Gaelen Foley - Amantea - 02
dich mir nur hingegeben, weil du mich für einen großen Helden hieltest. Du wolltest einen Drachentöter, nicht wahr?“
Er stemmte die Arme in die Hüften, ließ sie dann aber wie- der fallen. „Ich habe versucht, der Mann, nach dem du dich sehnst, zu sein. Doch ich habe danebengeschossen. Es war schwierig, das Ziel zu treffen. Meiner Princesa war das egal. Ich habe es nicht geschafft, deinem Bild von mir gerecht zu werden.
Ich bin dir gleichgültig, Serafina. Aber das verstehe ich sogar. Wie soll man mich lieben? Ich bin eben so, wie ich bin.“
„Wie bist du?“ fragte sie kaum hörbar.
„Das willst du wissen? Du willst etwas über deinen Rit- ter erfahren, Serafina?“ fragte er voller Bitterkeit. „Wirst du es überhaupt verstehen? Das kann ich mir nicht vor- stellen, meine kleine beschützte Prinzessin.“ Ein brennender Schmerz stieg in ihm auf.
„Sag es mir.“
„Du willst also wissen, wie es ist, wenn eine Mutter ein zweijähriges Kind im Stich lässt? Wie es ist, wenn es ihr ganz gleich ist, was mit ihm geschieht. Wie es ist, wenn das Kind befürchtet, dass sie nie mehr zurückkommt? Willst du auch wissen, wie es ist, wenn dein Vater dir jahrelang keine neue Kleidung gegeben hat, wenn du so schmutzig bist, dass nie- mand mit dir spielt, sondern dir nur Steine hinterherwirft? Wie es ist, wenn dir gesagt wird, dass du keinen Freund verdienst?“
Die Worte trafen ihn selbst wie das scharfe Messer eines Mörders. Er spürte einen bitteren Nachgeschmack. „Und was, glaubst du, empfindet ein Zehnjähriger, der aus dem Haus gejagt wird? Ich kann dir noch mehr erzählen. Hast du schon
genug? Ist es dir bereits zu viel? Ich bin aber noch nicht fertig.
Nein, Prinzessin, jetzt fange ich erst an. Denn nun kom- men all die Straßenkämpfe ums nackte Überleben und um ein paar Bissen, die du hinunterwürgst. Dir wird so übel von den verschimmelten Essensresten, die du verschlungen hast, dass du deinen Stolz vergisst und in ein Armenhaus gehst, um Almosen zu erbetteln.
Aber dort kannst du nicht bleiben, denn einer der Mönche hört nicht auf, dich zu betasten. Schließlich kommst du zu der Schlussfolgerung, dass es nur eines gibt, wofür du gut bist. Verstehst du mich, Serafina? Begreifst du, was ich dir sage?“
Sie schaute zu Boden, während ihr Tränen über die Wan- gen liefen. Seine Worte wirkten wie Schüsse auf sie, die er aus seinem Versteck auf sie abfeuerte.
„Du bist dreizehn Jahre alt und hast bereits genug gese- hen, um damit für drei Leben besudelt zu sein. Du bist hart geworden, und Lügen sind eine Notwendigkeit. Du überlebst nur, weil du so gut lügst. Es ist dir ganz gleich, was du tun musst oder was du sagen sollst. Nichts kann dich treffen. Du brauchst niemand und vertraust keinem, nicht einmal dem Engel, den dir Gott zur Rettung geschickt hat.“
Sie schluchzte und schlug die Hände vors Gesicht.
Darius holte tief Atem. „Ich bin leer, Serafina. Ich bin ein Nichts und kann dir nichts geben.“
Außer ihrem Weinen herrschte eine schreckliche Stille.
„Nun weißt du es. Zufrieden?“
Serafina schaute auf und schluchzte so heftig, als ob ihr das Herz gebrochen wäre. Er sah, dass sie zitterte.
„Ich erwarte nicht, dass du noch hier bist, wenn ich zu- rückkehre“, fügte er bitter hinzu und wandte sich zum Gehen.
Ihr Flüstern war kaum zu hören. „Verlass mich nicht.“
Darius drehte sich um und schaute sie an. Er fühlte sich nackt vor ihrem Blick.
Langsam stieg sie die Treppe hinunter. Dabei wirkte sie so unsicher, dass er glaubte, sie müsste hinfallen. Deshalb ging er ihr entgegen. Sie setzte sich auf eine Stufe und lehnte den Kopf an das Geländer.
Als er sich neben ihr niederließ, befürchtete er zunächst, dass sie Angst vor ihm hatte. Doch als er auf den Boden sah, schlang sie die Arme um ihn, als wollte sie ihn niemals mehr
loslassen. Sie legte den Kopf an seine Schulter und weinte leise.
„Verlass mich jetzt nicht“, flüsterte sie.
Er schloss die Augen. Ihre Arme fühlten sich warm und weich an. Er atmete ihr Parfüm ein und seufzte dann.
„Du bist das einzig Reine in meinem Leben, Serafina“, sagte er. „Alles, was ich jemals wollte, war, eine Mauer um deine kleine Welt zu bauen, so dass du dort sicher und glücklich sein kannst. Ein kleines Paradies – nur für dich.“
Sie löste sich von ihm und schaute ihn verzweifelt und gebrochen an. Auf ihren zitternden Lippen zeigte sich ein leichtes Lächeln, und er wusste, was er zu tun hatte. Er
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