Gaelen Foley - Knight 04
Frankreich. Er war nur froh, dass sie nicht in Tränen ausgebrochen war.
Und doch – ihr trauriges Gesicht versetzte ihm einen Stich, und bei der Aussicht, dass er sie nie Wiedersehen wür- de, hätte er am liebsten mit der Faust an die Wand geschla- gen, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass ihre Brüder ihn wahrscheinlich kastrierten, wenn sie erfuhren, wie er sie angefasst hatte. Er bereute nicht eine Sekunde lang, was er getan hatte, aber er freute sich auch nicht gerade auf die be- vorstehende Auseinandersetzung. Lucien Knight konnte ei- nen mit seinem scharfen Verstand förmlich sezieren, und sein Bruder Damien, der Kriegsheld, war schlicht Furcht einflößend. Blade hatte gehört, dass es noch mehr Brüder gab, aber die hatte er nie kennen gelernt, und unter den ge- gebenen Umständen legte er auch keinen großen Wert da- rauf.
Blade warf Jacinda einen Blick zu und erhaschte für einen kurzen Moment im Mondlicht ihr Profil, ehe sie wieder in die Häuserschluchten eintauchten und tiefe Dunkelheit in der Droschke herrschte. Das einzige Geräusch in der lasten- den Stille war das Klappern der Pferdehufe und das Knir- schen der Räder auf den Steinen. Langsam ging die Stim- mung Blade auf die Nerven.
„Eines Tages wirst du mir dafür dankbar sein“, fühlte er sich bemüßigt, Jacinda mitzuteilen.
„Es wird nichts nützen. Ich renne auf der Stelle wieder weg.“
„Gut, dass du mich daran erinnerst. Ich muss Lucien da- vor warnen.“
Jacinda schaute ihn an, und kurz erkannte er ihr Gesicht im Schein einer Laterne. „Du hast kein Recht, mir das an- zutun. Warum zwingst du mir deinen Willen auf?“
„Weil ich Recht habe und du Unrecht. Ich tue das nur für dich.“
„Ah, ihr Männer“, gab sie bitter zurück. „Ihr zermahlt die Frauen wie ein großer Mühlstein. Das werde ich dir niemals verzeihen.“
„Nun, Liebes, das spielt wohl kaum eine Rolle.“ Trübe zündete Blade sich ein Zigarillo an, um sein schlechtes Ge- wissen zu betäuben. „Wir bewegen uns nicht gerade in den- selben Kreisen.“
„Kaum.“ Jacinda schwieg. „Das war’s dann also. Es ist vorbei. Jetzt werde ich Lord Griffith heiraten müssen.“
„Ist er denn so schlimm?“
Sie warf ihm einen Blick zu, der seinem Gewissen einen Stich versetzte.
„Wenn du ihn nicht willst, musst du es deiner Familie sa- gen“, erklärte er heftig.
„Das verstehst du nicht. Robert hört gar nicht zu ...“
„Dann bring ihn dazu, dass er zuhört! Tritt für dich selbst ein, Mädchen!“
„Du weißt nicht besonders viel über Herzöge, nicht wahr?“
Blade musste über ihren Ton lächeln. „Nein, aber ich weiß, dass deine Brüder alles für dich tun würden und dass du nicht einfach vor deinen Problemen wegrennen kannst.“
„Das hast du doch auch gemacht.“
„Bei mir war das etwas anderes.“
„Weil du ein Mann bist?“
„Weil ich keine Wahl hatte. Wenn ich geblieben wäre, hät- te mein Vater mich irgendwann umgebracht.“
Jacinda starrte ihn in der Dunkelheit eine Weile an, dann schaute sie weg. Das Schweigen zwischen ihnen dehnte sich aus, bis Blade seinen Entschluss langsam bereute. Verlegen rutschte er auf seinem Platz hin und her und schlug die Bei- ne übereinander. Seine Seite schmerzte.
„Was ist mit meinen Sachen?“ fragte Jacinda schließlich. „Du weißt doch, ohne die netten Nichtigkeiten und den hübschen Kram kann eine Frau nicht glücklich sein. Meine Reisetruhen sind noch in der Postkutschenstation.“
„Darum kann sich dein Bruder kümmern.“
„Woher kennst du Lucien überhaupt?“
„Das spielt keine Rolle.“
„Aber das tut es sehr wohl. Wahrscheinlich ist es für mein kleines, weibliches Gehirn zu viel, wenn es die Wahrheit hö- ren soll. Wie gut ihr Männer doch seid, dass ihr mich immer beschützt. Zum Glück kann ich mir selbst einen Reim da- rauf machen. Lucien bezahlt dich, damit du ihn über die Vorgänge in der Unterwelt auf dem Laufenden hältst, nicht wahr?“
Es war so dunkel, dass Blade nur das Funkeln ihrer Augen sehen konnte, ehe sie sich abwandte und wieder aus dem Fenster schaute. „Ich glaube, dass du für ein bisschen Silber alles tun würdest. Was meinst du, wie viel bekommst du da- für, dass du mein Leben ruiniert hast?“
Blade, der sich schon unbehaglich fühlte, weil er ihr von seinem gewalttätigen Vater erzählt hatte, betrachtete sie trotzig. „Ich ruiniere dein Leben nicht, du Dummkopf. Ich ziehe gerade deinen Kopf aus der Schlinge.“
„Das tust du
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