Gaelen Foley - Knight 03
geliebten Crispin übernehmen, stimmt’s?“
Algernon kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusam- men. „Crispin ist mein Sohn, mein Erbe. Soll ich ihn etwa auf Gedeih und Verderb den Geldverleihern ausliefern?“
„Verstehe. Lieber nimmst du Miranda die Mitgift weg – und beraubst sie ihrer ganzen Zukunft –, als dass dein dämlicher Sohn in den Clubs das Gesicht verliert. Nein, Algernon. Du und dein Sohn, ihr könnt beide zur Hölle ge- hen.“
„Jason ...“
„Algernon, es sind ohnehin nur fünftausend Pfund. Das verliert Crispin doch innerhalb von zehn Minuten. Aber für Mirandas Zukunft wäre diese Summe entscheidend.“ „Du Narr.“ Algernon ging zu Jason, ließ sich auf dem Stuhl neben ihm nieder und musterte das abgezehrte Ge- sicht seines Bruders. „Fünftausend Pfund? Stellst du die Flasche nicht mal lang genug mehr weg, um dir deine Kon- ten anzuschauen?“
Unbehaglich rutschte Jason auf dem Stuhl hin und her. „Wie meinst du das?“
„Bevor du in den Krieg gezogen bist, hast du den Groß- teil des Erbes in eine kleine Gießerei gesteckt. Erinnerst du dich?“
„Ja. Na und?“
„Jason.“ Algernon schüttelte den Kopf. „Diese Gießerei hat so viele Rüstungsaufträge bekommen, dass sie ein rich- tiges Imperium geworden ist. Jene fünftausend sind inzwi- schen auf fünfzigtausend angewachsen.“
Jason blieb der Mund offen stehen. Er setzte die Flasche ab und starrte seinen Bruder schockiert an.
Als er die konsternierte Miene seines Bruders sah, gestat- tete Algernon sich ein ironisches Lächeln. Vielleicht wäre der Narr ja jetzt zugänglicher. Langes Schweigen trat ein, unterbrochen nur vom Wind, der durchs Gebälk pfiff, und dem Knistern des Kaminfeuers.
„Fünfzigtausend Pfund?“ rief Jason abrupt aus, als er die Sprache wieder gefunden hatte.
„Ja! Das hast du vollbracht, Jason!“ flüsterte Algernon. „Du hast dir dieses Geld verdient. Erkennst du jetzt, wozu
du fähig bist, wenn dein Hirn nicht vom Alkohol benebelt ist?“
„Hol mich der Teufel, fünfzigtausend Pfund!“ Jason schlug sich auf die Schenkel und begann trunken zu la- chen. Er stand auf und hob fröhlich die Flasche. „Ha, Mi- randa, mein Mädchen! Fünfzigtausend Pfund! Himmel, Mädchen, damit kannst du dir einen Herzog kaufen!“ Er kramte den Armeesack heraus und begann ungeschickt, ein paar Kleidungsstücke hineinzustopfen.
„Was tust du denn da?“
„Ich fahre nach Warwickshire, um das Mädchen von der Schule zu holen, das tue ich! Wenn sie neunzehn ist – ist sie ehrlich schon neunzehn?“ wollte er sich noch einmal ver- gewissern.
Algernon antwortete nicht. „Du gehst nirgendwohin.“
Misstrauisch richtete Jason sich auf. „Wie bitte?“
„Sei nicht albern. Nicht um alle Schätze dieser oder auch der nächsten Welt werden wir einem Niemand ein solches Vermögen überlassen.“
„Sie ist kein Niemand, Algernon. Nicht mehr.“ Jason grinste schief. „Jetzt ist sie Miranda FitzHubert, Erbin. Das solltest du dir merken, damit sie dich nicht schneidet, wenn sie einmal Herzogin ist.“
Algernon erhob sich. Seine Miene hatte sich gefährlich verfinstert. „Jetzt hör mir einmal zu, Bruder. Du wirst mir das Geld geben. Ich habe nicht die Absicht, öffentlich Schande auf mich zu laden, bloß weil du bei unserer illegi- timen Nichte unbedingt den edlen Ritter hervorkehren musst. Überschreib das Konto auf mich. Wenn ich wieder auf die Füße gekommen bin, gebe ich das Geld zurück, wenn du möchtest. Miranda wird nie davon erfahren.“
„Verzieh dich, Algernon. Versuch es bei der Bank.“ Jason hörte abrupt auf zu lachen, als Algernon eine Pistole zück- te und ihm damit zwischen die Augen zielte.
„Mein lieber Bruder, du scheinst den Ernst der Lage zu verkennen. Ich muss das Geld haben, Jason. Und ich wer- de es bekommen. Hol die Unterlagen und überschreib das Konto auf mich. Sofort.“
Ungläubig starrte Jason auf die Pistole und dann auf sei- nen Bruder. „Hast du den Verstand verloren?“
„Wir sind blutsverwandt. Sie bedeutet uns nichts.“
„Du gemeines Schwein“, flüsterte er. „Du würdest das tatsächlich tun, nicht wahr?“
Algernon spannte den Hahn der Pistole. „Tu einfach, was ich dir sage, Jason. Du bist betrunken. Du kannst nicht klar denken. Eigentlich bist du gar nicht in der Lage, den Besitz des Mädchens richtig zu verwalten. Als Oberhaupt der Familie kümmere ich mich ab sofort darum.“
„Du würdest mir wirklich das Gehirn wegpusten, nur um an die
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