, aber was? Was war denn schlimm damit?
    »Das ist doch Blödsinn«, sagte ich. »Erklär mir bitte mal, weshalb ich das tun soll.«
    »Mit dem Alten stimmt was nicht«, sagte sie leise. »Ich habe das gespürt. Gestern Abend habe ich mich gefragt, weshalb er gekommen ist. Und weshalb er sich hat fangen lassen.«
    »Er hat sich fangen lassen ?«
    »Ja, natürlich. Er hätte leicht verschwinden können, das wollte er aber nicht. Olson hätte ihn nie gekriegt.«
    »Gut. Aber das bedeutet ja nicht, dass ich nach einem stinkenden Stück Aas im Gras suchen soll und – wie sagtest du eben? – es wieder an mich nehmen muss.«
    »Hör zu«, sagte Felicité, »mit Magie ist eine Absicht verbunden. Man will Einfluss gewinnen. Auf jemanden oder auf etwas.«
    »Ich verstehe«, sagte ich, ohne etwas verstanden zu haben.
    »Es ist wie bei einem Kampf oder bei einem Spiel. Es geht um Macht.«
    Jetzt hätte ich wieder sagen müssen, dass ich verstehe, aber ich sah sie nur an.
    »Schwache Kräfte, dafür benutzt man Geld, Gegenstände, Rituale, so etwas. Für größeren Einfluss braucht man mehr. Schmerz, Blut, Körperteile, Tod.«
    »Affenköpfe.«
    »Ja, richtig. Auch Affenköpfe.«
    »Was kann man damit anrichten?«
    Sie zuckte die Achseln. »Das kommt darauf an. So ein Fetisch kann ein Fluch sein oder ein Geschenk. Meiner Meinung nach stellt er jedenfalls ein Angebot dar, auf das du eingehen solltest. Vielleicht gilt das Angebot auch nicht nur dir allein.«
    »Aha.«
    Sie beugte sich zu mir und legte mir die Hand auf die Schulter. »Denk nach, Bern’.« Ihre Hand auf meiner Schulter. Ich würde so lange nachdenken, wie sie sie dort ließ. »Was glaubst du, weshalb ausgerechnet du dem alten Mann vor ein paar Tagen im Wald begegnet bist und nicht Farouk oder Fox? Und weshalb du jetzt auch den Fetisch bekommen hast?«
    Noch immer lag ihre Hand auf meiner Schulter. Ich roch ihr Parfum, die interessante Holznote. Eine fürsorgliche Intimität lag in ihrer Berührung. Als hätte ich mir wehgetan. Meine große Schwester. Sie bedauerte mich, zum Teufel.
    »Jemand, der an Magie glaubt«, fuhr sie fort, »und ich sage jetzt nicht, dass ich daran glaube, der wäre überzeugt davon, dass der Alte dich ausgesucht hat.«
    »Und wieso muss ich das Ding an mich nehmen?«
    »Jemand, der an solche Sachen glaubt, würde sagen, du musst den Kopf behalten, bis alles daran verwest ist, so lange ist die Kraft wirksam. Du darfst ihn während dieser Zeit nicht wegwerfen. Um es klar zu sagen: Du könntest es nicht. Er kommt zu dir zurück.«
    »Er kommt – zu mir zurück? Ist das eine Gruselgeschichte?«
    Felicité sah sehr ernst aus mit ihrem Kopftuch, wie eine Seherin.
    »Ich weiß, Bern’, das klingt sehr merkwürdig. Aber auch ich – und wie gesagt, ich glaube an Magie und glaube nicht daran –, auch ich würde das Ding lieber bei mir aufbewahren, als die Erfahrung zu machen, dass es«, sie faltete die Hände vor der Brust und schloss die Augen, während sie tief einatmete, »dass es von sich aus wiederkommt. Um meine Ungewissheit zu behalten, verstehst du. Was willst du machen, wenn du die verlierst?«
    Ich starrte sie an. Versuchte zu begreifen, was sie eben gesagt hatte. Das war nicht gut für mein Gehirn. Meine Ungewissheit behalten. Ich war bisher der Meinung gewesen, dass meine Ungewissheit nicht zu den Teilen meines Selbst gehörte, die geschützt werden müssten. Ein kalter Hauch streifte mich. Schwärzester Aberglaube, vielleicht der blanke Horror. Felicité berührte meinen Arm, noch immer fürsorglich.
    »Wir sprechen ein anderes Mal darüber. Über solche Dinge soll man nicht zu viel reden. Ich möchte dir nämlich auch noch was sagen. Da geht es um handfestere Sachen, in Ordnung?«
    Ich nickte vor mich hin, mit einem Bein noch im Metaphysischen. Dafür, dass ich kaum jemals eine Kirche von innen gesehen hatte, war es Felicité ziemlich schnell gelungen, mich an die Pforten der Geisterwelt zu befördern.
    »Im Camp geht was vor, Bern’, was nicht zu unserem Programm gehört« sagte sie. »Erstens mal ist dieser Olson nicht bloß ein Unsympath, der ist auch ein Söldner. Zumindest ist er mal einer gewesen.«
    Felicité klopfte sich eine neue Zigarette aus dem Päckchen. Ich griff zu, als sie es mir

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