Gaelen Foley - Amantea - 02
Wohltäter, das Königreich und Serafina gleich- zeitig beschützen. Er befand sich in einer Zwickmühle. Nein, noch nicht, denn er besaß noch einen Trumpf, den er wie ein trickreicher Zigeuner aus dem Ärmel schütteln konnte. Er musste nur die Höhle des Löwen aufsuchen.
In Mailand.
Er blieb einen Moment mit finsterer Miene stehen. Nie- mand durfte erraten, was er vorhatte – weder Serafina noch der König. Das würde sie nur in Gefahr bringen.
Am sechsundzwanzigsten Mai, ein paar Tage vor Serafi- nas Hochzeit, sollte Napoleon in Mailand eintreffen, um die Eiserne Krone der Lombardei in Empfang zu nehmen.
Auch Darius würde da sein.
Er war ein fähiger Diplomat und ein guter Spion, doch wenn es um einen Mordanschlag ging, zeigte er erst seine besondere Begabung.
Mit einem einzigen Schuss konnte er die französische Kriegsmaschinerie lahm legen und Serafinas Heirat mit dem Russen sinnlos werden lassen.
Napoleon Bonaparte musste sterben.
Darius machte sich nichts vor. Er würde diese Mission nicht überleben. Andere hatten bereits vor ihm versucht, den Kai- ser zu töten, und waren alle entweder guillotiniert worden oder vor einem Exekutionskommando gelandet.
Doch das bedeutete ihm nicht viel. Die Tat würde ihn un- sterblich machen. Ein ruhmreicher Tod war einem Leben vor- zuziehen, in dem er das Einzige, was er sich ersehnte und was ihn retten würde, nicht bekommen konnte. Der Ausdruck in Serafinas Augen hatte ihm etwas verraten, das er sich nicht einmal auszumalen wagte.
Er würde seine Tat vollbringen. Eine Kugel, und die Welt wäre wieder für alle sicherer.
Eine Kugel, und Serafina würde frei sein.
„Hier bin ich!“ rief sie fröhlich und riss Darius aus seinen düsteren Gedanken.
Er drehte sich zu ihr um und betrachtete sie voller Wehmut, als sie ihm mit einem betörenden Lächeln in einem violetten Kleid entgegentrat.
„Schuhe“, befahl er.
Sie zog einen Schmollmund, schlüpfte aber gehorsam in zierliche Seidenpantoffeln und drehte sich dann spielerisch vor Darius. „Wie sehe ich aus?“
Er unterdrückte ein Lächeln. Wenn Serafina es nicht wert war, für sie zu sterben, dann wusste er nicht, was es war.
„Ganz ansehnlich“, antwortete er.
Er nahm seine Weste und sein Halstuch und begleitete die Prinzessin auf den Gang hinaus.
4. KAPITEL
Darius’ Sporen klirrten mit jedem Schritt auf dem Marmor- boden des Korridors, während Serafinas Röcke raschelten. Er spürte, dass sie ihn beobachtete, und sah sie fragend an.
„Warum schauen Sie immer so ernst drein, Darius?“
Er brummelte etwas Unverständliches und versuchte, die Prinzessin zu ignorieren, aber sie ließ ihn nicht in Ruhe.
„Nun, Santiago, was geschieht als Nächstes mit diesen Spionen?“
Darius warf einen raschen Blick über die Schulter und sagte dann mit leiser Stimme: „Ihr Vater und ich werden ein paar geschulte Männer zu Ihrem Schutz auswählen. Sie, Serafina, werden aus dem Palast gebracht und so lange bewacht, bis ich die übrigen Mitglieder aus Saint-Laurents Gruppe entlarvt habe.“
„Wohin bringt man mich?“ fragte sie.
„An einen sicheren Ort.“
„Wo soll das sein?“
Darius kniff sie zart in die Wange, denn ihre Beunruhigung belustigte ihn. „Es ist ein Landgut, das eine vorzügliche Be- festigung hat. Dort wird Ihnen nichts geschehen. Betrachten Sie es als eine Vergnügungsreise“, schlug er vor.
Sie runzelte die Stirn. „Können mich meine Freunde besuchen?“
„Nein. Leider müssen Sie ohne Ihre Begleitung auskom- men“, erwiderte er mit einem ironischen Unterton. „Es wird auch nicht viele Bedienstete geben. Und keine Tiere.“
Serafina sah ihn zweifelnd an. „Ich glaube nicht, dass es mir dort gefallen wird.“
„Ihnen bleibt keine Wahl.“
„Ich werde mich zu Tode langweilen.“ Plötzlich wandte sie sich lebhaft an ihn. „Werden Sie mitkommen, Darius?“
Er zuckte zusammen. „Nein.“
Sie schaute ihn aus ihren klug blickenden Augen an, die so sehr im Widerspruch zu ihrem leichtfertigen Benehmen als
Liebling des Hofes zu stehen schienen. „Das sollten Sie aber, Darius. Es würde Ihnen gut tun.“
„Ich muss Spione fangen, Hoheit.“ Die förmliche Anrede schien ihn irgendwie zu schützen.
Als sie bei seinem Salon ankamen, wartete Alec bereits im Gang auf ihn.
„Mein Gott, Santiago, was ist Ihnen denn passiert?“ rief Alec, als er das blutbefleckte Hemd sah.
„Ach, das Übliche“, erwiderte Darius lässig.
Er gab Alec Anweisungen, einige Männer der
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