Gaelen Foley - Knight 02
raubtierhafter Anmut durch die Ein- gangshalle bewegte und den jüngeren Männern ihre Positio- nen zuwies.
Dann bezog er neben der Tür Stellung, mit dem Rücken zur Wand.
O Gott, das alles kann einfach nicht wahr sein, dachte sie. Spione und Verhaftungen in ihrem Zuhause! Erschüttert schloss sie die Tür und gesellte sich zu den anderen. Die Mi- nuten schienen sich endlos auszudehnen. Wo ist Caro, wieso braucht sie so lange, fragte sie sich. In diesem Augenblick schlüpfte Hattersley durch die Hintertür in die Küche.
„Mitchell spannt die Pferde an, Miss. In ein paar Minuten ist alles bereit.“
„Gut.“
Plötzlich betrat Marc die Küche. Er legte den Finger auf die Lippen und bedeutete Alice mit einer Geste, sich hinter den schweren Arbeitstisch zurückzuziehen, den die Männer auf die Seite gekippt hatten, damit sie dahinter in Deckung gehen konnten.
„Brechen wir auf?“ wisperte Alice.
„Zu spät“, erwiderte Marc. „Still jetzt. Er und Ethan Staf- ford fahren gerade vor.“
„Aber Caro ...!“
„Es ist zu spät. Sie ist immer noch oben. Wenn sie dort bleibt, dürfte ihr nichts geschehen.“
„Vielleicht sollte ich öffnen gehen“, meinte Hattersley auf- geregt.
„Die anderen machen schon auf“, erklärte Marc grimmig. Peg begegnete Alices Blick. Die alte Frau hatte sich mit Nellie und der verstörten jungen Spülmagd hinter dem Hackklotz verschanzt. Marc zog die Pistole und stellte sich schützend vor Alice und Harry.
Harry begann zu quengeln, da ihm die angespannte Atmo- sphäre zu schaffen machte. „Wo ist meine Mama?“
„Bringen Sie ihn dazu, dass er still ist“, murmelte Marc. „Spielen wir Verstecken?“ flüsterte Harry.
„Ja, und jetzt sei still. Duck dich, mein Lämmchen.“
Er kicherte und schmiegte den Kopf unter ihr Kinn. Sie fragte sich, ob er wohl hören konnte, wie ihr Herz raste, doch er wurde in ihren Armen ganz ruhig. Sie schloss die Augen und legte schützend die Arme um ihn, wünschte sich dabei, sie könnte Lucien ebenso schützen. Nur zu lebhaft erinnerte sie sich an die Wunde an seiner Seite, die sie am letzten Abend auf Revell Court genäht hatte. Bitte, lieber Gott, be- schütz ihn.
Als sie das laute Klopfen an der Eingangstür vernahm, öff- nete sie die Augen. Und dann hielt sie die Luft an.
16. KAPITEL
Endlich waren sie gekommen.
Kurz zuvor war Claude Bardou aus der Kutsche gesprun- gen, während Stafford die Zügel hielt. Bardou ging zu Caros Haus und fühlte sich sehr stark. Letzte Nacht hatte er sich zum letzen Mal mit der Baronin amüsiert und danach fried- lich geschlummert. Heute wollte er sie zu dem Cottage brin- gen, sie als Köder benutzen, um Lucien Knight aus London wegzulocken. Natürlich hatte sie keine Ahnung. Sie dachte, er entführe sie zu einem romantischen Ausflug, nur sie bei- de.
Dumme Kuh, dachte er. Nachdem er am Morgen von ihr aufgebrochen war, hatte er seine Leute ein letztes Mal aufge- sucht und sich vergewissert, dass das Feldgeschütz einsatz- bereit war, dass das Schießpulver die richtige Mischung auf- wies, dass für den tragbaren Ofen genügend Holz und Koh- len vorhanden waren. Die Brandladung würde in dem lo- dernden Ofen stundenlang aufheizen müssen, damit sie ihre volle zerstörerische Wirkung entfaltete.
Napoleon wäre stolz auf mich gewesen, überlegte er. Bar- dous Planung war peinlich genau gewesen, er hatte sich von den kleingeistigen amerikanischen Geldgebern nicht von seinem Ziel abbringen lassen, und alles lief wie am Schnür- chen. Morgen um diese Zeit wäre er bereits auf einem Schiff Richtung Italien unterwegs, wo er Fouché dabei helfen woll- te, den Kaiser aus der Gefangenschaft auf Elba zu befreien. Als er nach dem Türklopfer griff, war er so guter Stim- mung, dass er ein paar Takte der Marseillaise zu pfeifen be- gann, sich aber rasch eines Besseren besann, bevor er sich verriet. Himmel, wie er sich darauf freute, nicht mehr den öden von Dannecker spielen zu müssen!
Sobald die Tür aufging, war Bardou auf der Hut. Ein an-
derer Butler. Jung. Mit zurückgekämmtem blonden Haar, sauber gebundener Krawatte, gepflegt.
„Guten Tag, Sir. Womit kann ich dienen?“
„Wo ist denn der andere Butler?“ erkundigte er sich vor- sichtig.
„Mr. Hattersley hat heute seinen freien Tag, Sir. Ich bin Talbert, der zweite Butler. Kann ich Ihnen helfen?“
„Ich bin Baron von Dannecker. Ich bin hier, um Lady Glen- wood abzuholen.“
„Ah ja, natürlich, Mylord. Möchten Sie hier drinnen auf Lady
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