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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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half De Vries aus, mit einem Blick auf Fox.
    Saffkin warf ein, Besuche bei Nacht sollte man grundsätzlich anmelden oder auf den nächsten Tag verschieben, damit vermeide man Probleme, vor allem in Krisengebieten. Ich überlegte, was für Saffkin wohl Krisengebiete sein könnten.
    »Sie sagten, dass Wilderer hierherkommen könnten, Bob«, wandte sich Giuliani besorgt an Fox.
    »Wir haben keinen Grund, das anzunehmen«, sagte Fox. »Lars Olson ist da ziemlich übereilt und eigenmächtig vorgegangen. Ich werde noch mal mit ihm reden.«
    Das Thema war ihm unangenehm. Trotzdem hakte ich nach. Ich ging schließlich jeden Abend im Dunkeln zu meiner Hütte.
    »Schiebt Olson hier Wache?«, wollte ich wissen.
    Fox lächelte. Das könne man so nicht sehen, meinte er. Er wolle auch nicht die Vorstellung aufkommen lassen, dass das Camp bewacht werde. Es sei Olsons Privatsache, um das Camp herumzustreifen und die Augen offen zu halten, einen Auftrag dazu habe er nicht. Nicht von ihm, von Fox. Und Schaden richte er damit schließlich keinen an.
    Fox brachte das Gespräch wieder auf die Schimpansen. Ich war nicht beruhigt, die anderen auch nicht, aber niemand äußerte sich. Man werde, teilte er mit, in den nächsten Tagen mit hoher Sicherheit eine Gruppe finden. Es sei inzwischen sehr selten, dass man Schimpansen in ihrem Lebensraum beobachten könne, und Farouk habe ihm ein paar Orte genannt, wo sie sich aufhielten. Farouk irre sich in solchen Fragen eigentlich nie. Morgen sei eine Präsentation geplant, bei der Farouk seine aktuellen Forschungsergebnisse darstellen werde. Zum Beispiel, dass Schimpansen sich gegenseitig mit Heilpflanzen behandelten und dass sie Werkzeuge benutzten, das könne man auf den Videoaufnahmen sehr gut sehen. Farouk sei eine Kapazität, was Schimpansen beträfe, er habe einige Studien zu dem Thema publiziert.
    Saffkin gähnte. Die Giulianis wirkten noch immer besorgt. De Vries schwieg höflich. Ich verabschiedete mich und zog mich zurück.
    Schon als ich die Tür meiner Hütte öffnete, roch ich ihn. Den gleichen Gestank wie vorhin an der Tafel. Ich zog meine Jacke aus und schnupperte an meinem Ärmel, den der Alte angefasst hatte. Die Jacke war es nicht. Ich durchsuchte meine Sachen, leuchtete mit der Lampe den Boden ab und brauchte nicht lange, bis ich das Ding fand. Es lag unter meinem Feldbett, und es war in frische Blätter eingepackt. Vielleicht hatte der Alte ja irgendwie Rücksicht auf meine Empfindungen nehmen wollen. Ich stieß das Päckchen angewidert mit dem Fuß unter dem Bett hervor. Da lag der Schädel und stank vor sich hin, im Licht meiner Taschenlampe, deren Akku ich geistesabwesend mit rhythmischem Pumpen erneuerte, als käme es darauf an, das ekelhafte Präsent möglichst hell zu beleuchten. Ein Trupp roter Ameisen interessierte sich bereits dafür, sie fuchtelten mit ihren hochgereckten Zangen in das Licht meiner Lampe hinein, um ihre Entdeckung zu verteidigen.
    Ich begriff nicht, was der Alte sich dabei gedacht hatte. Ich hatte schließlich nicht auf ihn geschossen. Im Gegenteil, ich hatte ihm Delikatessen eingepackt, und dafür hatte er mir ein stinkendes Stück Aas geschenkt. Nobel, verdammt noch mal, dachte ich.
    Ich öffnete die Tür, rollte das Ding vorsichtig mit der Fußspitze zum Eingang und kickte es hinaus in die Dunkelheit. Um einschlafen zu können, versprühte ich ringsum eine Viertelflasche Autan, danach war der Geruch weg.
    Beim Einschlafen, in der Minute, in der man zwischen Träumen und Wachen schwebt, sah ich meinen Großvater mit einer Bienenpfeife im Mund durch die Lodge wandern. An seinem ausgestreckten Arm hing ein Bienenschwarm, so groß wie ein Tagesrucksack. Ich fragte mich, wie er eigentlich hierherkam, aber es war so selbstverständlich, dass er da war, dass ich das Fragen bleiben ließ. Ich sah ihm zu, sah das Glitzern der schwirrenden Bienenflügel, Tausende von Augen, das flinke Krabbeln. Ich war sehr glücklich.
    Beim Abräumen nach dem Frühstück sagte ich zu Felicité, ich müsse mit ihr reden. Nachdem die anderen gegangen waren, setzten wir uns mit einem Extrakaffee an die leere Tafel.
    »Ich wollte auch mit dir reden«, sagte sie.
    Sie trug wieder ihre Hosen und das Kopftuch. Tausendundeine Nacht, dachte ich.
    »Kann ich anfangen?«, fragte ich.
    Als ich ihr erzählte, was ich gestern in meiner Hütte gefunden hatte, holte sie tief Luft.
    »Hast du den Fetisch noch?«, fragte sie.
    »Nein. Ich hab das Ding aus dem Zelt gekickt. Habe ich dir doch

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