Gaelen Foley - Knight 04
nicht da war. Vielleicht hatte sie Recht gehabt, als sie meinte, ihre Nachricht sei noch gar nicht gefunden worden.
„Was ist los?“ Luciens silbrige Augen glitzerten im Mond- licht.
„Ich habe etwas aus Ihrer Familie gefunden. Ich dachte, Sie wollen es vielleicht zurückhaben.“
Lucien musterte ihn neugierig. Blade nickte in Richtung der Kutsche und erzählte ihm dann alles – oder fast alles. Er hatte nicht den Wunsch zu sterben.
„Du lieber Himmel! Ist sie verletzt?“
„Nur ihr Stolz“, murmelte Blade, aber Lucien ging bereits zur Kutsche.
„Jas?“ Er öffnete den Schlag, während Blade Lucien lang- sam folgte. „Süße, bist du in Ordnung?“
„Ja, mir geht es hervorragend“, erwiderte Jacinda gelang- weilt.
Beruhigt überließ Lucien sich seinem Ärger. „Verdammt, Mädchen, bist du verrückt geworden? Sofort ins Haus mit dir! Du wirst mir einiges erklären müssen!“
Indigniert erschien die junge Schönheit in der Kutschen- tür, drückte Lucien ihre Tasche in die Hand und sprang dann mit trotzigem Gesicht auf den Bürgersteig.
„Und keine Wutanfälle“, warnte ihr Bruder sie. „Wenn du den Säugling aufweckst, drehe ich dir den Hals um.“
Wortlos nahm Jacinda ihm ihre Tasche ab, wandte sich zu Blade um und bedachte ihn mit einem langen Blick voll bit- terer Anklage. Sie brauchte nichts zu sagen, um ihren Wi- derwillen auszudrücken, ihr Kopfschütteln verriet alles. Ohne einen weiteren Blick schob sie sich ihre Tasche auf die Schulter, marschierte die Treppe hoch und verschwand im Haus.
„So ein Teufelsbraten!“ schimpfte Lucien, sobald die Tür hinter ihr zufiel, aber Blade hatte das Gefühl, ein Verräter zu sein. „Ich habe schon geahnt, dass sie so etwas vorhat, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie es wirklich tun würde. Ich weiß nicht mehr, was wir mit Jacinda machen sollen. Je eher sie verheiratet ist, desto besser – es ist ihre zweite Sai- son.“
Blade zögerte, denn das ging ihn nichts an; es interessier- te ihn auch gar nicht, aber er musste etwas äußern, das ihr vielleicht half. „Wer immer es ist, den sie heiraten soll“, platzte er heraus, „sie hasst die Vorstellung.“
„Hat sie Ihnen das mitgeteilt?“
Blade nickte. „Wer ist der Mann, und was stimmt nicht mit ihm?“
„Nicht stimmen? Mit ihm stimmt alles! Er ist der Marquis of Griffith – einer der begehrtesten Junggesellen auf dem Heiratsmarkt. Wir sind zusammen aufgewachsen, und Ja- cinda kennt ihn ihr ganzes Leben lang. Seine Frau ist vor zwei Jahren bei der Geburt ihres Kindes gestorben, und wir alle denken, dass es an der Zeit ist, dass er wieder ein biss- chen Spaß hat. Sie werden einander gut tun.“
Verwirrt schaute Blade ihn an. „Dann ist er kein Greis?“
Lucien lachte. „Hat sie Ihnen das erzählt?“
Blade erinnerte sich an ihr Gespräch und schüttelte dann den Kopf. „Das hat sie mich glauben lassen.“
Lucien lächelte schwach. „Sie ist ein raffiniertes kleines Biest.“ Dann seufzte er. „Wer weiß schon, was im Kopf einer Frau vorgeht? Sie ist genauso verrückt wie ihre Mutter.“
Blade wandte unsicher den Kopf ab und fragte sich auf einmal, ob es doch falsch gewesen war, Jacinda zurückzu- bringen. Sie hatte sich ihm anvertraut, und er hatte verspro- chen, ihr zuzuhören. Aber hatte er das wirklich getan?
Lucien seufzte und streckte ihm die Hand hin. „Danke, dass Sie sie unversehrt zurückgebracht haben.“ Sein Hän- dedruck war fest. „Wer weiß, was ihr da draußen alles hät- te zustoßen können. Ich schulde Ihnen einen Gefallen. Wenn es irgendetwas gibt, das ich tun kann, brauchen Sie es nur zu sagen.“
„O bitte, nicht der Rede wert“, wehrte Blade ab und dach- te unbehaglich an Jacindas Sticheleien, dass er sicher eine Belohnung bekommen würde. Er wandte sich zum Gehen, hielt dann aber inne, auch wenn er sich selbst dafür verach- tete.
„Lucien?“
Der Mann drehte sich an der Tür um. „Ja?“
Blade machte sich auf alles gefasst. „Ich habe sie ge- küsst.“
Luciens Augen wurden schmal. „Wie bitte?“
„Ich hatte keine Ahnung, dass sie Ihre Schwester ist! Sie hat sich geweigert, mir ihren Namen zu nennen, und als ich es wusste, war es schon passiert.“
Der ehemalige Geheimagent warf ihm einen grimmigen Blick zu. „Warum erzählen Sie mir das?“
„Weil Sie es ohnehin erfahren würden. Und ... weil Sie wissen sollen, dass es meine Schuld war. Es ging von mir aus.“
Blade wappnete sich gegen einen Schlag, eine Drohung, ja
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