Gabun - Roman
gekrümmtem Magazin, hielt er einsatzbereit auf die Hüfte gestützt, den Zeigefinger ausgestreckt über dem Abzugsbügel. Er schubste den Alten ein Stück vorwärts und ließ ihn dann los. Der Waldschrat fiel Fox buchstäblich vor die Füße. Einen Moment lang lag er am Boden wie ein Haufen Lumpen.
Mein Gott, Olson hat ihn erschossen, dachte ich. Aber der Alte kam wieder hoch. Olsons Griff entkommen, fing er damit an, ein Gewitter aus kehligen Silben auszustoßen. Olson stand mit seinem Gewehr neben ihm wie eine Figur aus einem »Warcraft«-Spiel, vollkommen taub für die Suada des Waldschrats. Das Gewehr noch immer in Bereitschaftsstellung auf den Oberschenkel gestellt, langte er in die Tasche und steckte sich mit der freien Hand einen von seinen Zigarillos in den Mund, mit einem zweiten Griff holte er sein Sturmfeuerzeug heraus und ließ es klicken. Paffend sah er hinunter auf den Alten, der, zwei Köpfe kleiner, vor ihm stand und sich zunehmend in Rage redete.
»Farouk, was sagt er?«, wollte Fox wissen.
Farouk starrte zu Fox hinüber, in seinem Gesicht wetterleuchtete das Kerzenlicht und sein immer abrufbarer Jähzorn.
»Er sagt, dass er sich beschweren will. Er wäre hier zu Hause, und man habe auf ihn geschossen. Er findet das sehr unhöflich. Das ist jedenfalls das Wesentliche.«
»Hat er gesagt, was er hier sucht, im Camp?«
»Man hätte ihn nicht eingeladen, sagt er, und da wäre er eben gekommen.«
Farouks Blick wanderte zu Olson hinüber und kehrte wieder zu Fox zurück, ich spürte, dass er kurz davor war zu platzen. Mein Bedürfnis nach Harmonie ist ja groß. In solchen Situationen könnte ich den Grad der Explosivität genau angeben, etwa wie bei der Erdbebenmessung. In diesem Fall waren es schätzungsweise acht bis neun auf der nach oben offenen Jesper-Skala.
De Vries hob die Hand. »Herr Fox, ich glaube, das genügt. Der alte Mann ist ganz harmlos. Sie können Herrn Olson sicher sagen, dass er ihn gehen lassen soll. Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte.«
»Natürlich. Lary, bitte. Es ist alles okay.«
Olson starrte Fox zwei Sekunden lang trotzig in die Augen. Zwei Sekunden, die genügten, uns allen klarzumachen, dass er sich niemandem unterwerfen würde, schon gar nicht mit einem geladenen Gewehr auf dem Oberschenkel, dann trat er einen Schritt zurück. Dabei sah er zu Wessing hinüber, der inzwischen auf der anderen Seite der Tafel aufgetaucht war, zwei Taschenlampen in der Hand. Wessing hielt Blickkontakt mit Olson, er nickte ein paarmal sehr deutlich mit dem Kopf. Olson braucht viel Führung, dachte ich. Damals wusste ich noch nicht, wie viel Führung.
Der Gestank, der von dem Alten ausging, war inzwischen bei Tisch angekommen, er kroch zu uns herauf wie eine Giftgaswolke. Alle schnupperten und sahen sich um, man wollte wohl nicht glauben, dass ein einzelner Besucher diese Geruchsattacke verursachen könne.
»Bernd, würdest du dem Mann bitte ein paar Sachen zu essen geben«, wandte sich Fox an mich. »Du kannst ja was aus der Küche holen. Dann begleitest du ihn aus dem Camp.« Er lächelte mich an, kollegial diesmal, dann setzte er sich wieder auf seinen Platz neben Felicité. Die starrte wie hypnotisiert auf den Alten. Ihre Lippen waren geöffnet, und ihr Atem ging rasch. Ihre Augen folgten den Bewegungen des Waldschrats, sie schien mir aus der Fassung geraten.
Während ich ihn von der Tafel wegkomplimentierte, schimpfte der Alte leise vor sich hin und schüttelte empört den Kopf. Am Eingang des Schuppens wartete er höflich, bis ich zum zweiten Mal eine Tüte mit Lebensmitteln für ihn vollgestopft hatte, er kannte das ja inzwischen. Diesmal nahm ich zwei Hände voll gesalzener Cashewnüsse, drei Brötchen, ein Päckchen Aufschnitt und einen eingepackten Käse, um dem Menü etwas Abwechslung zu verleihen. Der Alte nahm die Tüte draußen in Empfang.
»Mojo«, sagte er und verschwand.
Ich kehrte zur Tafel zurück. Farouk saß nicht mehr dort. Olson und Wessing waren ebenfalls verschwunden. Die Schar war klein geworden. Auch Felicité fehlte. Fox unterhielt sich mit De Vries, Saffkin und den Giulianis. Ich setzte mich zu ihnen.
»Wieso hat Olson geschossen, Robert?«, fragte ich.
Fox zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich hat er in die Luft geschossen, damit der Mann stehen bleibt.«
Ich überlegte, ob es hier üblich war, in die Luft zu schießen, wenn unbekannte Besucher auftauchten.
»Vielleicht hat er gedacht, er wäre ein Dieb oder ein Wilderer«,
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