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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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die Nacht, der Propeller saugte die warme Nachtluft an und zog uns weiter über einen schwarzen Grund, in dem ab und zu ein Blinken von Wasserflächen erschien, wenn das Mondlicht sie traf. Ich versuchte, mich zu entspannen.
    »Bonsoir, meine Herren.«
    Felicité. Ich hatte ihre Stimme sofort erkannt. Es raschelte hinter mir in dem Haufen Müllsäcke, mit denen das Flugzeug beladen war. Ihr Gesicht tauchte neben mir auf, als sie die Säcke zur Seite geschoben hatte.
    Sie schaute mich nicht an, sah angespannt nach vorn, ihre Augen waren hart. Sie griff nach der Lehne der Sitzbank und schob sich auf den Platz neben mir. Unsere Schenkel berührten sich, aber sie reagierte überhaupt nicht auf mich, als wäre auch ich ein Müllsack. Ihr Duft war mit ihr gekommen, das Parfum mit der Holznote. Es war nicht die Situation, in der man »Hallo« gesagt hätte oder etwas Derartiges. Ich bin in solchen Fällen erst einmal still. Nicht so De Vries.
    »Wie angenehm«, sagte er, sich halb zu ihr umwendend, das Handy noch am Ohr. »Sie wollen uns begleiten, Mademoiselle?«
    Felicité antwortete nicht. Sie hielt den Rahmen der vorderen Sitzbank umklammert, als brauche sie einen festen Halt. Ihre andere Hand steckte in der blauen Jeansjacke, die sie über ihrem T-Shirt trug. Ich hörte das Klicken, mit dem De Vries sein Handy ausschaltete.
    »Kein Kontakt«, sagte er. »In ein paar Minuten vielleicht.«
    Er wandte sich nach hinten zu uns.
    »Wir machen einen Ausflug, Mademoiselle. Herr Jesper begleitet uns. Ich musste mir Ihr Flugzeug für ein paar Stunden ausleihen, tut mir leid. Morgen früh steht es wieder an seinem Platz.«
    Felicité achtete nicht auf De Vries und auf das, was er sagte. Sie war gespannt wie eine Feder, und sie konzentrierte sich ganz auf Wessing. Ich bin sehr sensitiv für Krisen. Noch ehe ich das Messer in ihrer Hand sah, saß die Angst schon in meinen Eingeweiden, breitete sich in mir aus wie verschüttete Tinte. Als sie es aus ihrer Jacke zog, reflektierte die Klinge für eine Sekunde das schwache Licht vom Armaturenbrett. Felicité drückte das Messer an Wessings Hals. Ich kannte es. Es stammte aus Ze Zés Kollektion, die Klinge war eine gute Spanne lang, und an seiner Schärfe konnte kein Zweifel bestehen. Ich hatte damit schon Ananasschöpfe abgetrennt.
    »Wir fliegen zurück«, zischte Felicité zwischen zusammengebissenen Zähnen. »Und zwar sofort.«
    In ihren Augen standen Funken vom gleichen Licht, wie es auf der polierten Schneide glänzte. Wessing hatte automatisch den Kopf ein Stück nach links gerückt, weg von der Klinge an seinem Hals. Er konnte das Messer zwar nicht sehen, aber ganz bestimmt fühlen. In seiner rechten Gesichtshälfte waren ein paar Falten in Habacht-Stellung gegangen, er sah aus, als wollte er mit steifem Hals eben mal »Hoppla!« sagen.
    De Vries machte eine beschwichtigende Bewegung mit der offenen Hand. Eine sehr langsame Bewegung. Er sagte: »Natürlich, Mademoiselle. Selbstverständlich fliegen wir wieder zurück. Wenn wir Herrn Jesper abgesetzt haben. Höchstens eine Stunde noch, dann bringt Gustav Sie und das Flugzeug wieder in die Lodge. Versprochen.«
    Er hob dazu die Hand mit drei abgespreizten Schwurfingern. Der Luftzug vom Fenster ließ seinen Hemdsärmel flattern.
    »Nehmen Sie mich nicht auf den Arm«, sagte Felicité. Ihre Stimme war so leise, dass man sie in dem Lärm, den das Flugzeug machte, kaum hören konnte. »Sie fliegen auf der Stelle zurück«, fügte sie dann um einiges lauter hinzu. »Ich lasse nicht zu, dass Sie sich aus dem Staub machen. Sie bringen unser Projekt in Schwierigkeiten, und dann verdrücken Sie sich. Das könnte Ihnen so passen.«
    Die Messerklinge, sah ich, drückte eine Delle in Wessings Haut. Noch schnitt sie nicht ein. Wessing sah weiter ruhig geradeaus und ließ seine Hände auf dem Lenkrad liegen, als wäre es die einfachste Sache von der Welt, mit einem Sushimesser am Hals ein Flugzeug durch die Nacht zu fliegen.
    »Niemand macht sich aus dem Staub, Mademoiselle«, sagte De Vries. »Und ich habe mit dem Verschwinden von Alexander Saffkin nichts zu tun, falls Sie darauf anspielen. Im Gegenteil. Für mich entstehen daraus Probleme, und deshalb musste ich rasch handeln.«
    »Sie müssen rasch verschwinden, meinen Sie.«
    »Nein, ich muss den Schaden begrenzen, den er angerichtet hat.«
    Felicité korrigierte ihre Sitzposition, ohne das Messer an Wessings Hals um einen Millimeter zu verschieben, sie wechselte mit der freien Hand von De

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