Gaelen Foley - Amantea - 01
werden heute Abend mit mir speisen, nachdem Sie sich nun wieder erholt haben. Um acht Uhr. Und nach dem Essen ...“ Er warf ihr ein ver- langendes Lächeln zu. „Dann werden wir sehen, ob Sie Ihr Wort halten.“
Fassungslos blickte sie ihn an. „Sie versprachen mir, dass Sie mich nicht zwingen würden.“
„Sie glauben doch sowieso nicht alles, was ich sage. Warum sollten Sie also das glauben?“
Ihr Herz begann heftig zu pochen, als ihr erneut klar wurde, dass sie ihm völlig ausgeliefert war. Sie wusste nicht, ob es besser war, schreiend fortzulaufen oder sich auf der Stelle auszuziehen.
Er lachte. „Das war nur ein Scherz. Schauen Sie doch nicht so entsetzt drein. Kommen Sie. Ich möchte Ihnen etwas zeigen.“ Er trat auf sie zu, nahm sie an die Hand und führte sie durch die Kajüte zu dem Balkon. Auf der Schwelle blieb sie stehen und schaute verängstigt auf die schmale Balustrade.
Hier war deutlich zu sehen, wie sehr das Schiff hin und her schwankte und über die Wellen ritt, so dass man nur den fernen Horizont als feste Linie ausmachen konnte.
„O mein Gott“, murmelte sie, da ihr bereits beim Anblick übel wurde.
„Kommen Sie, und schauen Sie sich das an.“
„Nein danke. Ich ... Ich bleibe lieber hier.“
„Was ist los mit Ihnen?“
„Ich kann nicht.“ Sie schluckte hörbar. „Ich werde hineinfallen.“
„Hineinfallen?“ wiederholte er überrascht. „Ins Was- ser?“
Wieder schluckte sie. „Ich kann nicht bis an den Rand gehen.“
„Signorina Monteverdi. Wenn Sie ins Wasser stürzten, würde ich, ohne zu zögern, hinterherspringen und Sie retten.“
Sie hob den Blick, den sie auf das türkisfarbene Was- ser gerichtet hatte, und sah ihn an. Er lächelte verwegen, und einen Moment schwand ihre Furcht. Seine elegant geschnittene Weste schmiegte sich an seine kräftige Brust und betonte seine schlanke Taille.
„Aber ich habe doch meinen Rettungsengel bereits überfordert“, erwiderte sie überrascht.
„Unsinn. Nur den für einen Tag.“
Als er mit einem teuflischen Zwinkern in den dunklen Augen auf sie zuging, zuckte sie zurück. Wahrscheinlich wollte er sie hochnehmen und über die Reling heben, um sie zu erschrecken. Das war genau seine Art von Spaß. Doch Lazar hielt inne, als er ihr aschfahles Gesicht sah.
Er betrachtete Allegras Miene und ihre Augen. Dann wanderte sein Blick über ihr Haar und schließlich zu ih- ren Lippen, wo er verweilte, bis sie unruhig mit der Zunge darüber fuhr. Sie sah auf einmal das Verlangen in sei- nen Augen und wusste, dass es nicht mehr lange dauern würde.
Für den Moment jedoch wandte er sich entschlossen ab und ging allein zum Balkonrand, stützte die Ellbogen auf der Balustrade ab und schaute auf das Wasser. Der Wind spielte mit seinen weiten weißen Ärmeln und zeigte so die kräftigen Arme, die sich unter dem Leinenstoff verbargen.
„Delfine“, sagte er und wies aufs Meer.
„Wirklich?“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte, sie ebenfalls zu erblicken, denn sie mochte diese fröhlichen Tiere sehr. Doch leider sah sie nichts. Statt- dessen hatte sie eine ausgesprochen angenehme Sicht auf seinen festen Hintern.
Sie zwang sich dazu, nicht darauf zu starren. Auf einmal schien es ihr äußerst unklug zu sein, ihn darum zu bitten, ihr seine Pläne für sie zu erläutern. Wenn sie ihn nun da- rauf ansprechen würde, käme er sicher auf die Idee, ihr sogleich zu zeigen, was er vorhatte. Und sie glaubte nicht, das ertragen zu können.
Die klügste Lösung schien es ihr, sein früheres Angebot der Freundschaft zu akzeptieren und ihn weder dazu zu veranlassen, sie auf schreckliche Weise zu bestrafen, noch sich von ihm verführen zu lassen.
Wenn ich vorsichtig bin, dachte sie, kann ich es schaf- fen, die heikle Gratwanderung zwischen den beiden Ex- tremen zu vollführen, bis ich einen Weg gefunden habe, dieses Schicksal abzuwenden – oder bis er sich mit mir zu langweilen beginnt.
Ja, sie sollte vorsichtig sein.
„Worüber wollten Sie mit mir sprechen?“ fragte Lazar, drehte sich jedoch nicht zu Allegra um.
„Ich wollte weniger mit Ihnen sprechen als vielmehr Ihnen zuhören“, gab sie zurück.
„Wie klug Sie sind, Signorina Monteverdi“, bemerkte er, wobei seine Worte nicht sarkastisch, sondern nachdenklich und sogar ein wenig melancholisch klangen.
„Meine Mutter sagte stets, dass es einen Grund dafür
gäbe, dass Gott uns zwei Ohren und einen Mund gegeben hat.“
„Ach ja, Contessa Cristiana. Eine
Weitere Kostenlose Bücher