Gaelen Foley - Knight 03
dunkel, doch die Spielhöllen, die sich ebenfalls dort befanden, machten gute Geschäfte. Ange- heiterte junge Taugenichtse riefen einander fröhlich Dinge zu, doch was Damien vor allem auffiel, als er über den Platz schlenderte, das waren die vielen Prostituierten. Die meisten verfügten in den Stadthäusern rings um den Platz über Zimmer.
Die Auswahl an Huren war schier atemberaubend, von erschreckend jungen Novizinnen bis hin zu erfahrenen al- ten Veteraninnen. Es gab blonde und braunhaarige, kleine und große, dicke und dünne Frauen, und alle waren sie an- gemalt und schamlos, wie grelle Blüten in einem giftigen Garten. Langsam ging er an ihnen vorbei, betrachtete jede aggressiv, denn allmählich kam er zu dem Schluss, dass er diese verfluchte Enthaltsamkeit keine Sekunde länger aushalten könne. Er war auch nur ein Mann. Und das hier war das Beste, das Einzige, was sein Leiden je hatte lin-
dern können.
Vor einem üppigen Rotschopf blieb er stehen, beinahe wahllos. Er starrte die Frau nur an, hielt seine Verzweif- lung streng unter Kontrolle. Er wartete darauf, dass sie die Führung übernahm, dass sie seine furchtbare, endlose Ein- samkeit verscheuchte.
„Du siehst aus, als könntest du eine Freundin gebrau- chen“, murmelte sie und stieß sich von der Wand ab, an der sie gelehnt hatte. „Willst du mitkommen?“
Fast unmerklich nickte er.
„Hier entlang.“ Sie nahm seine Hand.
Er ließ sich von ihr durch die Dunkelheit führen, bis sie eine Tür unter den Arkadengängen erreicht hatten. Auf der Schwelle zögerte er, warum, wusste er nicht, aber die Frau drehte sich zu ihm um und musterte ihn.
„Du bist ein Hübscher. Aber warum so traurig?“ Sie strich ihm über die Wange, und auf einmal stieß ihn die Vorstellung, mit ihr ins Bett zu steigen, vollkommen ab. Er wandte den Blick ab und senkte die Lider. Dann griff er in die Tasche und gab ihr ein paar Münzen. „Es tut mir Leid. Ich habe es mir anders überlegt.“
„Gefalle ich dir denn nicht?“ fragte sie und nahm die Münzen.
„Doch, doch, du bist sehr hübsch. Nimm einfach das Geld.“
„Dann komm doch mit nach oben, Süßer. Gib mir eine Chance. Ich könnte dir Freuden schenken, die ...“
Doch er war schon im Gehen begriffen, die Zähne fest zusammengebissen, weil er plötzlich erkannt hatte, dass Miranda die einzige Frau war, von der er sich berühren las- sen wollte. Eine Stunde lang streifte er durch die Stadt und versuchte, die Sehnsucht, die er für sie empfand, unter Kontrolle zu bringen. Endlich schien er sich all die Verwir- rung aus dem Leib gelaufen und ein kühles Gleichgewicht wiedererlangt zu haben. Als er die Eingangstreppe von Knight House erklomm, schlug ihm allerdings das Herz bis zum Hals, als er sich fragte, ob sie sich wohl noch im Salon aufhielt.
Ein Lakai ließ ihn ein; Mr. Walsh war bereits zu Bett ge- gangen. Im Haus war alles dunkel und still. Damien legte den Mantel ab, nahm von dem Lakaien eine Kerze entge-
gen und stieg die Treppe hinauf, wobei er sich einredete, er sei nicht enttäuscht, ihr keine gute Nacht gewünscht zu haben. Oben im zweiten Stock wandte er sich in Richtung der Kinderzimmer, blieb aber unvermittelt stehen. Lang- sam drehte er sich um und blickte über die Schulter.
Unwiderstehlich angezogen, schlich er den dunklen Flur hinunter. Natürlich wusste er, welches Zimmer man ihr zu- geteilt hatte. Und nun entdeckte er unter der Tür einen schwachen Lichtschein.
Mit wild klopfendem Herzen streckte er die Hand nach dem Türknauf aus, doch dann hielt er inne. Er durfte sie nicht erschrecken. Leise klopfte er an, drei Mal.
Keine Antwort.
Das verwirrte ihn. Sofort musste er an jenen Abend den- ken, als er an ihre Schlafzimmertür geklopft hatte – da- mals im Gasthof, als sie ihm hatte entwischen wollen. Doch bestimmt würde sie so etwas nicht noch einmal pro- bieren. Ohne nachzudenken, öffnete er die Tür. „Miranda?“ Er hatte die Stimme zu einem Flüstern gesenkt.
Sie schlief tief und fest, die Kerze auf ihrem Nachttisch war fast heruntergebrannt, und quer über der Brust hatte sie ein Benimmbuch liegen. Bei ihrem Anblick krampfte sich sein Herz zusammen. Er trat in den Raum und schloss geräuschlos die Tür hinter sich.
Wach auf. Mit wild klopfendem Herzen ging er zu ihr hi- nüber. Benommen trat er ans Bett und starrte auf sie hi- nunter. Sie trug ein weißes Musselinhemd mit etwas Spit- ze an Ausschnitt und Ärmeln. Bis zur Taille lag sie unter der scharlachrot-goldenen
Weitere Kostenlose Bücher