Gaelen Foley - Amantea - 01
König Salvatore der Vierte, der den Angriff abwehrte. Diese Schneide köpfte zwanzig rebellische Ritter.“
Verwundert schüttelte der Vikar den Kopf.
„Amantea wurde mehr oder weniger von allen Völkern der Erde überfallen. Die meisten hinterließen Spuren. Ursprünglich jedoch“, fügte Lazar hinzu, „war es eine Strafkolonie des römischen Imperiums, wohin die gefähr- lichsten Verbrecher geschickt wurden, um dort ihr Leben mit der harten Arbeit in den Marmorbrüchen zu fristen.“
Der Vikar lachte. „Deine frühen Vorfahren also.“
„Leider schon.“
Lazar stellte sich in Kampfstellung auf und ließ das Schwert vorsichtig von einer Seite zur anderen schwin- gen, wobei er es so schnell in einem Bogen durch die Luft sausen ließ, dass es zu singen schien.
Das Gefühl, Excelsior in den Händen zu halten, war überwältigend.
Er erinnerte sich daran, dass der Pallasch in König Al- phonsos Hand gewesen war, als man seinen Leichnam ge- funden hatte. Dann schwieg Lazar und senkte das Schwert, bis seine tödliche Spitze den abgetretenen Perserteppich berührte.
Als sie am Pass von D’Orofino ankamen, zog Mutter die kleine schlafende Anna auf ihrem Schoß an sich und lehnte sich in die samtenen Kissen zurück. „Oje!“ sagte sie. „Wie
wild die See tost! Zum Glück sind wir alle in Sicherheit.“ Die Worte waren kaum über ihre Lippen gekommen, als bereits die ersten Schreie zu hören waren.
„Lazar?“ Die Stimme des Vikars drang wie aus weiter Ferne an sein Ohr.
Sie kamen völlig unerwartet mit Gewehren und Mes- sern. Vater, der den Wachen Befehle zurief, stürmte aus der Kutsche, Excelsior gezogen. Einen Moment hatten die maskierten Männer Angst vor ihm.
Lazar erinnerte sich an den Gesichtsausdruck seines Va- ters, seine plötzliche Ruhe. Der König schien vor allen an- deren zu wissen, dass sie tot sein würden. Er wandte den Kopf und sah seinen Sohn in all dem Durcheinander um sie herum durchdringend an.
„Überlebe“, sagte er, „und setze die Tradition der Fiori fort.“
Er gehorchte und floh, so rasch er konnte. Der Erste holte mit dem Messer aus, um König Alphonso zu töten, wäh- rend der Nächste seinen Bruder Pip aus der Kutsche zog und ihm vor seinen Augen die Kehle durchschnitt. Vor eis- kaltem Grauen hatte Lazar wie angewurzelt dagestanden. Dann brüllte sein Vater: „Lauf!“
Das tat er.
Er rannte und rannte. Er hörte die Wachen, die La- kaien und die Hofdamen, die alle wie Tiere hinter ihm abgeschlachtet wurden. Als er das Schreien seiner Mutter vernahm, hielt Lazar inne und wollte zurücklaufen. Doch sie folgten ihm bereits durch das Dickicht, und er floh. In seinem Entsetzen vergaß er ganz, dass er direkt auf die Klippen zulief ...
Als Lazar nun das königliche Schwert, das seit dem Mit- telalter im Besitz seiner Familie gewesen war, in Händen hielt, wurde er auf einmal von einer so seltsamen und un- heimlichen Vorahnung erfüllt, dass er die Waffe auf den blank polierten Esstisch legte.
„Entschuldige mich“, murmelte er, ging in seine Kajüte und trat dort auf den Balkon hinaus. Er stützte sich mit beiden Händen auf der Balustrade ab, senkte den Kopf und schloss die Augen.
Ein Teil von ihm war noch immer der dreizehnjährige Junge, der darauf wartete, aus einem Albtraum zu erwa- chen. Ein Teil von ihm rannte noch immer um sein Leben.
9. KAPITEL
Die Matrosen wurden von Grauen gepackt und fragten: „Was hast du getan?“
Sie wussten, dass Jonah versuchte, Gott zu entrinnen, denn er hatte es ihnen gesagt.
Allegra saß in dem großen Raum und las in der Bibel. Im Licht der hereinscheinenden Nachmittagssonne suchte sie Trost in den alten, geheiligten Worten.
Jonah erwiderte: „Nehmt mich, und werft mich in die See. Dann wird sie wieder ruhig für euch. Denn es ist meine Schuld, dass dieser heftige Sturm euch heimgesucht hat.“
Jahwe hatte einen großen Walfisch geschickt, der Jonah verschlingen sollte. Und Jonah blieb für drei Tage und drei Nächte im Bauch des Wals. Aus dem Bauch des Fi- sches betete er zu Gott. Er sagte: „Du hast mich in den Abgrund geworfen, in das Herz des Meeres. Die Flut um- gab mich. Die Wogen sind über mir zusammengeschlagen. Und ich sagte mir: ,Ich bin von dir verstoßen. Wie soll ich jemals wieder deinen Heiligen Tempel schauen? Die Was- ser umgaben mich bis zum Hals, ich war in den Tiefen gefangen. Schilf schlang sich mir ums Haupt. Ich stieg zu den Ländern unter der Erde hinab, zu den Völkern der Vergangenheit
Weitere Kostenlose Bücher