Gaelen Foley - Knight 03
ton seine Armee versammelte.
Sie blieben zweieinhalb Monate in Brüssel, untergebracht im gotischen Prunk des Hotel de Ville, wo neben ihnen noch viele andere britische Offiziere abgestiegen waren. Die Leute kamen zu Zehntausenden in großen Schiffen über den Kanal. Die Offiziere fanden in der Stadt Unter- kunft, das einfache Fußvolk kampierte im Umland, eine große Masse zäher Veteranen und frischer Jungen, die ein- mal die Kriegsherrlichkeit schmecken wollten. Und allen
blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten.
Der April verging, die Blumen setzten Knospen an, und die üppige flandrische Landschaft begann zu blühen. Bri- tische Zivilisten, die mit der Armee verbunden waren, und Edelleute aus den Ländern der Koalition kamen in die Stadt geströmt, um an all den Vergnügungen teilzuhaben. Jeden Abend wurden Gesellschaften und Bälle abgehalten, und man tanzte fast nichts anderes als den gewagten Wal- zer. Man erging sich im nächtlichen Park und besuchte die Theater, wobei die Stücke allerdings alle auf Französisch waren, so dass Miranda sich nicht mit ihnen abgab, da sie kaum ein Wort verstand. Damien und Miranda schlugen mindestens ebenso viele Einladungen aus, wie sie annah- men, da sie es vorzogen, jeden freien Moment allein mitei- nander zu verbringen und sich ganz auf sich zu konzentrie- ren.
Obwohl in Brüssel eine leichtherzige Atmosphäre herrschte, war unter der Oberfläche eine dunkle Rastlosig- keit zu spüren; zumindest die Männer wussten, dass sie hier waren, um einen Krieg auszutragen, und dass einige von ihnen nicht nach Hause zurückkehren würden. Da- mien wusste es. Miranda bekam es nicht aus dem Kopf. Dieses Wissen machte die Momente, die sie miteinander verbrachten, nur umso kostbarer.
Fürs Erste waren die Pflichten ihres geliebten Colonels leicht. Während er im Lager südlich der Stadt mit seinen Männern exerzierte, hielt Miranda sich auf Trab, um sich von der nagenden Sorge abzulenken, was geschehen wür- de, wenn Napoleon seine Armee aufgestellt hatte und be- reit zum Kampf war. Mit den anderen Offiziersgattinnen, mit denen sie sich angefreundet hatte, besichtigte sie die Kathedrale und kaufte Brüsseler Spitzen ein, die sie ihren Verwandten in London schickte. Oft bekam sie liebe Brie- fe von Alice, Bel, Lizzie und Jacinda, aus denen sie erfuhr, was zu Hause geschah.
Ende April war Jacinda bei Hofe vorgestellt worden und hatte somit offiziell debütiert. Eingehend und detailreich schwärmte sie von der herrlichen Robe, die sie vor dem Prinzregenten und der Königin getragen hatte, beklagte sich jedoch bitterlich darüber, dass die Wiederaufnahme der Feindseligkeiten ihr die Saison ruiniert habe, nach der
sie sich doch jeden Tag ihrer siebzehn Jahre gesehnt hatte. London, so schrieb sie, sei bar jeder interessanten Gentle- men. Sie konnte nur noch hoffen, dass es nächstes Jahr besser würde. Sie wollte nach Brüssel reisen, wo inzwi- schen „jeder“ war, doch ihre Brüder hatten einmütig ein Veto eingelegt.
Alice schickte ihr Listen mit Mädchen– und Jungenna- men, die sie für ihr Kind in Betracht zogen. Die Geburt wurde für September erwartet. Miranda feierte am elften Mai ihren zwanzigsten Geburtstag. Und immer noch zeich- nete sich keinerlei Hinweis auf eine Schlacht ab. Allmäh- lich wurde die Warterei zermürbend. Sie hatte keine Ah- nung, wie die Truppen im Feld es aushielten. Von Zeit zu Zeit begleitete sie Damien ins Armeelager und gab sich große Mühe, die Männer aufzuheitern.
Ende Mai kam die Nachricht, dass Bel einen gesunden Jungen zur Welt gebracht hatte. Mutter und Kind waren wohlauf, und Hawkscliffe platzte beinahe vor Stolz. Sie nannten ihn Robert William, nach seinem Papa, und das Neugeborene trug den Ehrentitel Earl of Morley.
Während der Mai allmählich in den Juni überging, ver- spürte Miranda eine hartnäckige Übelkeit, die sie auf die Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit zurückführte. Nichts von den üppigen Tafeln der Gastgeberinnen oder den Hotel- mahlzeiten konnte sie locken. Über zwei Wochen ging das so. Ihrem Gatten gegenüber beklagte sie sich nicht, doch schließlich ließ sie eines Tages, als er wieder bei seinen Truppen weilte, den Arzt kommen. Der würdige Doktor enthüllte es ihr dann: Sie war nicht krank, sondern schwanger.
Irgendwie schockierte sie das bis ins Mark, obwohl sie es ja eigentlich nicht hätte verwundern dürfen, bei Damiens unersättlichem Appetit. Sie wartete noch den richtigen Moment ab, um es ihm zu
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