Gaelen Foley - Amantea - 02
es.“
22. KAPITEL
„Colonel, der Kronprinz ist gerade eingetroffen!“
„Ich komme, Alec“, erwiderte Darius und ging die Treppe hinunter. Er fühlte sich seltsam gefasst und ruhig.
Noch einmal davongekommen, dachte er, als er durch die Eingangshalle schritt und die Tür öffnete. Mein Gott, er hatte beinahe den größten Fehler seines Lebens begangen. Was für ein Fiasko wäre es gewesen, wenn er nach dieser Versöhnung sein Innerstes offenbart hätte!
Er fühlte sich zwar schlecht, dass er Serafina einfach so zurückgelassen hatte, war andererseits aber auch äußerst er- leichtert, dass das Schicksal eine solche Wendung genommen hatte. Als er sie verließ, hatte es nicht wie eine Flucht ausge- sehen, eher wie eine Notwendigkeit. Er schwor sich, niemals mehr so viel von sich preiszugeben.
Draußen riss Prinz Rafael an den Zügeln, um seinen er- hitzten Braunen zum Stehen zu bringen. Darius eilte ihm entgegen.
„Was ist geschehen?“
Der junge Mann sprang vom Pferd und wandte sich an Santiago. „Lassen Sie uns hineingehen!“ drängte er und zog ihn am Ellbogen zur offenen Tür.
Die beiden Männer begaben sich ins Frühstückszimmer. Darius bemerkte, dass Rafaels Hand zitterte, als er die Tür hinter ihnen schloss.
„Was ist los?“
Der junge Prinz drehte sich mit aschfahlem Gesicht um. Er keuchte und sah so aus, als ob ihm gleich übel würde. „Meine Karten. Letzte Nacht – Julia.“
Darius hielt die Luft an.
„Als ich aufwachte, waren die Karten verschwunden. San- tiago, sie ist weg!“ rief er. „Niemand hat sie gesehen, nicht einmal ihre Zofe. Ich glaube, sie ist zu den Franzosen in der Bucht gegangen. Sie hätte nur einen Fischer zu bestechen brauchen, damit er sie hinausrudert. Dann hätte sie ihren
Preis genannt, und die Franzosen hätten ihn mit Freuden gezahlt.“
„Dann müssen sie nicht mehr auf Villeneuve warten. Das ist sicher“, erwiderte Darius nachdenklich. „Hoheit, habt Ihr Euren Vater davon in Kenntnis gesetzt?“
„Nein! Sie wissen, dass er mich umbringen würde, San- tiago. Er meint sowieso schon, dass ich nichts richtig machen kann. Außerdem ist er mit der Verteidigung beschäftigt – die ersten Schüsse sind bereits gefallen.“
„Der König ist selbst am Hafen?“
„Ja, der alte Narr! Die Franzosen haben vor zwei Stunden mit der Kanonade begonnen.“
In Darius’ Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander. Wenn die Franzosen die Karten hatten, waren die Schüsse bestimmt nur ein Ablenkungsmanöver, während ihre Männer in die geheimen Gänge vorstießen.
Rafael wurde noch bleicher, als ihm die Folgen klar wurden. „Der Haupttunnel führt hinter die Schutzmauern. Sie wür- den aus dem Hinterhalt angreifen können ... O Gott, Vater wird in der Falle sitzen.“
„Gehen wir.“ Darius schlug ihm auf die Schulter, doch Rafael sah starr ins Leere.
„Sie werden alle sterben.“
„Nicht, wenn wir zuerst zum Tunneleingang gelangen. Los, beeilen wir uns!“ Er zog den Kronprinzen am Arm und aus dem Zimmer. Im Korridor rief er sogleich Alec, dem er Be- fehle erteilte. Draußen im Freien rief er nach einem Fuhrwerk mit sechs angespannten Pferden. „Macht so schnell, wie ihr könnt!“
Dann lief er zum Waffenlager und öffnete dort die Tore. Er befahl den Soldaten, acht Fässer mit Schießpulver auf- zuladen, die er vor Wochen hatte hierher bringen las- sen.
Rafael riss sich sichtlich zusammen und half den Männern beim Verladen.
Mit klarem Verstand hatte Darius das Gefühl, seit seinem Versagen zum ersten Mal wieder wie früher zu sein. Er ging zum Haus zurück, um sich mit seinen üblichen Waffen aus- zustatten, wobei er hoffte, dass er seinen Fehler nun wieder gutmachen konnte.
Sergeant Tomas trat ihm entgegen, als er die Treppe zum Herrenhaus hinaufeilte.
„Was ist geschehen, Colonel?“
„Formieren Sie Ihre Truppe, und bewaffnen Sie alle gut. Wir reiten sofort los, und es könnte zum Kampf kommen.“
„Zu Befehl, Colonel!“
„Lassen Sie fünf Ihrer besten Männer hier, um meine Gattin zu bewachen. Der Rest kommt mit uns.“
„Zu Befehl!“ Der erfahrene Soldat lief eilig davon.
Darius ging ins Haus und dachte an die Waffen, die er in seinem spartanisch eingerichteten Zimmer verstaut hatte. Als er einen Blick nach oben warf, blieb er unvermittelt stehen.
Serafina stand auf der obersten Treppenstufe, nur in ihren blauen Morgenrock gekleidet, und schaute zu ihm herab.
Er hielt den Atem an und blickte seine Frau an.
Ihre aufrechte Haltung
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