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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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fühlte sich nicht wesentlich anders an, und ich öffnete die Tür.
    Draußen stand De Vries. Wie eine Romangestalt in seinem Khaki-Anzug, vom Mondlicht übergossen. Er hatte sein Gewehr im Futteral umhängen, neben ihm stand eine lederne Reisetasche, um ihn war das Feilen der Zikaden, das sich in der fernen Nacht verlor. Ich dachte, mein Gehirn habe sich einfach mal eben in ein anderes Traumprogramm hineingezappt.
    »Machen Sie kein Licht«, sagte De Vries. »Kann ich hereinkommen?«
    Ich trat einen Schritt zurück. Er setzte sich auf mein Feldbett. Die Tür hatte ich offen gelassen, damit wenigstens das Mondlicht von draußen hereindrang, wenn ich schon kein Licht anschalten sollte. De Vries machte eine erklärende Geste.
    »Ich muss fort, Herr Jesper«, sagte er. »Ich muss mich um meine Geschäfte kümmern. Die Untersuchung, die hier stattfinden wird, kann ich nicht abwarten. Glauben Sie mir, was immer hier geschehen ist, ich habe nichts damit zu tun. Im Gegenteil. Es schadet meinen Plänen, wenn Alexander Saffkin nicht mehr auftaucht. Deshalb kann ich es mir auch nicht erlauben, an endlosen Vernehmungen teilzunehmen. Ich komme mit einer Bitte, Herr Jesper. Würden Sie mich für ein paar Stunden begleiten? Ich brauche jemanden für eine Gefälligkeit, es ist nichts Besonderes.«
    Ich starrte ihn an. Mein Blick streifte das Gewehr in dem abgewetzten Lederfutteral. Ihn begleiten, in den Busch womöglich.
    »Es handelt sich um einen – nun, sagen wir, um einen Botengang. Sie sollen etwas für mich abgeben, das ich nicht persönlich abliefern kann.«
    »Abgeben? Wo abgeben?«
    Ich konnte reden, auch wenn es eher ein Stammeln war. In der Zwischenzeit hatte ich meine Hose geangelt und schlüpfte hinein. Beim Hochziehen streifte für einen Moment etwas Hartes meinen Oberschenkel. Ich wusste keinen besseren Platz für den Diamanten als meine Hosentasche.
    »Ich muss nach Osten«, sagte De Vries. »Nach Bandundu. Dort wartet ein anderes Flugzeug, mit dem fliegen Sie weiter, überbringen meine Nachricht und fliegen anschließend zurück nach Libreville. Von dort aus können Sie dann hierher zurückkommen, Sie nehmen sich einfach ein Flugzeug, das kostet sie fünfzig Dollar. Ich gebe Ihnen für den Botendienst zehntausend.«
    »Was ist das für eine Nachricht?«
    »Es handelt sich genau genommen nicht um eine Nachricht. Es ist ein Beutel mit Rohdiamanten von sehr guter Qualität. Ich fürchte, wenn in Ihrer Lodge alles durchsucht werden wird, bin ich die Diamanten los. Die Polizei hier neigt zu Beschlagnahmungen, vor allem wenn es sich um wertvolle Dinge handelt. Dann sehe ich die Diamanten nicht wieder.«
    »Wieso machen Sie das nicht selbst? Ihre Diamanten abliefern?«
    De Vries klopfte mir freundlich auf die Schulter. »Ich würde es tun, wenn ich könnte. Aber möglicherweise möchte man verhindern, dass die Diamanten ihren Bestimmungsort erreichen. Sie stellen die Anzahlung für ein Geschäft dar, verstehen Sie. Eine persönliche Gefälligkeit. Wenn die Anzahlung nicht ankommt, kommt das Geschäft nicht zustande. Ich durchschaue noch nicht, was hier geschieht, Herr Jesper, aber es ist sehr wichtig für mich, dass die Diamanten ankommen. Falls jemand das verhindern möchte, kann ich sie nicht selbst übergeben, weil man mich kennt. Sie aber kennt niemand, und man wird auch keine Zeit haben, Sie kennenzulernen, weil Sie eine halbe Stunde später wieder abfliegen werden.«
    Wieder abfliegen, dachte ich. Oder auch nicht.
    »Und Sie gehen mit?«, sagte ich. »Nach – wie war das?«
    »Ich fliege mit Ihnen nach Bandundu. Von dort fliegen Sie mit jemand anderem weiter. Ich bringe währenddessen das Flugzeug wieder hierher zurück und werde der Polizei alles erklären. Ich leihe mir das Flugzeug einfach aus. Noch gibt es kein offizielles Verbot der Behörden, das Camp zu verlassen.«
    »Und wenn ich ablehne?«
    »Ich möchte Sie nicht zwingen. Bedenken Sie aber, dass eine Untersuchung durch die Polizei hierzulande ziemlich unangenehm werden kann. Vor allem wenn ein Ausländer verschwunden ist.«
    »Was ist mit Saffkin passiert?«
    »Ich sagte schon, ich weiß es nicht. Ich glaube aber nicht, dass ihm etwas zugestoßen ist. Möglicherweise ist er mit fremder Hilfe aus der Lodge verschwunden. Freiwillig oder unfreiwillig, ich durchschaue das nicht. Aber ich rechne damit, dass die Polizei jemanden dafür verantwortlich machen wird, und zwar vorzugsweise jemanden, der zur Verfügung steht. Und ich weiß, dass es Leute gibt, die

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