Gaelen Foley - Amantea - 02
machen.
Als sie einige Momente später seine Wunde erneut begut- achtete, stellte sie fest, dass die Amaranttinktur tatsächlich die Blutung gestillt hatte. Der königliche Leibarzt hielt nicht viel von den alten Volksrezepten, aber Serafina hatte miter- lebt, wie sie ihre Wirkung getan hatten. Als sie jetzt jedoch die Nadel aufnahm, wurde ihr mulmig zu Mute.
Serafina redete sich gut zu. Sie konnte es und musste es tun. Am besten war es, den Anweisungen in den Büchern zu folgen und genau das zu machen, was ihr der Medikus ge- zeigt hatte. Sie hatte ihm ein Dutzend Mal hilfreich zur Seite gestanden und einmal sogar selbst genäht, während ihr der
Arzt zugeschaut hatte. Außerdem bin ich ausgezeichnet im Sticken, sprach sie sich selbst Mut zu.
Mit der linken Hand hielt sie die klaffende Wunde sanft zusammen und näherte dann die Nadel Darius’ Haut, wobei sie beim Gedanken, ihm wehzutun, zitterte.
„Bewegen Sie sich nicht mehr“, bat sie ihn. „Es wird nicht allzu schmerzhaft sein.“
Darius seufzte ungeduldig. „Lassen Sie sich nicht aufhal- ten, Serafina. Ich dachte, Sie wüssten, was Sie tun.“
Sie warf einen finsteren Blick auf seinen schwarzen Schopf und stach in seine samtige Haut.
„Au!“ sagte er, als Serafina die Nadel durchgestoßen hatte.
„Aha, Sie haben also doch menschliche Züge.“
„Bitte passen Sie auf, was Sie tun.“
„Undankbarer Kerl“, murmelte sie.
Ihre Hände wurden vor Aufregung ganz feucht, aber sie war dennoch imstande, sie ruhig zu halten, während sie den Riss langsam zusammennähte. Mit voller Konzentration ver- knotete sie schließlich den Faden und schnitt ihn dann stolz mit ihrer Schere ab. Dann nahm sie ein Tuch und wischte das restliche Blut von Darius’ Schulter.
„Das hätten wir geschafft. Wie fühlen Sie sich?“ fragte sie, als sie sich die Hände wusch und danach abtrocknete.
„Besser.“
„Sie scherzen wohl. Versuchen Sie, sich in den nächsten Tagen nicht allzu viel zu bewegen.“
„Zu Befehl, Frau Doktor“, erwiderte er trocken.
„Sie sind unmöglich“, sagte Serafina, trat noch einmal zu ihm und betrachtete ihr Werk.
Ohne darüber nachzudenken, strich sie ihm durch das Haar und beugte sich dann nach unten, um ihm einen Kuss auf die Stirn zu drücken.
„Sie waren sehr mutig“, erklärte sie.
Erst als Darius den Kopf hob und ihr in die Augen sah, fiel ihr auf, dass sie vielleicht wieder einmal im Umgang mit ihm zu dreist gewesen war. Sie errötete und schalt sich innerlich heftig. Inzwischen war sie kein Kind mehr, das im Spiel auf ihm herumklettern konnte, ohne sich etwas dabei zu denken.
Serafina schaute in die Ferne. „Keine Sorge, Santiago“, sagte sie gezwungen locker. „Ich werde mich Ihnen nicht mehr aufdrängen.“ Sie nahm die Schere und begann, ein saube- res Leintuch in Streifen zu schneiden, um Darius damit zu verbinden. „Au!“
„Was ist los?“
„Ich habe meine Hand verletzt, als ich Philippe ins Gesicht schlug“, erwiderte sie.
„Was?“ Darius lachte ungläubig.
„Sie meinen wohl, dass ich scherze. Ich habe ihn mit mei- nem Ring getroffen. Hier, sehen Sie.“ Sie streckte ihm ihre linke Hand hin.
Er nahm sie und begutachtete sie aufmerksam, wobei Serafina den Ausdruck in seinen Augen nicht erkennen konnte.
Die filigrane Goldumrandung, die den Stein einfasste, hatte durch den Schlag gelitten. Der eichelgroße Diamant ihres Ver- lobungsrings war verschoben worden, während der Goldreif derart verbogen worden war, dass er nun in die zarte Haut zwischen ihren Fingern schnitt.
„Ich schlug ihm ins Gesicht. Auf diese Weise bin ich ih- nen entkommen. Im Irrgarten wollte ich mich verstecken. Bei meiner Gouvernante hat es immer geklappt.“
Darius blickte sie verblüfft an. „Ausgezeichnet, Serafina.“
Gewöhnlich riefen Komplimente von Männern bei ihr nur ein Gähnen hervor. Doch dieses schlichte Lob ließ sie vor Freude erröten.
Darius zog sie näher zu sich. „Setzt Euch, Princesa“, bat er. „Ihr hättet Euch zuerst um Euch selbst kümmern sollen.“
Serafina protestierte schwach, gehorchte ihm jedoch, als er mit einem Nicken auf den Polsterhocker wies. Nachdem sie sich dort niedergelassen hatte, nahm Darius die zweite Schüssel mit dem nun lauwarmen Wasser von dem niedrigen Beistelltischchen neben sich.
Er stellte sie auf ihren Schoß und streifte ihr dabei unab- sichtlich mit den Fingern über die Knie. Erschauernd hielt sie die Schüssel mit ihrer unverletzten Hand, während er eine Seife
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