Gaelen Foley - Amantea - 02
schon“, flüsterte er und schaute auf den Weintropfen, der sich an der Spitze der Frucht gesammelt hatte.
Sie fing ihn mit der Zunge auf und leckte dabei langsam die Unterseite der reifen Erdbeere ab.
„Möchtest du nun hineinbeißen?“ fragte er schalkhaft.
Serafina öffnete den Mund.
Er hielt die Beere wieder außer Reichweite. In seinen Augen funkelte Begehrlichkeit auf. „Du darfst sie aber erst haben, wenn ich es erlaube.“
Sie lachte. „Versteht man das unter verbotener Frucht?“
„Du verzehrst dich doch danach, nicht wahr?“ wollte Darius wissen.
Sie nickte, und ihr Herz begann vor Aufregung heftig zu klopfen.
„Serafina“, sagte er. „Ich gebe zu, dass ich ausgesprochen unehrenhafte Gedanken hege.“
Mit einem verführerischen Blick leckte sie sich die Lippen. „Das hätte ich niemals vermutet.“
„Du hast gewonnen“, antwortete er schmunzelnd und bot ihr die Erdbeere dar.
„Wie immer.“ Serafina knabberte wollüstig an der Frucht in Darius’ Hand.
In diesem Moment wurde die Tür geöffnet, und ein Diener trat herein. Entsetzt betrachtete er die Szene, die sich ihm bot.
Die Prinzessin erstarrte und verschluckte sich beinahe an der Erdbeere.
Es herrschte unbehagliches Schweigen.
Dann brach Serafina in hysterisches Lachen aus, während Darius dem zufälligen Zeugen ihrer Tändelei einen drohenden Blick zuwarf.
Der Diener erbleichte und wirkte, als hätte er zufällig eine Löwenhöhle betreten.
„Gehen Sie“, sagte Darius mit eisiger Ruhe.
Der Mann entfloh.
„Jetzt stecken wir in Schwierigkeiten“, sagte Serafina leise, während sie zu ihrem Stuhl zurückkehrte.
Darius lehnte sich zurück und hob gelassen seinen Be- cher, doch seine Miene wirkte hart, als nähme er sich etwas Unangenehmes vor.
Nach dem Essen ging er nach draußen, um eine Zigarre zu rauchen.
Serafina begab sich auf die Suche nach seiner Gitarre. Nachdem sie das Instrument gefunden hatte, nahm sie es aus dem Kasten, brachte es ihm und bat ihn wortlos um ein Stück – wohl wissend, dass er es hasste, für andere zu spielen.
Einen Moment sah er sie zweifelnd an, dann setzte er sich auf die Stufen, drückte seine Zigarre aus, legte sie beiseite und stimmte mit gesenktem Kopf die Saiten.
Serafina betrat den Rasen und schaute zum Halbmond und den Sternen hinauf.
Die Wiesen waren vom Zirpen der Zikaden erfüllt, Glüh- würmchen leuchteten auf und verschwanden wieder. Hier und da flogen Fledermäuse vorbei, und die nächtliche Brise erfrischte die Wangen der Prinzessin.
Sie verspürte ein seltsames Gefühl der Leichtigkeit, als ob sie vor lauter Glückseligkeit zu schweben vermochte. Die ersten weichen Töne erklangen hinter ihrem Rücken.
Aus einer eigenartigen Laune heraus streckte sie nach ei- niger Zeit die Arme seitlich aus und begann sich mit zu- rückgelegtem Kopf zu drehen. Es war eine kindliche Art von Tanz, die Darius dazu veranlasste, immer schneller zu spielen. Schließlich erklang die Melodie eines Schwindel erregenden Flamenco, und Serafina wirbelte wie eine Zigeunerin im Takt
der Musik. Als er zu spielen aufhörte, ließ sie sich lachend ins Gras fallen.
„Welch ein Kobold du doch bist“, sagte er. Er entzündete seine Zigarre und rauchte sie zu Ende, während sie sich von ihrem Taumel erholte.
„Wo hast du das Gitarrespielen erlernt?“ erkundigte sie sich.
„Bei einem alten Mann, der auf dem Hof neben der Burg meines Vaters Stiere züchtete.“
„Wie hieß er?“
„Don Pedro. Er war einst ein großer Matador. Als Junge wollte auch ich ein Stierkämpfer werden“, erklärte er und lachte voller Melancholie.
Serafina rollte sich auf die Seite, stützte den Kopf mit ihrer Hand ab und sah ihn begeistert an. „Wirklich? Warum?“
„Sie sind so eindrucksvoll. Obgleich wütende Stiere auf sie zulaufen, bleiben sie stolz und furchtlos stehen. Welcher Mut, welche Selbstbeherrschung dazu nötig ist!“
Eifrig fragte sie: „Warum bist du kein Matador geworden?“
Darius zuckte die Schultern und schaute mit einem schüch- tern anmutenden Lächeln zur Seite. „Warum soll ich Tiere töten, wenn es so viele böse Menschen auf der Welt gibt? Aber nun sei still. Ich habe noch ein Lied für dich.“
Serafina rollte sich auf den Rücken und schaute zu den Sternen empor, während Darius eine eigenartig traurige Me- lodie anstimmte. Es mochte das Lied eines mittelalterlichen Troubadours sein – die Ballade einer unerfüllten Liebe – oder der Klagegesang eines Mauren. Es klang
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