Gaelen Foley - Knight 04
Dadurch fanden sich die vier Angreifer nun plötzlich in der Minderzahl. Jacinda hörte ihre schweren Atemzüge und erschrockenen Flüche, als die anderen sie umzingelten.
Ohne Vorwarnung gellte plötzlich ein entsetzlicher Schrei durch die Dunkelheit. Als Jacinda den Kopf hochriss, sprang ein gewaltiger Schatten graziös wie eine Raubkatze dicht neben ihr hinter einem Steinhaufen hervor. Ganz kurz nur erhaschte sie einen Blick auf funkelnde grüne Augen. „O’Dell!“
Jacinda starrte den Neuankömmling an. Die Kampfes- handlung auf der Straße war zum Stillstand gekommen, und die anderen Männer stießen wilde Flüche aus. Das Mondlicht schien auf die goldbraune Mähne des Mannes, umfloss wie flüssiges Silber seine breiten Schultern und brachte den Dolch, den er umklammert hielt, zum Blitzen, als wäre er ein Lichtstrahl vom Himmel.
Der drahtige braunhaarige Mann, der offenbar auf den Namen O’Dell hörte, fluchte und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Immer noch nicht tot, du Hurensohn?“
Der andere trat drohend einen Schritt aus dem Schatten, und ein zynisches Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Ja- cindas Augen weiteten sich vor Staunen.
Kaum zu glauben, aber das war kein anderer als Byrons Korsar, der da leibhaftig und zu allem bereit zum Leben er- wacht war! Das Mondlicht überzog seinen ganz in Schwarz gekleideten Körper und das harte, wie gemeißelt wirkende
Gesicht mit Streifen, die an Kriegsbemalung erinnerten. Ein kurzer schwarzer Mantel gab ein schneeweißes Leinenhemd frei, das bis zur Hälfte der Brust aufgeknöpft war. Schwar- ze Hosen schmiegten sich eng an feste Hüften und muskulö- se, lange Beine. Als der Mann die Faust ballte, sah Jacinda goldene Ringe daran aufblitzen.
Sie starrte ihn an und konnte kaum atmen. Sie wusste auf den ersten Blick, dass er der Herrscher in diesem Dschungel aus Müll und Backsteinen war.
In dem Moment griff der Anführer der Bande an. Hart hallte das Geräusch seines Absatzes wider, als er über das Plakat sprang und es dabei mit seinem Gewicht fast zer- brach, ehe er über den Abfall setzte und inmitten der Kämp- fer landete. Mit einem Hieb ans Kinn, der durch das Metall der Ringe noch verstärkt wurde, streckte er O’Dell nieder, der zu Boden ging, als wäre er von einer Kanonenkugel ge- troffen worden.
Dann brach die Hölle los.
Mit morbider Faszination beobachtete Jacinda durch den Spalt zwischen Spule und Plakat, wie der Anführer eine Verheerung unter seinen Gegnern anrichtete. Kaum war der erste Schlag gefallen, erwachte der Kampf der Männer zu neuem Leben. Zwar waren die Männer immer noch in der Minderheit, aber die Ankunft ihres Anführers hatte die Chancen der Gruppe entschieden verbessert. Hin und her wogte der Kampf.
„Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du dich aus mei- nem Revier raushalten sollst, sonst bringe ich dich um“, knurrte der Anführer und warf einen seiner Widersacher zu Boden, ehe er ihm in den Bauch trat. Dann beugte er sich über ihn, um seine Drohung wahr zu machen, wie Jacinda befürchtete.
Sie wurde blass.
Geräusche von Schlägen, Flüchen und gutturalem männ- lichen Grunzen waren zu hören, dann tauchte der Anführer erneut im Mondlicht auf und wich geschickt einem Schlag aus, den O’Dell mit einer gespickten Holzkeule gegen den schlanken Gegner geführt hatte. Jacinda sog den Atem ein. Das improvisierte Ding war eine schreckliche Waffe. Aus ro- hem Holz und mit Nägeln gespickt, war es dazu gedacht, das Fleisch eines Gegners in Fetzen zu reißen, aber das ange-
peilte Opfer schaffte es immer wieder um Haaresbreite, mit fast tänzerischer Anmut den Schlägen auszuweichen, die wieder und wieder mit tödlicher Absicht durch die Luft sausten. Dann sprang O’Dell mit drohend gehobener Keule auf den Anführer zu.
Jacinda drückte sich hinter das Fass, als die Kämpfer nä- her kamen. Sie standen jetzt so nahe bei ihr, dass sie förm- lich die Hitze ihrer Körper spüren konnte. Tief duckte sie sich in ihr Versteck, aber als O’Dell erneut mit einem Auf- brüllen zuschlug, warf sich der Anführer zur Seite. Die grausame Keule fuhr durch die Luft, krachte nur wenige Zentimeter von ihrem Kopf entfernt in das Fass und ließ ei- nen Regen aus Splittern und Staub über sie niedergehen. Jacinda wusste nicht, wie sie es geschafft hatte, bei all dem Dreck nicht zu husten und zu würgen. Es war ein Glück, dass das Plakat stehen geblieben war und sie ver- barg, aber schon im nächsten Moment erklang ein
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